Bildungsnotstand in Deutschland?

Nicht erst mit den Pisa-Studien wissen wir, dass es in Deutschland nicht allzu rosig mit der Bildung bestellt ist. Ich kenne es bereits aus den 70-er und 80-er Jahren des letzten Jahrhunderts, als man die Bildungssysteme in den skandinavischen Ländern pries und auf Fehlentwicklungen bei uns aufmerksam machte. In den vielen Jahren hat sich nicht viel getan. Und durch die ‚angespannte Haushaltslage‘, wie es die Politiker nennen, ist trotz des Denkzettels aus Pisa Besserung nicht in Sicht.

Apropos Haushaltslage: Höchste deutsche Gerichtbarkeit hat bekanntlich grünes Licht für die Erhebung von Studiengebühren gegeben. Das werden sich die Länder nicht zweimal sagen lassen und kräftig zuschlagen. 500 € pro Semester sind im Gespräch. Wenn denn die eingenommenen Gelder zurück in die Bildung flössen, wäre das noch okay. Aber wie so oft ist zu fürchten, dass klaffende Haushaltslöcher mit diesen Einnahmen gestopft werden und das mit dem perfiden Hinweis, man müsste ansonsten weitere Mittel für die Bildung streichen.

Bestimmte Kreise wollen eine Elite heranzüchten. Dank der Studiengebühren käme man diesem Ziel sehr nahe, da man so bestimmte Gesellschaftsschichten ausgrenzen könnte. Gut, sollen Eliteschulen entstehen – und sollen diese auch etwas kosten. Aber wir brauchen nicht allein die großen Denkfabriken. Die deutsche Wirtschaft benötigt geschultes Fachpersonal. Und ohne entsprechende Ausbildung, schulische und berufliche, wird das alles nichts werden.

Es ist der Begriff von einer Gesellschaft der Hochgebildeten gefallen (Matthias Horx, Zukunftsforscher). Wenn das nicht elitär heißen soll, sondern den gesellschaftlichen Versuch beschreibt, die Talente jedes einzelnen aufzudecken und für uns alle nutzbar zu machen, dann wäre das ein wünschenswertes Ziel. Und wo lassen sich solche ‚Ressourcen‘ besser erkennen, wenn nicht bereits im frühen Alter eines Menschen. Die Förderung individueller Begabungen kann aber nur mit einer fundierten Allgemeinbildung einhergehen. Nur wer ein breites Gesamtwissen besitzt, ist in der Lage komplexe Zusammenhänge zu erkennen.

Wir leben in einer Gesellschaft, die sich gewisse Regeln auferlegt hat, um ein geordnetes Zusammenleben zu gewährleisten. Eine der wichtigsten Grundlagen dabei ist, jedem einzelnen sein Auskommen zukommen zu lassen. Denn ist das nicht möglich, so sind Konflikte vorprogrammiert. Jeder soll dabei je nach seinen Fähigkeiten sein Auskommen selbst bestreiten. Die Förderung dieser Fähigkeiten ist im Wesentlichen institutionalisiert (Kindergarten, Schule, Berufsausbildung). Das hat sich bewährt. Je besser der Bildungsstand, umso besser die beruflichen Aussichten. Wenn das nicht mehr funktioniert, dann muss sich die Gesellschaft insgesamt fragen lassen, ob sie noch auf dem richtigen Weg ist.

Über WilliZ

Wurde geboren (in Berlin-Schöneberg), lebt (nach einem Abstecher nach Pforzheim, längere Zeit in Bremen und Hamburg) in dem Örtchen Tostedt am Rande der Lüneburger Heide - und interessiert sich für Literatur, Musik, Film und Fotografie (sowohl passiv wie aktiv) ... Ach, und gern verreise ich auch!