Seelenstripstease und Zeitvergeudung? Teil 1

Seit Ende August 2009 bin ich bei twitter.com angemeldet. Damals war mir nicht ganz klar, was Twitter eigentlich soll. Wenn ich jetzt noch ‚zwitschere’, deutet das vielleicht daraufhin, dass ich Gefallen an Twitter gefunden habe.

Web 2.0 ... & Soziales netzwerk

Das stimmt bei mir nur zum Teil: Ich bin kein ausgesprochener Twitterer wie manche, die geradezu von morgens bis abends die Timeline ihres Twitter-Accounts offen haben müssen. Und oft genug frage ich mich, ob es nicht doch arge Zeitverschwendung ist, die Tweets (Beiträge) anderer, denen man folgt, zu lesen oder nach neuen interessanten Mittwitterern zu fahnden usw. Aber dann macht es doch wieder Spaß, Geistreiches oder Sinnloses zu texten, um seine Followern (die Leser, die meine Beiträge abonniert haben) bei Laune zu halten. Sicherlich kann man über Twitter auch schnell Infos austauschen. Und da ich über ein Widget meine aktuellsten Twitterbeiträge auch in diesem Weblog einbinden kann, bekommt dieses Weblog zusätzliche Dynamik. Ein positiver Nebeneffekt ist natürlich auch, dass sich der eine oder andere Follower auch auf mein Weblog verirrt. Und man kann seinen zwitschernden Vogel auch füttert, ohne selbst in die Tastatur hauen zu müssen (RSS-to-Twitter-Dienste), aber mit der Zeit wird man damit spärlicher, schließlich soll der eigene Twitter-Account kein Nachrichtendienst für andere sein.

Man kann von sozialen Netzwerken halten, was man will. Nimmt man daran teil, dann sollte man sich selbst gewisse Spielregeln auferlegen und sich auch möglicher Konsequenzen zuvor klar werden. Ich will hier keinen Verhaltenscodex aufstellen, aber einer Sache sollte man sich von Anfang an bewusst sein: Das, was ich im Netz veröffentliche, kann jeder Mensch lesen. Wenn ich also über andere Leute herziehe, muss ich davon ausgehen, das diese das vielleicht auch lesen. Wenn ich über die Arbeit schimpfe … dann kann das mein Chef auch gewahr werden. Ich selbst bin dank meines Alters darüber vielleicht schon erhaben, trotzdem bemühe ich mich um einen gewissen Anstand.

Twitter, Facebook, MySpace, YouTube – und wie sie alle heißen; diese Portale und Dienste beinhalten ohne Zweifel eines: die Möglichkeit, sich über Grenzen (sowohl geografische wie soziologische, religiöse usw.) auszutauschen. Man ‚trifft’ Leute, die man sonst wohl nie treffen würde. Man trifft auch Leute, mit denen man sicherlich nicht in Kontakt käme, würde man ihnen nur auf der Straße begegnen. Mögliche erste Hemmschwellen sind also gar nicht vorhanden. Das kann in letzter Konsequenz beim Benutzer des sozialen Netzes zu einem veränderten Sozialverhalten auch in der Realität führen.

Eine soziale Studie soll das hier nun auch nicht werden, nur so viel: Nicht jeder Nutzer sozialer Netzwerke ist an Kommunikation interessiert. Viele treibt ein durch Medienhype gewecktes Interesse zu Twitter, Facebook und Co. Schnell verlieren diese die Lust und verbleiben höchstens als Dateileiche (besonders bei Twitter ist das der Fall). Die anderen, die bleiben, erkennen schnell die Möglichkeiten, die der Austausch mit anderen Menschen bietet – und nutzen ihn je nach Temperament und Interesse (Die Nutzer aus Marketinggründen möchte ich hier einmal außen vor lassen).

Zunächst steht man ziemlich allein da, wenn man sich bei einem sozialen Netz angemeldet hat. Wesentlich erstes Ziel ist deshalb, mit anderen in Verbindung zu treten. Es werden Freunde oder bei Twitter Follower gesucht. So werde ich erst einmal mein Profil und dann eigene Beiträge einstellen, um überhaupt eine Basis zu haben. Von nichts kommt bekanntlich nichts: Ich muss mich auf die Suche machen und werde andere Nutzer suchen, die gleiche oder ähnliche Interessen haben wie ich. Lokalpatriotismus spielt bei dieser Suche übrigens auch eine große Rolle (Suche nach Benutzern aus dem lokalen Umfeld). Je nach eigenem Aufwand (der ist aber von Nöten) werde ich nach und nach mit anderen in Verbindung treten. Das Prinzip ist bei allen (fast) immer das Gleiche.

Das Weitere hängt davon ab, wie diese Verbindungsaufnahme mit anderen klappt. Viele geben schnell auf, wenn sie nicht genügend Freunde/Follower bekommen. Bei Twitter kann man da zwar einwenig mit Tools zu Followersteigerung nachhelfen, aber das kann allemal kurzfristig befriedigen (viele Follower heißt dann auch viele Verfolgte/Following: Wann will man die ganzen Beiträge lesen? – siehe hierzu einen interessanten Beitrag bei seo-monster.de). Nein, es müssen schon echte Freunde/Follower sein, sonst kommuniziert man mit dem Nirwana.

Irgendwann kommt dann der Punkt, an dem man sich fragt, was soll das Ganze, was mache ich hier. Selbst ein sich zuvor eingestellter Suchtfaktor nimmt dann schnell ab. Findet man nicht die ‚richtigen’ Freunde/Follower, dann wirft man das Handtuch: Alles Weitere ist verplemperte Zeit, die man andernorts „wesentlich sinnvoller“ nutzen könnte. Oder: „Man wächst aus diesen Dingen heraus…Unnötiger Seelenstriptease“, lautet eine andere Begründung (siehe hierzu bei zdf.de).

Einigen gelingt es, ihren Account zu löschen und der Welt der sozialen Netze den Rücken zu kehren. Aber andere, so vermute ich, werden so schnell nicht loskommen. Es hat schon etwas von einer Sucht, die man sich dann schönredet, und hat man erst einmal ein eigenes kleines ‚Netzwerk’ aufgebaut, wird es schwer, sich daraus zu verabschieden.

(Fortsetzung folgt)

Über WilliZ

Wurde geboren (in Berlin-Schöneberg), lebt (nach einem Abstecher nach Pforzheim, längere Zeit in Bremen und Hamburg) in dem Örtchen Tostedt am Rande der Lüneburger Heide - und interessiert sich für Literatur, Musik, Film und Fotografie (sowohl passiv wie aktiv) ... Ach, und gern verreise ich auch!

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