Gypsy Jazz: Django Reinhardt

Komme ich noch einmal auf den Flamenco zu sprechen, der in meinem Betrag Granada und der Flamenco: Paco de Lucia mehr oder weniger im Mittelpunkt stand. Vielleicht etwas verallgemeinert gilt der Flamenco als „Zigeuner“-Musik, obwohl viele Einflüsse die Grundlage dieser Musik bilden. Der Begriff „Zigeuner“ ist natürlich durch die Nationalsozialisten negativ besetzt. Bei uns haben sich die Eigenbezeichnungen durchgesetzt: Sinti und Roma. Dabei bezieht sich die Bezeichnung auf die Dauer des Aufenthaltes in Deutschland. Sinti sind alteingesessene Zigeuner und Roma Neueinwanderer aus Osteuropa. Ähnliche Bezeichnungen gibt es auch in den anderen Ländern West- und Mitteleuropas. In Frankreich setzte sich die Einteilung in Rom, Gitanos und Manouches durch, die Bezeichnungen richten sich nach der Herkunft der Stämme. Mit Rom sind jene Personengruppen gemeint, die aus Südosteuropa nach Frankreich gekommen sind. Gitanos kamen aus Spanien und Manouches aus Mitteleuropa. Paco de Lucia ist übrigens auch ein Zigeuner, ein Gitano.

Quelle: Stefan Quast – Musik der Zigeuner/Manouche in Frankreich

Ich erinnere mich daran, wenn z.B. im deutschen Fernsehen Flamenco gezeigt wurde, dann oft im Zusammenhang mit dem Gitarristen Manitas de Plata (« Silberhändchen »), der eigentlich Jose Ricardo Balliardo heißt und zu den Camarque-Gitans gehört, die im Süden Frankreichs sesshaft geworden sind. Unter den Puristen des Flamenco erfreut sich Manitas de Plata keiner besonderen Beliebtheit, da ihnen sein Spiel zu virtuos und zu wenig tief gehend, oft dem Massengeschmack angepasst und mithin kommerzialisiert ausgerichtet ist. Trotzdem möchte ich ihn nicht links liegen lassen, immerhin bin ich durch ihn auf den Flamenco schon in frühen Jahren aufmerksam geworden. Hier ein Video mit Manitas de Plata:


Manitas de Plata – Por el Camino de Ronda

Komme ich (endlich) auf das eigentliche Thema dieses Beitrags zu sprechen, dem Gypsy Jazz. Der englische Begriff Gypsy für Zigeuner ist sicherlich genauso wenig politisch korrekt, aber wenigstens nicht so vorbelastet. Richtig wäre nach den genannten Definitionen Sinti-Jazz, aber der Begriff Gypsy Jazz hat sich besonders im angelsächsischen Bereich durchgesetzt.

Der Ursprung des Gypsy Jazz geht auf Jean „Django“ Reinhardt zurück. Übrigens wurde Juliam Bream, von dem in meinem Beitrag Auf der Suche nach Bach die Rede war, durch die Musik Django Reinhardts angeregt, schon früh selbst zur Gitarre zu greifen. Breams Vater war Jazzgitarrist. Außerdem gilt Reinhardt als einer der Begründer des europäischen Jazz.

Django Reinhardt war Gitarrist, wie man sich denken kann, und Manouche, also Zigeuner mit deutschen Wurzeln. Den Jazz entdeckte Reinhardt ca. 1931. Er traf den Geiger Stéphane Grappelli und gründete mit diesem das Quintett Hot Club de France, das erste französische Jazzensemble, das nur Saiteninstrumente verwendet (eine Geige, drei Gitarren, eine Solo- und zwei Rhythmusgitarren, und einen Bass).

Django Reinhardt

Gehen wir aber einige Jahre zurück: Mit achtzehn verletzte Reinhardt seine linke Hand beim Brand seines Wohnwagens schwer. Um die Verkrüppelung des Ring- und kleinen Fingers wettzumachen, setzte er fortan auch den Daumen ein. Seine Soli bestritt er ausschließlich mit Zeige- und Mittelfinger. Und genau die Verletzung prägte den Sound von Reinhardt, denn sie ermöglichte beim Melodiespiel eine sicherere, präzisere und kraftvollere Spielweise. Den Erinnerungen Stéphane Grappellis nach spielte Django Reinhardt mit solcher Kraft, dass seine neuen Gitarren nach einem halben Jahr Löcher im Griffbrett aufwiesen.

Nun Django Reinhardt galt als unsteter Mensch. Der Mann mit dem Menjou-Bärtchen entwickelte Starallüren, die ihn oftmals in Schwierigkeiten brachten. Aber Reinhardt war eben Reinhardt, zwar Illiterat und Analphabet, der die ihm später beigebrachren Buchstaben nur deshalb aufs Papier bekam, weil er sie betrachtete mit den künstlerisch begabten Augen des sich an Form und Gestalt ergötzenden Malers, der er auch war. Er war in seiner Zeit schillemd, und eben ungeheuer individualistisch, und eine eigene Art von musikalischem Genie. Aber genug der Worte. Leider ist nur wenig Material in laufenden Bildern von Reinhardt im Internet auf die Schnelle zu finden. So sollen diese zwei folgenden genügen.


Django Reinhardt – Minor Swing (mit Bildern)


Django Reinhardt – Great Guitarist

Über WilliZ

Wurde geboren (in Berlin-Schöneberg), lebt (nach einem Abstecher nach Pforzheim, längere Zeit in Bremen und Hamburg) in dem Örtchen Tostedt am Rande der Lüneburger Heide - und interessiert sich für Literatur, Musik, Film und Fotografie (sowohl passiv wie aktiv) ... Ach, und gern verreise ich auch!

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