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Abenteuer Ulysses von James Joyce (14): 13. Kapitel – Nausikaa [Odyssee]

Mit dem 13. Kapitel des Ulysses von James Joyce (von 18) haben wir die Hälfte des Romans endlich ‚geschafft‘. Hier wieder einige Informationen zur Handlung und zu den auftretenden Personen, auch wieder einige erklärende Anmerkungen zum Text.

Gemäß der Odyssee von Homer bricht die junge und Göttinnen in der Schönheit ähnliche Nausikaa (Tochter des phaiakischen Königs Alkinoos), im Traum durch Athene dazu ermuntert, morgens mit ihren Dienerinnen zum Strand von Scheria auf und wäscht dort mit ihren Dienerinnen am Fluss in der Nähe des Strandes Wäsche. Nach dem Essen machen sie ein Ballspiel. Durch das Kreischen der Mädchen, als der Ball weit wegfliegt, wird ein Schiffbrüchiger geweckt, der in einem nahe gelegenen Gebüsch schlief. Die anderen Mädchen fürchten sich vor ihm, Nausikaa jedoch hat keine Angst. Sie gibt ihm zu essen und Kleidung. Mir hat diese Nausikaa schon in jungen Jahren sehr gefallen. Ihre Schönheit konnte ich nur erahnen. Besonders gefiel mir aber, wie sie dem Schiffbrüchigen Odysseus Asyl gewährte.

Inhalt des 13. Kapitels:

Szene Felsen am Strand von Sandymount • Uhrzeit 20.00 Uhr

Drei junge Mädchen gehen am Strand von Sandycove spazieren, wo sich auch Bloom aufhält. Die Mädchen necken sich gegenseitig und wollen gerade den Heimweg antreten, als ein Feuerwerk beginnt. Zwei von ihnen gehen ein Stück weiter, um eine bessere Sicht zu haben, die dritte, die – Nausikaa symbolisierende – gehbehinderte Gerty MacDowell, aus deren Perspektive die erste Hälfte des Kapitels erzählt wird, bleibt. Sie und ihre Welt werden sprachlich in der Form sentimentaler viktorianischer Trivialromane dargestellt: „Gerty MacDowell, die unweit von ihren Gespielinnen saß, in Gedanken verloren, den Blick in die weite Ferne gerichtet, war wirklich und wahrhaftig ein Muster liebreizender junger irischer Weiblichkeit […]. Die wächserne Blässe ihres Gesichts wirkte fast vergeistigt in ihrer elfenbeingleichen Reinheit, obschon ihr Rosenknospenmund ein echter Amorsbogen war, griechisch vollkommen.“

Sie setzt sich auf einen Stein, hebt ihre Röcke, um Bloom zu erregen. Dabei stilisiert sie diese Anmache zu einer romantisch-wilden großen Liebe: „Sie hätte gerne nach ihm, erstickend fast, hätte gern die schneeigen Arme ausgestreckt nach ihm, daß er käme, daß sie seine Lippen auf ihrer weißen Stirn fühlte, eines jungen Mädchens Liebesschrei.“

Bloom, aus dessen Sicht der zweite Teil des Kapitels geschildert ist, war an den Strand gekommen, um etwas Ruhe zu finden. Er geht auf die Anmache ein, wobei das junge Mädchen in seinen Gedanken – um sich aufzugeilen – zum „durchtriebenen Luder“ wird: „Teufelinnen sind sie, wenns über sie kommt. Dunkles teuflisches Aussehen.“ – Er masturbiert in der Hosentasche, wobei ihm – in welchem Grade bewusst, lässt sich wie so oft in diesem Roman auch hier schwerlich sagen – Assoziationen an Molly und ihren Liebhaber durch den Sinn gehen: „War das vielleicht grad der Moment, wo er, sie?/ Oh, er hats. In ihr. Sie hats. Geschafft/ Ah!/ Mr. Bloom zog sich mit sorgsamer Hand das nasse Hemd zurecht. Meingott, dieser kleine hinkende Teufel. Fühlt sich langsam doch kalt an und klamm. Die Nachwirkung nicht gerade angenehm. Trotzdem, irgendwie muß mans ja loswerden.“ Blooms Orgasmus wird durch die Beschreibung des gleichzeitig stattfindenden Feuerwerks geschildert.

Gegen Ende des Kapitels beschäftigt Bloom sich noch mit dem Brief von Martha, der somit – zusammen mit seinem voyeuristischen Erlebnis am Strand – den Status einer kleinen Rache an seiner ihn ständig betrügenden Frau erhält.

Odysseus und Nausikaa (Pieter Lastman, Odysseus und Nausikaa, Ölbildnis, 1619, Alte Pinakothek, München)
Odysseus und Nausikaa (Pieter Lastman, Odysseus und Nausikaa, Ölbildnis, 1619, Alte Pinakothek, München)

Im Nausikaa-Kapitel strandet Odysseus auf der Insel des Königs Alkinoos. Dessen Tochter Nausikaa vertreibt sich dort mit ihrem Gefolge beim Ballspiel die Zeit. Sie hat keine Angst vor dem plötzlich auftauchenden Fremden, der ihre Schönheit preist, und nimmt ihn mit in den Palast, wo er sich schließlich als lang vermissten Herrscher von Ithaka zu erkennen gibt. In der malerischen Abenddämmerung spaziert die schöne Gerty MacDowell, begleitet von den Freundinnen Edy Boardmann und Cissy Caffrey mit ihren jüngeren Geschwistern, am Strand von Sandymount.

Morgens machte hier Stephen seinen Spaziergang. Gerty, Tochter nicht eines Königs, sondern eines Trinkers, gibt sich ihren Träumen von der großen Liebe hin. Zur gleichen Zeit findet eine Messe in der nahegelegenen kleinen Kirche statt. Da bemerkt Gerty zwischen den Felsen einen Fremden. Bloom sucht dort Ruhe, nachdem er dem Bürgermob entkam. Gerty lässt ihre Freundinnen weitergehen und bleibt allein zurück unter den ihrer Schönheit bewundernden Blicken von Bloom. Es beginnt eine einvernehmliche Verführungsszene aus der Distanz.

Parallel zum Verlauf der Messe, die mit dem Beginn eines Feuerwerks endet, wird das Geschehen zuerst aus Gertys Perspektive im Stile viktorianischer Trivialromane ausgemalt. Danach wechselt die Erzählhaltung zum inneren Monolog Blooms mit sexuell expliziterer Sprache. Gerty weiß, dass Bloom sie beobachtet, von ihr sexuell erregt ist und onaniert. Sie entblößt mehr und mehr ihre Reize. Als sie Bloom schließlich ihren Schoß zeigt, überschneidet sich Blooms sexueller Höhepunkt mit dem Ende des Feuerwerks.

Das Spektakel ist vorbei. Gerty geht. Mitleidig bemerkt Bloom, dass sie hinkt. Er lässt das Geschehen des Tages nochmals an sich vorbeiziehen, der Ruf einer Kuckucksuhr zur vollen Stunde erinnert ihn erneut an Mollys vollzogenen Ehebruch. Schließlich schläft Bloom ein.
(Quellen: swr.de/swr2/hoerspiel & de.wikipedia.org)

Personen des 13. Kapitels

Die handelnden Personen sind bereits genannt. Zum einen die Hauptfigur des Romans, Leopold Bloom, zum anderen jene Gertrude ‚Gerty‘ MacDowell, die die erwähnte Nausikaa symbolisiert. Daneben sind es Gertys Freundinnen, Cissy Caffrey und Edy Boardman – „mit dem Baby im Kinderwagen und Tommy und Jacky Caffrey, zwei kleine krausköpfige Jungen, die Matrosenanzüge trugen […] kaum vier Jahre alt […]“. Beide Freundinnen sind eifersüchtig auf ihre Schönheit. Gerty lahmt auf einem Fuß; sie wurde kürzlich von Reggy Wylie verlassen. Der Name Gertrud ist eine Parallele zu der tragischen und untreuen Mutter von Hamlet.

Anmerkungen zu diesem 13. Kapitel

Auch zu diesem Kapitel hier einige Anmerkungen und Erklärungen, die vielleicht helfen, mehr Verständnis für den Text zu erlangen. Natürlich bin ich mir nicht sicher, immer ‚das Richtige‘ gefunden zu haben. Für Korrekturen und weitere Anregungen bin ich dankbar:

S. 484: mehr eine Giltrap als eine MacDowell war [Giltrap – Großvater mütterlicherseits, der Besitzer von Garryowen, Hund in Zyklopen]
hauteur [‚Höhe‘]
S. 487: Chenille [‚Raupe‘ – weicher Textilstoff]
petite [klein, zierlich]
(… rucke di guck, die rechte Braut sitzt noch daheim) [im O.: and never would ash, oak or elm = und niemals würde Esche, Eiche oder Ulme]
S. 489: T.C.D. [Trinity College Dublin]
Schaltjahr [1904]
S. 491 Senge [Prügel]
S. 493: Unsere Lieben Frauen von Loreto [italienische Gemeinde]
S. 494: Dessins [Zeichnungen]
S. 495: halkyonische Tage [griech.: 14 Tage um die Wintersonnenwende]
S. 498: Martin Harvey [engl. Bühnenschauspieler]
retroussée [gestülpt]
S. 499: Ora pro nobis [Bete für uns]
Sieben Schmerzen (Mariens) [1. Darstellung Jesu im Tempel mit Weissagung Simeons (Lk 2,34–35) – 2. Flucht nach Ägypten vor dem Kindermörder Herodes (Mt 2,13–15 ) – 3. Verlust des zwölfjährigen Jesus im Tempel (Lk 2,43–45) – 4. Jesus begegnet seiner Mutter auf dem Kreuzweg (unbiblische Szene) – 5. Kreuzigung und Sterben Christi (Joh 19,17–39) – 6. Kreuzabnahme (vgl. Mt 27,57–59) und Übergabe des Leichnams an Maria (Beweinung Christi) – 7. Grablegung Christi (Joh 19,40–42)]
Novene [Gebete an neun aufeinander folgenden Tagen]
S. 501: Tableau! [Bild]
Tantum ergo [nach Thomas von Aquin: Kommt und lasst uns tief verehren ein so großes Sakrament]
Tantumer gosa cramen tum [eigentlich: tantum rosa sa cramentum = das Geheimnis der Rose]
S. 504: Panem de coelo praestitisti eis [Brot vom Himmel hast du ihnen gegeben]
S. 506: contretemps [Rückschlag]
Velum [‚Schleier‘]
S. 507: Miss Cummins [Mary Susanna C. – amerikanische Schriftstellerin – 1827-1866]
Bist real du, Ideal du? [im O. Art thou real, my ideal?]
S. 508: Gesellschaft mit großem Ge [im O. Society with a big ess]
S. 509: Laudate dominum omnes gentes [Preist den Herrn aller Völker]
holterdipolter [im O. helterskelter]
S. 511: Nainsook [weiche, leichte Form von Musselin]
Und dann sprang eine Rakete hoch … [Onan lässt grüßen!]
S. 513: … und sehr langsam, denn Gety MacDowell … Zu enge Schuh? Nein, sie hinkt! Ach! [Perspektivwechsel Gerty/Bloom]
Tranquilla-Kloster [italienisches Ruhekloster]
S. 514: Mutoskop [Guckkasten]
lingerie [Unterwäsche]
deshabillé [Morgenrock]
Also ich bin ganz sauber gekommen und hab mich vollgesaut [im O. I’m all clean come an dirty me]
S. 517: Nell Gwynn [engl. Schauspielerin, 17. Jh., Mätresse von Charles II]
Mrs. Bracegirdle [Anne B., 17./18. Jh., Schauspielerin]
Maud Branscombe [19. Jh., stand Modell für Fotos]
Lacaus esant taratara [phonetisch -> it.: La causa e santa = Die Sache ist heilig, Oper von Meyerbeer]
S. 518: Lord Mayor [Bürgermeister von Dublin]
Val Dillon. Apoplektiker. [neigt bzw. hatte Schlafanfälle]
S. 521: Dolphin’s Barn [1. Kuss mit Molly]
Irishtown [Vorort von Dublin]
Jedes Bällchen findet sein Ställchen. [im O. Every bullet has its billet]
S. 522: die Vorhaut … [demnach ist Bloom nicht beschnitten?!]
S. 524: Opoponax [Gummiharz – Myrrhe]
S. 525: der Lange John [J. Fanning, Subsheriff von Dublin]
Meagher [irischer Nationalist, 19. Jh.]
S. 526: Der Bailey-Leucht. [Leuchtturm – Halbinsel bei Dublin]
Grace Darling. [Tochter eines Leuchtturmwärters, berühmt durch Einsatz bei einem Schiffsunglück]
Roggbiv [i.O. Roygbiv – Abfolge der Farbtöne: rot, orange, gelb, grün usw.]
S. 527: Homerule-Sonne [Selbstregierung (Irlands)]
S. 528: Rip van Winkle – Sleepy Hollow [Erzählungen von Washington Irving – …schläfrige Schlucht … – kopfloser Reiter]
Metempsychose [Seelenwanderung]
S. 530: Faugh a ballagh [Schlachtruf: Mach den Weg frei!]
Skapulier [Überwurf/Schulterkleid]
Tephilim [Gebetsriemen]
S. 532: Kalomel [Mineral = Hornquecksilber]
Dick in Mode … [im O. fat]
El hombre ama la muchacha hermosa. [Der Mann liebt das schöne Mädchen]
Leah, die Lilie von Killarney [Melodram]
S. 533: Damen-Bloomer [Frauenoberhose]
S. 535: Kish [iranische Insel im Persischen Golf]
Agendath [Siedlung in Palästina]

In deutscher Sprache gibt es zwei Übersetzungen, zunächst die vom Verfasser, also James Joyce, autorisierte Übersetzung von Georg Goyert (1927) – dann die 1975 erschienene Neuübersetzung von Hans Wollschläger, auf die ich mich hier beziehe (ich habe die einmalige Sonderausgabe aus dem Jahr 1979 – 1. Auflage – Suhrkamp Verlag)

siehe auch: Abenteuer Ulysses von James Joyce (01): Vorgeplänkel
Abenteuer Ulysses von James Joyce (02): 1. Kapitel – Telemachos [Telemachie]
Abenteuer Ulysses von James Joyce (03): 2. Kapitel – Nestor [Telemachie]
Abenteuer Ulysses von James Joyce (04): 3. Kapitel – Proteus [Telemachie]
Abenteuer Ulysses von James Joyce (05): 4. Kapitel – Kalypso [Odyssee]
Abenteuer Ulysses von James Joyce (06): 5. Kapitel – Lotophagen [Odyssee]
Abenteuer Ulysses von James Joyce (07): 6. Kapitel – Hades [Odyssee]
Abenteuer Ulysses von James Joyce (08): 7. Kapitel – Äolus [Odyssee]
Abenteuer Ulysses von James Joyce (09): 8. Kapitel – Lästrygonen [Odyssee]
Abenteuer Ulysses von James Joyce (10): 9. Kapitel – Scylla & Charybdis [Odyssee]
Abenteuer Ulysses von James Joyce (11): 10. Kapitel – Symplegaden (Irrfelsen) [Odyssee]
Abenteuer Ulysses von James Joyce (12): 11. Kapitel – Sirenen [Odyssee]
Abenteuer Ulysses von James Joyce (13): 12. Kapitel – Der Zyklop [Odyssee]

Abenteuer Ulysses von James Joyce (13): 12. Kapitel – Der Zyklop [Odyssee]

Schritt für Schritt komme ich voran mit dem Roman Ulysses von James Joyce. Heute nun einige Informationen zur Handlung und zu den auftretenden Personen des 12. Kapitels. Natürlich auch wieder einige erklärende Anmerkungen zum Text.

Inhalt des 12. Kapitels:

Szene Kneipe (Barney Kiernans Pub) • Uhrzeit 17.00 Uhr

Für dieses Kapitel namens „Der Zyklop“ wählte Joyce verschiedene Formen des Berichtes. So wird es zum einen aus der Perspektive eines namenlosen Mannes erzählt, der unterwegs Hynes trifft, mit ihm in den Pub geht und dort auf Alf Bergmann und den sogenannten „Bürger“ stößt. Später kommt Bloom hinzu, um auf Martin Cunningham zu warten. Für diese Textpassagen wird ein schnodderiger, den mündlichen Sprachduktus imitierender Slang verwendet: „Igittigitt! Und das nimmt und nimmt kein Ende, das Gefaxe mit dem Pfötchengeben und Alf versucht die ganze Zeit, dass er nicht von dem verdammten Barhocker runterrutscht und dem verdammten alten Hund obendrauf, und dabei redet er allen möglichen Stuss von wegen Erziehung durch Güte und reinrassiger Hund und intelligenter Hund: Die Krätze hätt man kriegen können.“

Diese Passagen werden zu anderen in Kontrast gesetzt, die sich eines sorgfältig ausgeführten Stiles bedienen, der die Schriftlichkeit gehobener Zeitungsberichte nachahmt und parodiert (eine literarische Technik, die Joyce selbst „Gigantismus“ nannte): „Das letzte Lebewohl war ungemein ergreifend. Von den Glockentürmen fern und nah läutete unablässig die Totenglocke, indessen um den finsteren Bezirk die unheilkündende Warnung von wohl hundert gedämpften Trommeln rollte, bekräftigt vom Dröhnen zahlreicher Artilleriegeschütze.“

Das Thema des Kapitels ist der Antisemitismus, dem Bloom ausgesetzt ist. Der Bürger stellt sich als engstirniger irischer Nationalist heraus und fängt an, Bloom zu belästigen. Schnell treten seine antisemitischen Ansichten hervor, und die Atmosphäre wird immer gespannter. Als Martin Cunningham schließlich eintrifft, nimmt er Bloom mit sich, da dieser gerade begonnen hat, sich verbal gegen die Attacken zu wehren. Der schreiende und tobende Bürger wirft eine Keksdose hinterher – wie Polyphem, der Odysseus einen Felsen nachschleudert.

Der gehobene Schreibstil mündet gegen Ende in eine Imitation des Verkündigungstones der Prophezeiungen des Alten Testamentes. „Und dann sehn wir bloß noch, wie die verdammte Kutsche um die Ecke saust und Old Schafsgesicht obendrauf am Fuchteln ist“ wird übersetzt in: „Und es kam eine Stimme vom Himmel und rief: ‚Elias! Elias!‘ Und er antwortete ihr mit einem mächtigen Schrei: ‚Abba! Adonai!‘ Und sie sahen Ihn, ja Ihn, Ben Bloom Elias, inmitten von Wolken von Engeln auffahren zur Herrlichkeit der Helle in einem Winkel von fünfundvierzig Grad über Donohoe in der Little Green Street“. Auch auf diese Weise wird das Judentum in diesem Kapitel thematisiert.

Barney Kiernans Pub, Dublin
Barney Kiernans Pub, Dublin

In angeberisch-grobschlächtiger Sprache berichtet ein namenloser Ich-Erzähler von seinem Treffen mit Joe Hynes in Barney Kiernans Pub. Sie reden über einen jüdischen Händler, dem ein Freund von ihnen die Rückzahlung seiner Schulden zu Recht verweigerte. Mit Gleichgesinnten vertrinken beide Joes Wettgewinn vom Pferderennen. Bloom wartet derweil draußen auf Martin Cunningham, um gemeinsam der Witwe Dignam zu helfen, die Lebensversicherung ihres Mannes einzuklagen. Als Bloom den Pub betritt, um ihn dort zu suchen, lässt er sich in das Kneipengespräch über Dignam und die Todesstrafe ziehen. Plötzlich macht das Gerücht die Runde, er habe viel Geld beim Rennen gewonnen. Von da an werden seine abwägenden und nüchternen Einwände von der schwadronierenden Runde misstrauisch beäugt. Als das Gespräch sich tagespolitischen Themen zuwendet, gerät Bloom ins Visier des „Bürgers“, eines für die irische Unabhängigkeit eintretenden Feniers, auf deren Ideologie das Kapitel sich symbolisch bezieht. Dessen Hund könne, so der „Bürger“, geizige Juden nicht riechen, als das Tier Bloom beschnüffelt. Bloom sieht sich gezwungen, sich als Ire zu erkennen zu geben, fügt aber heroisch hinzu: mosaischer Abstammung – und verlässt den Raum. Währenddessen trifft der nichts ahnende Cunningham ein und beantwortet Nachfragen zu Bloom. Die antisemitische Stimmung eskaliert durch den „Bürger“, als Bloom zurückkehrt. Cunningham und er können nur mit einer Kutsche dem aufgebrachten Mob entfliehen.

Bloom gerät hier wie Odysseus ins Land der „einäugigen“ unzivilisierten Riesen – der Kyklopen, mit dem „Bürger“ als Polyphem. Odysseus wie Bloom bringen sich selbst durch Nennung ihrer Herkunft in Gefahr.

Joyce bedient sich dabei der von ihm so benannten literarischen Technik des „Gigantismus“: Der Erzählfluss des prahlerischen Ich-Berichts wird immer wieder von Einschüben durchbrochen. Diese persiflieren Diskurse der Journaille über irische Sagen und Mythen, nationale Legendenbildung und literarische wie politische Diskurse.
(Quellen: swr.de/swr2/hoerspiel & de.wikipedia.org)

Personen des 12. Kapitels

Der namenlose Erzähler gilt als der Lästerer Thersites aus Homers Illias: niederträchtig, gemein, wertend, kleinkariert, sein Stil in der ersten Person ist engstirnig und übertrieben, kann sich nicht in andere einfühlen, hat Vorurteile, Antisemit, Opportunist.

Im Mittelpunkt dieses Kapitels steht die Auseinandersetzung der Hauptfigur, Leopold Bloom, mit dem ‚Bürger‘ um Blooms‚ mosaische Abstammung‘. Bloom ist der „moderner Held“ und als Kontrast zu dem homerischen Helden Odysseus zu verstehen. Er hat die Rolle eines Außenseiters, die sich vor allem darin spiegelt, dass er als Jude im katholischen Dublin lebt und dort einem antisemitischen Klima, hier verkörpert durch ‚den Bürger‘ als Polyphem, ausgeliefert ist.

Blooms Kontrahent ist der Bürger als Satire auf engstirnigen antisemitischen, irischen Patriotismus/Nationalismus: Dieser sitzt mit seinem (dichtenden) Hund Garryowen in Kiernans Pub. Durch Blooms Behauptung, Jesus war Jude, wird er wütend und wirft eine Dose auf ihn; Parallele zum einäugigen Zyklopen bei Homer ist er, sowohl intellektuell als auch körperlich, blind, geblendet von der Sonne und Blooms Zigarre (Odysseus’ Speer). Bloom betritt mit Joe Hynes den Pub. Dieser gibt gern einen aus. Er ist ebenfalls Antisemit.

Weitere Personen sind Alf Bergan, ein Spaßvogel, der wohl auch verantwortlich für den Postkarten-Streich mit Breen sein könnte. Bob Doran, Wirtshausbesitzer, Trinker, feiert sein Saufgelage in Kiernans Pub. Weiterhin der bereits erwähnte Denis Breen, Ehemann von Josie, gilt als nicht ganz bei Verstand.

J.J. Jack O’Molloy: junger Anwalt, dessen Praxis schlecht läuft: Beispiel für gescheitertes Dubliner Talent, verarmt. Bloom schätzt ihn aber. Ned Lambert: Saatguthändler, arbeitet im Getreidespeicher in Marys Abbey, trägt elegante Anzüge.

John Wyse Nolan: Dieser stimmt in Vielem mit dem ‚Bürger‘ überein, ist aber weniger extrem, verbreitet mit die Gerüchte über Bloom. Matt Lenehan kennen wir bereits als unsymphatischen Witzeklopper. Kellner in Barney Kiernans Pub ist Terence ‚Terry‘ O’Ryan.

Bloom trifft sich im Pub mit Martin Cunningham und begleitet diesen anschließend zu Digmans Witwe. Cunnigham ist einflussreich, intelligent, scharfsinnig und sehr gläubig. Er hat ein „Gesicht wie Shakespeare“. Seine Frau ist Trinkerin; sie versetzt jeden Samstag alle Hausmöbel an ein Leihhaus, jeden Montag richtet er das Haus neu ein: „Leben eines Verdammten“

Und da sind dann noch als Randfiguren Jack Power und Mr. Crofton im Pub anwesend.

Anmerkungen zu diesem 12. Kapitel

Auch zu diesem Kapitel hier einige Anmerkungen und Erklärungen, die vielleicht helfen, mehr Verständnis für den Text zu erlangen. Natürlich bin ich mir nicht sicher, immer ‚das Richtige‘ gefunden zu haben. Für Korrekturen und weitere Anregungen bin ich dankbar:

S. 404: D.M.P. [Dublin Metropolitan Police]
Gannef [jidd. Ganove]
S. 405: Ponem [jidd. Gesicht]
S. 406: Temperenzler [Abstinenzler-Bewegung]
S. 407: Sykomore [Maulbeerfeige]
O’Connell Fitzsimon [adlige Familie]
pomelliert [? Wohl bezogen auf Farbe und Muster]
S. 408: achatne [achat-farbend (Halbedelstein)]
S. 409: Rory of he Hill(s) [irisches Gedicht/Lied]
Ditto MacAnaspey [‚Sohn eines Bischofs‘ – i.S.v. ‚wieder dasselbe‘ – irischer Spruch]
a chara [lieber (Freund)]
S. 411: u.a. Arrah na Pogue [Buchtitel]
Balor mit dem Bösen Blick [einäugiger Riese – König]
S. 412: subsidienstark [Hilfe leistend]
S. 413: Martin Murphy [Geschäftsmann, ‚wichtiger‘ Kapitalist Irlands, Einfluss auf Presse – Mitglied des Unterhauses und der Bantry-Bande -> Abgeordnete aus Bantry Bay]
S. 414: Bi i dho husht [Irischismus: Sei still]
Bungiveagh und Bungardilaun [Bung -> Stöpsel im Bierfass / Lord Ardilaun und Bruder Iveagh -> Sir Guiness -> Mitglieder des brit. Unterhauses -> Guinness Brauerei]
S. 415: Teston [frz. Silbermünze]
S. 416: Jau [im O. Ay]
von den Socken … [im O. flabbergasted]
S. 517: jivische Strahlung [magnetische Aura – sanskrit: Jiva -> das individuelle Selbst/Seele]
prālāyā [sanskrit: Untergang, Zerstörung]
atmische Entwicklung [sanskrit: Atman -> Atem/Seele]
tālāfānā, ālāvātār, hātākāldā, wātāklāsāt [Wortspiel mit theosophischen Begriffen (sanskrt): Telefon – Aufzug (elevator) – heißer Kessel (hot kettle) – Wasserklosett]
Māyā [sanskrit: Zauberkraft/Schöpferkraft]
devanische Kreise [Devanadi -> Götterfluss]
S. 418: Banba [Königin der irischen Mythologie]
S. 419: Christ M’Keown [Jesus Christus]
S. 421: Erebos [griech. Gott der Finsternis -> Unterwelt]
S. 422: Professor Luitpold Blumenduft [wie im O.]
Ganglie [‚Überbein‘]
Corpora cavernosa [Schwellkörper]
in articulo mortis per diminutionem capitis [im Moment des Todes durch Verkleinerung des Kopfes]
Siebenundsechzig [irischer Aufstand von 1867]
Achtundneunzig [1798 irische Rebellion]
S. 423: Jacob’s-Büchse [Biskuit – gibt es heute noch]
Brüder Sheares [Henry und John Sh. U.a. 1798 Anführer der ‚United Irish Rebellion‘]
Tommy-Moore [Schriftsteller]
Sara Curran [große Liebe des R. Emmet, hingerichtet]
Bézigne [Kartenspiel]
Wampum [indianische Perlenkette]
S. 424: Sinn Fein … amhain! [Wir selbst allein!]
S. 425: Speranza [it. Hoffnung]
Freunde Grün-Erins [im O.: Friends of the Emerald Isle -> poetische Name für Irland, weiter als F.G.E.]
S. 426: Leopold Rudolph von Schwanzenbad-Hodenthaler usw. [wie im O.]
Siebzehnten des Monats [17.03. gilt als Todestag – St.-Patrick‘s-Day]
S. 427: Gladiolus Cruentus [blutrote Gladiole]
Rumbold [s.S. 420: Barbiermeister, Absender des dortigen Schreibens]
Eunuch Catalani [evtl. it. Komponist]
S. 429: nec … [noch]
Hurling-Spiel [Ballspiel mit Schlägern]
S. 430: fiancée [Verlobte]
Generalprofoß [für Strafverfolgung zuständiger Militärbeamter]
Sepoy [eingeborener Soldat des englischen Heeres in Indien]
Entourage [Gefolge]
S. 431: Ballyhooly [kleines Dorf in Cork]
S. 432: pro bono publico [für das öffentliche Wohl]
kynanthropisch [Hund-Mensch – Mensch, der denkt, ein Hund zu sein – Folklore: Wechsel zwischen Hund und Mensch]
sobriquet [Spitzname]
deluzidieren [‚ent-leuchten‘ – unverständlich machen]
ranns [irischer Vierzeiler]
Pseudonym Klein Süßzweig [Douglas Hyde, Gelehrter der irischen Sprache]
Raftery [Anthony R., blinder Dichter]
S. 433: isosyllabisch [gleich viele Silben besitzend]
englyn [englisch]
S. 434: Zession [Übertragung einer Forderung in das Vermögen anderer]
Hundsfotterei [im O. lottery robbery]
S. 436: Slan leat [wörtlich: ‚Sicher bei dir!‘ – irische Art von ‚Auf Wiedersehen!‘]
S. 437: Jopas [Barde am Hof von Dido (Königin von Karthago)]
Joe Cuffe [Cuffe = Manschette]
S. 438: Sluagh na h-Eireann [Schluck von Irland]
Mr. Cowe Conacre usw. [siehe: https://hansard.parliament.uk/]
S. 439: na bacleis [Kümmere dich nicht darum]
Auspizien [Vorbedeutung, Aussichten]
Sraid na Bretaine Bheag [‚Little Britain Street‘]
S. 441: … L.L.D. [evtl. Doctor of Law]
S. 442: Alf. Heenan- Sayers [WM-Kampf – 2 ½ Stunden über 42 Runden – April 1860]
Queensberry-Regeln [Basisregeln des Boxsports – 1. Boxhandschuhe – 2. Zählen bis 10 – 3. Runde a 3 Minuten]
S. 443: Eblaniten [Mineral?]
S. 444: Calpes felsiger Berg [Fels bei der span. Stadt Calp – steht f. den Felsen von Gibraltar]
S. 445: compos mentis [zurechnungsfähig]
S. 446: Schlappschwanz [im O. Pishoque – eigentl. Aberglaube und Hurerei]
Dolus [Arglist, böser Vorsatz]
S. 448: Sintemalen [weil, da]
ochsenäugige Göttin [Hera, Gattin und Schwester von Zeus]
Falconer [Falkner]
Recht … brehonischer Art [altirische Zivilrechtsprechung]
Synhedrium [‚hoher Rat‘ – griech. Ratsversammlung]
Stämme von Jar [altirisch]
S. 449: Fremdlinge [Engländer]
S. 450: … und ihr Buhle [König Heinrich II. im 12. Jh.]
Offizier Taylor [Polizeioffizier]
Bloomer [Frauenunterhose]
S. 451: Tholsel [traditioneller Name für Gemeindegebäude]
Gäl [im O. Gael – irischer Kelte]
Patois [Dialekt der frz. Sprache]
cabinet d’aisance [Toilette]
S. 452: Conspuez les Anglais! [Verschwöre die Engländer]
Medher [Trinkgefäß]
Lamh Dearg Abu [‚Rote Hand‘ Kommando – rote Hand im Wappen von Ulster – unionistische, paramilitärische Organisation]
Flugblatt [im O. Throwaway – Pferdename beim Pferderennen]
Mütterchen Bret geht zum Küchenbüfett [im O. Old Mother Hubbard went tot he cupboard]
S. 453: Juvenal [röm. Dichter, 1./2. Jh.]
Giraldus Cambrensis [Historiker aus Wales, 12./13. Jh.]
Barrow und Shannon [Flüsse]
S. 454: merzerisiert [reißfester gemacht]
S. 455: Toquen [Damenhut]
in Horto [im Garten]
drei Kronen … drei Söhne des Milesius [Kronen sind gelb – nach irischer Tradition waren die alten Könige von Irland nachkommen von König Milesius von Spanien]
S. 456: Shanagolden [kleines Dorf in Limerick]
Molly Maguires [geheimer, irischer Bergarbeiterbund]
exmittiert [zwangsgeräumt]
Deadwood Dicks [fiktive Figur aus Groschenroman]
S. 457: Peng uff die Latte [im O. A rump and dozen – Hinterteil und Dutzend]
Sir John Beresford [Admiral, 11. Jh.]
S. 458: im schwarzen Jahr 47 [Black 1847 – Hungersnot durch Missernte]
Granuaile [irische Piratin, 16. Jh.]
Kathleen ni Houlihan [mythische Symbolfigur u.a. Stück von W.B. Yeats]
Seit die arme Frau uns erzählte … [in den 1790er Jahren suchten die Iren bei ihrem Aufstand französische Unterstützung – hier: Zeile aus einem Lied]
Killala [irische Ortschaft]
Wir haben unser bestes Blut hergegeben für Frankreich und Spanien, die wilden Gänse [irisch-katholische Kämpfer, ausgebürgert und für Fr. und Sp. kämpfend – 17./18. Jh.]
S. 459: Entente cordiale [‘herzliches Einverständnis‘, Bündnis von 1904]
Conspuez les Français [vergl. S. 452 – Verschwöre d. Franzosen]
Die olle Vic [Königin Viktoria, gestorben 1901]
Edward den Friedensstifter [Edward VII., gestorben 1910]
Pox [Pocken]
S. 461: Manus Tomaltach og MacDonogh [Verfasser mittelirischer Texte, 14. Jh.]
Buch von Ballymore [Zusammenstellung alter Werke der Antike, u.a. Leben des heiligen Patrick]
emunktorisches Feld [Organ, das Abfallstoffe des Körpers entfernt/transportiert]
Sligo [irische Grafschaft]
Barmakiden [iranische Familie von Staatsfunktionären]
Herzog von Wellington [1769 in Dublin geboren]
S. 462: Inkrustierung [Verzierung, auch Krustenbildung]
gehöre ich auch noch einer Rasse an [Bloom ist Sohn ungarischer Juden]
neues Jerusalem [Zionismus]
.. ob Martin da ist [gemeint ist Cunningham]
S. 463: in braunen Macintosh [Regenmantel]
Prost Neujahr [im O. More power]
Cromwell [bezieht sich auf das blutige Massaker 1649]
S. 464: Alaki von Abeakuta [Alake = Oberhaupt – in Nigeria]
Usquebaugh [Whiskey – uisge -> Wasser – beatha -> Leben – also: Lebenswasser]
S. 465: Griffith [Arthur G., Sinn-Fein-Gründer]
Shanganagh [Burgruine bei Dublin]
Casement [Roger C., Diplomat -> Aufklärung der Gräueltaten im Kongo, später irischer Nationalist]
Kafir [jemand, der nicht dem islamischen Glauben angehört]
Wo geht’s hier eigentlich nach St. Privat? [im O. Show us the entrance out -> Toilette]
S. 467: wie Lanty MacHale seine Ziege [Redensart, auch mit dog = Hund]
S. 468: Allegationen [Verweis auf eine Schriftstelle]
S. 469: Junius [evtl. Pseudonym – Verfasser satirischer Texte]
Virag [ungarisch -> Bloom – englischsprachige Annäherung]
En ventre sa mère [im Bauch der Mutter]
S. 470: Ahasver [der ‚ewige Jude‘]
Ballykinlar [Ort im Norden Irlands]
Akoluth [Laie -> Verrichtung der Messe]
Benedikt von Spoleto [Einsiedler, 5./6. Jh.]
S. 471: … St. Laurence O’Toole [Erzbischof von Dublin, 12. Jh.]
S. 472: Nimben [Nimbus – Ruhmes-, Heiligenschein]
Introitus [Eingangsgesang im Wechselgesang]
Epiphania Domini [Erscheinung des Herrn]
Surge, illuminare [Erhebe dich, werde erleuchtet]
Omnes [… alle]
Saba venient [Sie werden aus Saba kommen]
S. 473: Adiutorium nostrum in nomine Domini.
— Qui fecit coelum et terram.
— Dominus vobiscum.
— Et cum spiritu tuo.

[Unsere Hilfe steht im Namen des Herrn.
Wer hat Himmel und Erde gemacht
Der Herr sei mit dir.
– Und mit deinem Geist.]
Deus, cuius verbo sanctificantur omnia, benedictionem tuam effunde super creaturas istas: et praesta ut quisquis eis secundum legem et voluntatem Tuam cum gratiarum actione usus fuerit per invocationem sanctissimi nominis Tui corporis sanitatem et animae tutelam Te auctore percipiat per Christum Dominum nostrum [O Gott, durch dessen Wort alle Dinge geheiligt sind, gieße deinen Segen über diese Geschöpfe aus und gib, dass jeder, der sie nach deinem Gesetz und deinem Willen mit Danksagung gebrauchen wird, durch die Anrufung deines heiligsten Namens dich durch Christus empfange die Hilfe unseres Herrn für die Gesundheit und den Schutz Ihres Körpers und Ihrer Seele.]
John Jameson [irischer Whiskey]
S. 475: Ihr Stall ist offen [im O. Your fly ist open]
S. 476: Nagyaságos uram Lipóti Virag [ungarisch: Großer Herr L.V. (Leopold Bloom)]
Százharminczbrojúgulyas-Dugulas [Kalbsgulasch-Verstopfung]
agus [und]
mastodontisch [mammutartig]
S. 477: Ballast Office [Gebäude mit Reederei-Firmen]
Custom House [ursprüngliches Zollamt]
Visszontlátásra, kedvès baráton! [ungarisch: Auf Wiedersehen, lieber Freund]
Matthäi [24. Februar]
Erdbeben von 1534 [im Juli, Epizentrum in Nord-Wales]
S. 478: missa pro defunctis [Messe für die Toten]
débris [Trümmer]
S. 480: Abba! Adonai! [Vater, dir zur Ehre!]

In deutscher Sprache gibt es zwei Übersetzungen, zunächst die vom Verfasser, also James Joyce, autorisierte Übersetzung von Georg Goyert (1927) – dann die 1975 erschienene Neuübersetzung von Hans Wollschläger, auf die ich mich hier beziehe (ich habe die einmalige Sonderausgabe aus dem Jahr 1979 – 1. Auflage – Suhrkamp Verlag)

siehe auch: Abenteuer Ulysses von James Joyce (01): Vorgeplänkel
Abenteuer Ulysses von James Joyce (02): 1. Kapitel – Telemachos [Telemachie]
Abenteuer Ulysses von James Joyce (03): 2. Kapitel – Nestor [Telemachie]
Abenteuer Ulysses von James Joyce (04): 3. Kapitel – Proteus [Telemachie]
Abenteuer Ulysses von James Joyce (05): 4. Kapitel – Kalypso [Odyssee]
Abenteuer Ulysses von James Joyce (06): 5. Kapitel – Lotophagen [Odyssee]
Abenteuer Ulysses von James Joyce (07): 6. Kapitel – Hades [Odyssee]
Abenteuer Ulysses von James Joyce (08): 7. Kapitel – Äolus [Odyssee]
Abenteuer Ulysses von James Joyce (09): 8. Kapitel – Lästrygonen [Odyssee]
Abenteuer Ulysses von James Joyce (10): 9. Kapitel – Scylla & Charybdis [Odyssee]
Abenteuer Ulysses von James Joyce (11): 10. Kapitel – Symplegaden (Irrfelsen) [Odyssee]
Abenteuer Ulysses von James Joyce (12): 11. Kapitel – Sirenen [Odyssee]

Kafka 2024: Kafka – die Miniserie (ARD)

Am 3. Juni 1924, also vor 100 Jahren, starb der Prager Schriftsteller Franz Kafka. Er gilt als der bedeutendste Literat deutscher Sprache des 20. Jahrhunderts. Dabei war er im eigentlichen Sinne kein Schriftsteller. Zu Lebzeiten veröffentlichte er nur wenige Erzählungen, die gerade 350 Seiten ausmachen. Und sein Freund Max Brod sollte auf seinem Wunsch hin alles andere nach seinem viel zu frühen Tod vernichten. Was dieser aber nicht Tat, sondern für die Nachwelt rettete.

2024 wird also ein Kafka-Jahr. Und die ARD legt gleich die Latte sehr hoch, denn die in Österreich produzierte sechsteilige Miniserie: Kafka – Grundlage ist die über 2500 Seite starke Biografie von Reiner Stach (in vier dicken Bänden) [amazon] – ist eine „gelungene Symbiose aus Literatur und Fernsehen: Die Serie „Kafka“ (NDR, WDR, SWR, BR, MDR, RBB, HR, SR, RB, ORF / Superfilm) ist ein herausragendes Beispiel für biografisches Erzählen über eine historische Figur. Eine kenntnis- und lehrreiche, zugleich unterhaltsame und fantasievoll inszenierte Reise durch Leben und Literatur des deutsch-tschechischen Schriftstellers Franz Kafka, der am 3. Juni 1924 im Alter von 40 Jahren starb. Daniel Kehlmann (Drehbuch) und David Schalko (Regie) nähern sich seinem Charakter aus unterschiedlichen Perspektiven in sechs, jeweils unterschiedlich akzentuierten Episoden an. Wunderbar kauzig und verletzlich: Joel Basman in der Titelrolle. Kafkas Biografie und seine eigentümlichen Geschichten werden auch dank der eindrucksvollen Szenenbilder und der Bildgestaltung lebendig. „Kafka“ ist ein erstklassig besetztes (Kross, Ofczarek, Fries, Friedel – oder Altenberger, Eidinger, Hübner in Kleinstrollen), öffentlich-rechtliches Vorzeigeprojekt zur Zeitgeschichte – und weit mehr als ein Vergnügen nur für Literaturkenner.“ (Quelle: tittelbach.de)

Kafka verwandelt sich zu ‚Willi‘
Kafka verwandelt sich zu ‚Willi‘

Heute Abend gibt es die ersten drei Folgen ab 20 Uhr 15 in der ARD. Morgen folgen die drei weiteren Folgen. Natürlich ist die Serie auch in der ARD-Mediathek jeder Zeit aufrufbar (bis zum 20.03.2025 verfügbar).

„Kafka ist ein Kontinent, den man nie zu Ende kartographieren wird. Er schreibt nicht; er öffnet Türen in eine Welt, die uns ohne ihn verschlossen bleiben würden. Niemand hat eine so originäre Literatur geschaffen wie er. Es gibt nichts Vergleichbares davor. Nur die Echos danach.“ (David Schalko, Regisseur der Serie)

… eine Zeile gegen mich … wie man die Fernrohre … richtet!
… eine Zeile gegen mich … wie man die Fernrohre … richtet!

Weitere Beiträge zu Franz Kafka in willizblog.de

Abenteuer Ulysses von James Joyce (12): 11. Kapitel – Sirenen [Odyssee]

Heute nun das 11. Kapitel (von 18 – wobei ich gerade 40 % des gesamten Romans ‚geschafft‘ habe) des Ulysses von James Joyce.

Inhalt des 11. Kapitels:

Szene Konzerthalle des Hotels Ormond • Uhrzeit 16 Uhr

Wen der Gesang der Sirenen an ihre Gestade lockt, dessen Schiff zerschellt. Odysseus kann ihnen nur am Mast festgebunden widerstehen, während er seinen Gefährten die Ohren verstopft. Als Prolog montiert Joyce einen klangpoetisch verdichteten Text aus den Sätzen, Motiven und Geräuschwörtern des Kapitels. Die Sirenen selbst personifizieren die Bardamen Miss Kennedy und Miss Douce des Ormond Hotels. Bloom sieht zufälligerweise zum dritten Mal auf der Straße Boylan, dem er in die Hotelbar folgt. Boylan ist eigentlich auf 16 Uhr mit Molly verabredet. Er und Lenehan lassen sich aber auf einen Flirt mit den beiden Damen ein und können Miss Douce sogar überreden, ihr Strumpfband gegen die Schenkel klatschen zu lassen. Boylan hat es beim Blick auf die Uhr eilig und geht – zu Molly. Bloom weiß das, bleibt zurück, sitzt neben Richie Goulding, dem Onkel Stephens, und schreibt Martha Clifford einen Brief, bevor er die Bar verlässt. Musik ist die Kunst dieses Kapitels. Von und über Musik wird geredet und erzählt, aber hier spielt auch Pater Cowley Klavier, Simon Dedalus singt virtuos die Arie „M’appari“ aus Flotows „Martha“ und Ben Dollard den irische Traditional „The Croppy Boy“. Die Lieder handeln von unglücklicher Liebe und einem von den Briten erhängten Bauernjungen.

Bloom speist mit Stephens Onkel Richie Goulding im Ormond-Hotel, während Blazes Boylan, der gerade auf dem Weg zu Molly ist, vorbeigeht. Blooms Gedanken sind von seiner Eifersucht geprägt, weshalb er seine Umwelt und auch die Reize der Bardamen Miss Douce und Miss Kennedys nur bedingt wahrnimmt.

In diesem Kapitel steht die Musik im Vorder- und Hintergrund: In der Bar wird gesungen, die Herren verlangen von den Bardamen, sie mögen „sonner la cloche“ – „die Glocke ertönen lassen“ – eine der Damen tut ihnen den Gefallen und lässt ihren Strumpfhalter auf den Oberschenkel schnalzen. Die Figuren sprechen über musikalische Themen – der Tratsch über Molly bezieht sich hier vornehmlich auf ihre Tätigkeit als Sängerin –, Lied- und Melodiefetzen scheinen in ihrem Bewusstsein auf. Die Struktur des Kapitels ist musikalisch geformt: So kann man die ersten Seiten als Ouvertüre bezeichnen, denn hier werden eine Reihe von – dem Leser zunächst unverständlichen – Sätzen exponiert, die erst im weiteren Verlauf ausgeführt werden und somit ihren Sinn im Handlungsgefüge erhalten, dann wiederholt und variiert werden. Der erste „Satz“ lautet zum Beispiel „Bronze bei Gold hörte die Hufeisen, stahlklingend.“ Zwei Seiten später wird er sinnhaft erweitert: „Bronze bei Gold, Miss Douces Kopf neben Miss Kennedys Kopf über der Kreuzblende der Ormond-Bar, hörte die vizeköniglichen Hufe vorüberklappern, klingenden Stahl.“ – was gegen Ende bruchstückhaft wieder aufgegriffen wird: „Nah Bronze von nah, nah Gold von fern“.

Die Sprache selbst ist rhythmisch. Teilweise imitiert sie den Rhythmus bestimmter Lieder. Dies ist als weiterer Versuch Blooms, den Gedanken an Mollys Ehebruch durch Erinnern oder Summen bestimmter Melodien zu verdrängen, interpretierbar. Dabei verwendet Joyce nicht nur musikalische Fachbegriffe („Eine Duodene von Vögeltönen zwitscherte hell diskantene Antwort“), sondern setzt auch musikalische Zeichen ein, wie das Wiederholungszeichen „:“, das auf Blooms kreisende Gedanken hinweist. Verschiedene Geräusche werden lautmalerisch dargestellt („Tapp. Tapp. Ein Jüngling, blind, mit tappendem Stock, kam tapptapptappend an Dalys Fenster vorbei“).

Die Personen und ihr Handeln werden vom Erzähler mit Begriffen und zahlreichen Zitaten aus musikalischen Werken beschrieben, wobei das Spektrum (meist irische) Volkslieder bis große Bühnenwerke wie Mozarts Don Giovanni umfasst. Unter anderem werden Meyerbeer, Händel, Mozart, Verdi, Offenbach, Donizetti und Bellini zitiert. Insgesamt sind Anspielungen auf über 150 musikalische Werke entdeckt worden.

Die titelgebenden Sirenen werden durch die Bardamen (hinter einem „Thekenriff“) repräsentiert, deren Verführungskünsten Bloom wie seinerzeit Odysseus ohne Gefahr gegenübertreten kann.

Die Erzählstruktur des Textes nutzt musikalische Techniken wie Fuge und Kanon, mit denen Joyce Handlung und Figuren in Szene setzt.
(Quellen: swr.de/swr2/hoerspiel & de.wikipedia.org)

Oh, oh, die Jungs von Kilkenny ... (Kapitel 3 – S. 63)
Oh, oh, die Jungs von Kilkenny … (Kapitel 3 – S. 63)
James Joyce: Ulysses (in dt. Übersetzung von Hans Wollschläger) / Penelope (The Last Chapter of ) / Flasche Kilkenny – Irish Red Ale / Fritz Janschka: Ulysses-Alphabet mit signierter Originalgraphik: Harenbergs Joyce

Personen des 11. Kapitels

Leopold Bloom, die Hauptfigur dieses Romans, tritt also wieder auf. Bloom ist der „moderner Held“ und als Kontrast zu dem homerischen Helden Odysseus zu verstehen. Er hat die Rolle eines Außenseiters, die sich vor allem darin spiegelt, dass er als Jude im katholischen Dublin lebt und dort einem antisemitischen Klima ausgeliefert ist.

Da sind die beiden Damen: ‚Bronze‘ Lydia Douce. bronzehaarige Bardame im Ormond Hotel, auf Boylan scharf, schamlos: Parallele zur Sirene, die sich ins Meer warf, nachdem der Versuch scheiterte, Odysseus zu betören – und ‚Gold‘ Mina Kennedy, die Goldhaarige.

Boylan, Hugh „Blazes“ Boylan kennen wir bereits als Freier um Molly/Penelope und Antagonisten von Bloom/Ulysses. Er ist Tournee-Manager und Sänger, sexueller Eroberer, Molly stört seine gefühllose Brutalität.

Matt Lenehan: Witzeklopper, unsymphatisch, einfältig, nervig, aufdringlich, wird meist ignoriert

Bloom trifft sich mit Richie Goulding, Stephen Dedalus‘ Onkel, Bruder von Stephens Mutter Mary, Rechtsanwalt, klägliche Figur, will für Bloom ein Auge auf Boylan haben, täglich Pillen gegen Rückenschmerzen, infolge alkoholischer Exzesse in der Jugend.

Musikalisch begegnen wir klavierspielend Pater Bob Cowley, einem korrupter Priester – Simon Dedalus, dem Vater von Stephen, Dilly, Maggy und Boody; einst erfolgreich, dann abgestürzter
Alkoholiker, angesehener Lebemann, gesellig, in Selbstmitleid und Trauer um seine gestorbene Frau Mary, vertrinkt alles Geld und lässt seine Töchter hungern, schimpft über Stephens Lebensstil als Künstler – sowie Benjamin „Big Ben“ Dollard, Bass-Bariton, Molly glaubt, seine tolle Stimme verdanke er seiner Körpergröße.

Anmerkungen zu diesem 11. Kapitel

Auch zu diesem Kapitel hier einige Anmerkungen und Erklärungen, die vielleicht helfen, mehr Verständnis für den Text zu erlangen. Natürlich bin ich mir nicht sicher, immer ‚das Richtige‘ gefunden zu haben. Für Korrekturen und weitere Anregungen bin ich dankbar:

S. 355: Idolores [Kofferwort]
‚Die hellen Sterne blassen … Bricht der Morgen an.‘ [Liedertext von John L. Hatton]
Sonnez [läuten]
La Cloche! [die Glocken]
Bloo. [wie im Original]
S. 356: Kock [Paul de Kock, frz. Romanschriftsteller]
Naminedamine. Alles dahin. Alle gefallen. [Text aus ‚The Croppy Boy‘, einer melodramatischen Ballade aus den 1840er Jahren über den Aufstand von 1798]
Pwii! …wii. [im Original: Pwee … wee.]
Lid Ker Cow De und Doll [wie im Original … and …]
S. 357: eau de Nil [Wasser des Nils = blasses Grün]
Blooder [im O. Bloowho – zu Bloom]
S. 358: beau [Schönling]
S. 359: Borax [Mineral, borsaures Natron]
Valet [Tschüss]
S. 360: Bloodessen [im O. Bloowhose]
Aaron Figatner [wohl jüdischer Juwelier]
S. 362: Cantrell & Cochrane [Ginger Ale]
S. 363: Solmisationsfabel [Art Noten im Mittelalter]
S. 364: en ville [in der Stadt]
Sur mer [auf See]
S 365: Koinzidenz [Zusammenfallen zweier Ereignisse]
S. 365 f.: Bloo läch mach ra. Chmittag. [im O. Bloo smi qui go. Ternoon]
S. 366: Duodene [12-Töne-Gruppe]
S. 367: Streck [Dehnung]
S. 368: … Goulding, Collis, Ward … [Rechtsanwaltspraxis – ironische Auflistung]
S. 370: Hat man ‘n Ständer gekriegt oder was? [im O. Gott he horn or what!]
Hitzerefraktor [eigentlich: Fernglas]
S. 371: Collard-Flügel [eigentlich: ‚Collard & Collard‘ – zwei Brüder]
S. 373: Drumcondra [Stadtteil von Dublin]
S. 374: Trommelfell … Häutchen [im O. tympanum … membrane]
Amoroso ma non troppo [verliebt, aber nicht zu sehr – ]
S. 375: Ben Howth [Ben of h. – hügeliges Gebiet bei Dublin]
S. 376: M’appari tutt’amor: Il mio sguardo l’incontr… [Sie erschien mir, reinste Liebe, ich entdeckte mit meinen Augendiesen Anblick der Freude]
Sonnambula [Oper von Bellini: Die Nachtwanderin]
Joe Maas [engl. Tenor, verstorben 1886]
S. 377: M’Guckin [Barton M’G., irischer Tenor, verstorben 1913]
Vartry-Wasser [Wasserreservoir südl. von Dublin]
Banshee [‚Frau aus den Hügeln‘, irisch = weiblicher Geist aus der Anderswelt]
Eine Tross [im O. thrush, Soor = Hefepilz]
S. 379: Hackbrett [im O. dulcimer – Musikinstrument]
Schockweise [60 Stück]
Da kann einen glatt ja. [im O. My head it simply (whirls) – Mein Kopf dreht sich einfach]
Glatt ja der Schwündel. [im O. your head it simple swurls (statt: swirls)]
S. 380: Cachous [mildes Kräuterbonbon mit Lakritzstückchen]
Ausgeleiert [im O. wore out]
Jenny-Lind-Suppe [nach Sängerin benannt, nachfolgend die Zutaten]
Martha [Geleibte Blooms, s. S. 101]
Lionels Lied [‚The Troppy Boy‘, irische Ballade, s.o., Liebe zwischen Martha und Lionel]
Ga [im O. pres]
S. 381: Siedolores [im O. Shedolores – she im Gegensatz zu I (sie … ich)]
S. 382: Irradiation [optische Täuschung]
Siopold! (Kofferwort: Simon – Leopold]
Theobald Matthew [irischer kath. Geistlicher -> Alkoholabstinenz]
Ihr welligwalligwilligwelwelwellig Haar ent k: ‘mmt. [im O. Her wavyavyeavyheavyeavyevyevy hair un comb:’d.]
S. 386: Fawcett [u.U. brit. Forschungsreisender, verschollen]
Freeman-Stab [Tageszeitung Dublins – Taktstock = im O. baton] -> Blooms zusammengerollte Zeitung
E’s griechisch [Epsilon (Majuskel Ε, Minuskel ε oder ϵ)]
Bloo mur [wie im O.: zu murmur = murmelt]
S. 387: Agendath [zionistische Pflanzergesellschaft]
S. 388: Henry [gemeint ist Bloom, s.S. 101]
Titbit [brit. Wochenmagazin]
Matcham [Matchum’s masterstroke (Geniestreich) – preisgekrönter Artikel in ‚Titbit‘ von Philip Beaufoy]
U.p.: up. [Postkarte an Josie Breen: UP -> soll bedeuten: Ihr Mann Dennis ist am Ende (psychische Erkrankung)]
Gerards Rosengarten [Pub]
S. 389: Pat. [Name der Bedienung]
mitraisiert [engl. mitred = auf Gehrung (schräger Zuschnitt) geschnitten]
S. 390: Yaschmak [Schleier]
Diskant [u.a. rechte Hälfte der Klaviatur]
S. 391: in quis est homo [Wer ist der Mann/Mensch]
Mercadente [it. Komponist]
Qui sdegno [… non s’accende = etwa: Hier leuchtet Verachtung nicht auf – Gesangsstück]
The Croppy Boy [1840 – Ballade über die Rebellion von 1798 gegen England]
S. 392: Falliert [in Konkurs gehen]
Der Priester war daheim … [Text aus ‚The Croppy Boy‘]
S. 393: … Jüngling hatt‘ eine einsame Halle … [Text aus ‚The Croppy Boy‘]
Seine Sünden … [Text aus ‚The Croppy Boy‘]
S. 394: Spinoza [niederl. Philosoph -> Ethik]
Beim Sturm auf Ross … [Text aus ‚The Croppy Boy‘]
S. 395: Von Schnuckiputzis allerliebstem Katerchen [im O. From Chickabiddy’s own Mumpsypum]
S. 396: apoplektisch [zu Schlaganfall neigend]
Mit heiser roher Wut … [Text aus ‚The Croppy Boy‘]
An den glatten vorstehenden Bierzapfhahn … [hier wird’s pornografisch … 😊]
S. 398: Lablache [it. Opernsänger/Bass]
Cachuchate [zu span. Solotanz]
S. 399: Die letzte Sommerrose [trad. Irisches Lied]
Demisemitriller [halb-halb – (in der Nähe von …)]
S. 400: Die Herren Beutel und Schneider [im O. Messrs. Pick and Pocket]
S. 401: da capo [‚vom Beginn‘ – Wiederholung]
S. 402: Stista. Siesah. [im o: Heehaw. Shesaw.]
Unschlitt [Talg]

In deutscher Sprache gibt es zwei Übersetzungen, zunächst die vom Verfasser, also James Joyce, autorisierte Übersetzung von Georg Goyert (1927) – dann die 1975 erschienene Neuübersetzung von Hans Wollschläger, auf die ich mich hier beziehe (ich habe die einmalige Sonderausgabe aus dem Jahr 1979 – 1. Auflage – Suhrkamp Verlag)

siehe auch: Abenteuer Ulysses von James Joyce (01): Vorgeplänkel
Abenteuer Ulysses von James Joyce (02): 1. Kapitel – Telemachos [Telemachie]
Abenteuer Ulysses von James Joyce (03): 2. Kapitel – Nestor [Telemachie]
Abenteuer Ulysses von James Joyce (04): 3. Kapitel – Proteus [Telemachie]
Abenteuer Ulysses von James Joyce (05): 4. Kapitel – Kalypso [Odyssee]
Abenteuer Ulysses von James Joyce (06): 5. Kapitel – Lotophagen [Odyssee]
Abenteuer Ulysses von James Joyce (07): 6. Kapitel – Hades [Odyssee]
Abenteuer Ulysses von James Joyce (08): 7. Kapitel – Äolus [Odyssee]
Abenteuer Ulysses von James Joyce (09): 8. Kapitel – Lästrygonen [Odyssee]
Abenteuer Ulysses von James Joyce (10): 9. Kapitel – Scylla & Charybdis [Odyssee]
Abenteuer Ulysses von James Joyce (11): 10. Kapitel – Symplegaden (Irrfelsen) [Odyssee]

Abenteuer Ulysses von James Joyce (11): 10. Kapitel – Symplegaden (Irrfelsen) [Odyssee]

Es ist nun, oh, Schreck, fast ein Jahr her, dass ich das 9. Kapitel des Ulysses von James Joyce abgehandelt habe. Hier nun endlich das 10. Kapitel des Jahrhundertromans:

Inhalt des 10. Kapitels:

Szene Straßen • Uhrzeit 15 Uhr

Im Kapitel „Irrfelsen“ weicht Joyce von seinem literarischen Leitfaden ab: Die „Irrfelsen“ (αἱ συμπληγάδες Symplegaden) werden in der Odyssee nur erwähnt und bilden keine eigene Episode. Odysseus vermeidet sie vielmehr, von Kirke gewarnt, und nimmt den Weg zwischen Skylla und Charybdis hindurch. Die Irrfelsen – kleine Inseln, die sich hin- und herbewegen und Schiffe, die zwischen ihnen hindurchzusteuern suchen, zu zerschmettern drohen – werden vielmehr sowohl von den Argonauten auf ihrer Fahrt als auch von Aeneas auf seinem Weg nach Italien durchquert.
In 19 Episoden werden Erlebnisse unterschiedlicher Bürger von Dublin erzählt, teilweise überschneiden und durchdringen sich diese Begebenheiten wie auch die Bewusstseinsströme der Protagonisten. „Irrfelsen“, bewegliche Felsen, rahmen das Kapitel ein: Zu Beginn sehen wir Father Conmee, stellvertretend für den „geistlichen Felsen“ Irlands, die katholische Kirche, der dem Sohn des verstorbenen Paddy Dignam einen Platz im Jesuitenkolleg von Artane sichern will. Er träumt von der Christianisierung der heidnischen Seelen Afrikas.

Da ist ein betrunkener Seemann, er grölt ein Lied wider England und ihm wirft Molly eine Münze aus dem Fenster zu; da sind die Schwestern Stephens, sie versuchen in Geldnot seine Bücher zu versetzen und holen ihren, dem Trunk ergebenen Vater aus dem Pub; und da ist Boylan, der für das Rendezvous um 16 Uhr vorab Molly einen Früchtekorb schickt; oder Stephen, er trifft seinen früheren Italienisch-Lehrer Artifoni und hat Gewissenbisse angesichts der armseligen Existenz seiner Schwestern; M’Coy und Lenehan verabreden sich im Ormond Hotel mit Boylan und reden über Lyons Wette; Bloom ist auf der Suche nach einem erotischen Buch für Molly; Martin Cunningham sammelt Geld für die Familie Dignam; Mulligan und Haines reden über Stephens beeindruckenden Intellekt, aber doch mangelnde künstlerische Begabung; und Dignams Sohn kann nur schwer Trauer über seinen toten Vater empfinden. Sie alle streift am Ende die Stadtfahrt der vizeköniglichen Kavalkade mit dem Repräsentanten Englands, der zur Eröffnung eines Basars fährt, als „weltlicher Felsen“ der Macht. Die Liffey – als Bosporus interpretierbar – trennt dabei Osten und Westen. Zwischen zwei „fremden“ Mächten (Kirche, Großbritannien) droht Irland wie zwischen den Irrfelsen aufgerieben zu werden und sich selbst zu verlieren.

Im Irrfelsen-Kapitel verlässt der Roman Bloom und Stephen Dedalus für eine Stunde; nur selten taucht Blooms schwarzer Anzug oder ein gebildeter Stephen-Gedanke im Gewirr der Bewusstseine auf. Das Kapitel widmet sich den anderen Bürgern Dublins und ihrem Alltag.
(Quellen: swr.de/swr2/hoerspiel & de.wikipedia.org)

Pater John Conmee © www.goodreads.com.
Pater John Conmee © www.goodreads.com.

Personen des 10. Kapitels

Wie schon erwähnt, tauchen in diesem Kapitel die Hauptfiguren Leopold Bloom und Stephen Dedalus nur ganz am Rande auf. Eine der Protagonisten ist Pater Conmee (Pater “Don” John). Conmee war ein echter Jesuitenpriester , der Autoritätspositionen am Clongowes Wood College und am Belvedere College innehatte, als Joyce diese Institutionen besuchte (im Alter von 6–9 bzw. 11–16 Jahren). Conmee ist zwar höflich, freundlich und wohlmeinend, aber selbstgefällig in Bezug auf seine geistliche Autorität und scheinbar taub gegenüber menschlichem Leid. Die Erzählung beschreibt Conmee in einem leichten Ton, der zu seinem luftigen Spaziergang an einem schönen Sommertag passt, aber die bösen Ironien können durchaus als vernichtend bezeichnet werden. Darin bringt Joyce seine Feindseligkeit gegenüber der hierarchischen Autorität der katholischen Kirche zum Ausdruck.

Anmerkungen zu diesem 10. Kapitel

Auch zu diesem Kapitel hier einige Anmerkungen und Erklärungen, die vielleicht helfen, mehr Verständnis für den Text zu erlangen. Natürlich bin ich mir nicht sicher, immer ‚das Richtige‘ gefunden zu haben. Für Korrekturen und weitere Anregungen bin ich dankbar:

S. 305: Presbyterium [Priesterseminar]
Artane [Vorort von Dublin]
Vere dignum et iustum est … [In Wahrheit ist es würdig und recht, billig und heilsam, dir immer und überall dankzusagen – Liedertext]
M.P. [Member of Parliament]
S. 306: Cockney [Londoner Mundart]
S. 307: Christian Brothers [Orden mit Lehrauftrag]
S. 308: Katastrophe in New York [Feuer und Untergang des Raddampfers ‚General Slocum‘ am 15.06.1904]
S. 310: Mr. Eugene Stratton [ein in den USA geborener Tänzer und Sänger]
Peter Claver S.J. [Petrus C., spanischer Jesuit und Missionar 16./17. Jh.]
Le Nombre des Élus [Die Zahl der Auserwählten]
(D.V.) [Deo volente – Gottes Wille]
Lord Talbot [erblicher brit. Adelstitel für Irland]
S. 311: eiaculatio seminis inter vas naturale mulieris [Ejakulation von Samen in die Vagina der Frau]
Breiten [im S. von Reichhaltigkeit]
Moutonner [Schafs… gesprenkelt]
S. 312: Nonen [Non = 9. Stunde der Stundengebete]
Deus in adiutorium [Gott, merk auf meine Hilfe]
Res [Dinge]
Beati immaculati [Glücklich die Rechtschaffenen]
Principium verborum tuorum veritas: in eternum omnia iudicia iustitiae tuae [Gesegnet sind die Unbefleckten: Der Anfang deiner Worte ist Wahrheit: Alle Beweise deiner Gerechtigkeit sind ewig]
Sin: Principes persecuti sunt me gratis: et a verbis tuis formidavit cor meum [Denn ‚Prinzen‘ haben mich ohne Grund verfolgt und mein Herz war in Ehrfurcht vor deinem Wort]
S. 315: Skiff [kleines Segelboot]
Elias kommt … [signalisiert die Wiederkehr des Erlösers]
S. 316: H.E.L.Y.‘S [5 Männer, die durch das Tragen von roten Buchstaben auf weißen Hüten für Hely’s Niederlassungsfreiheit werben – vgl. S. 150: Wisdom Hely, Reisender in Löschpapier]
Fuppe [Tasche, die man an sich trägt]
S. 317: Goldsmith [irischer Schriftsteller]
Anch’io ho avuto di queste idee, … quand‘ ero giovine come Lei. Eppoi mi sono convinto che il mondo è una bestia. È peccato. Perchè la sua voce… sarebbe un cespite di rendita, via. Invece, Lei si sacrifica [Auch ich hatte diese Ideen, als ich jung war wie du. Und dann bin ich davon überzeugt, dass die Welt ein Tier ist. Es ist schade. Denn seine Stimme … wäre eine Annuität (Tilgungsrechnung mit Zinsen), los. Stattdessen opferst du dich selbst]
Sacrifizio incruento. … [Unblutiges Opfer]
Speriamo. … Ma, dia retta a me. Ci rifletta [Lass uns hoffen. Aber hör mir zu. Denk darüber nach]
moustachiert [schnurbärtig]
Grattan [irischer Politiker]
S. 318: Inchicore [Stadtteil von Dublin]
Ci rifletteró [Ich denke drüber nach]
Ma, sul serio, eh? [Aber im Ernst, oder?]
Eccolo [Da ist er]
Venga a trovarmi e ci pensi. Addio, caro. … Arrivederla, maestro. E grazie. … Di che? Scusi, eh? Tante belle cose! [Kommen Sie zu mir und denken Sie darüber nach. Auf Wiedersehen, mein Lieber. – Kommen Sie an, Meister. Und danke. – Wie wäre es mit? Entschuldigung, hm? Viele schöne Dinge!]
S. 319: Marie Kendall [brit. Schauspielerin]
Susy Nagle [Dubliner Persönlichkeit]
Im Ormond [Hotel]
Zwei rosa Gesichter … [John Conmee ist eine der Personen]
S. 320: Kildares [10. Earl – Aufstand gegen England]
S. 321: Earl of Kildare [anglo-irische Lords]
S. 322: Nisi-Prius-Gericht [rechtl. Begriff: „Es sei denn, bevor …“]
S. 327: Furchtbare Enthüllungen von Maria Monk [Buch über den Missbrauch von Nonnen in Montreal – gilt als Schwindel]
S. 328: Déshabillé [Haus- und Morgenkleid]
S. 329: Exparte-Antrag [‚im Auftrag von …‘]
S. 332: Pulbrook Robertson [& Co. – Firma für Tee]
Pimlico [Stadtteil in London]
Explosion auf der General Slocum [siehe oben zu S. 308]
S. 334: Emmet [Anführer einer Rebellion gegen England]
Dublin Distillers Company [D.W.D. – irischer Whiskey]
S. 336: Hanken [Oberschenkel (eines Pferdes)]
Antisthenes [griech. Philosoph, Schüler Sokrates‘]
S. 337: Curé [Pfarrer]
Alumno optimo, palmam ferenti [bester Schüler, Preisträger]
Se el yilo nabrakada femininum! Amor me solo! Sanktus! [Kleiner Himmel gesegneter Weiblichkeit! Liebe nur mich! Heilig!]
Mummelpotts Joachim [J. on Fiore: Buch der Weissagungen]
S. 340: Bailiff [Verwalter]
Lobengula [afrikanischer König 19. Jh., imposante Gestalt]
Lynchehaun [James L., Krimineller]
S. 341: … er soll sich mit seinem Schrieb die Flöte wischen … [i.O.: that writ where Jacko put the nuts …]
S. 342: … der Jude liebreich ist … [Shakespeare: Kaufmann von Venedig]
S. 343: Henry Clay [Zigarre]
Herren patres conscripti [i.S. von Senatoren / Väter/Beigeordnete]
Llandudno [Badeort in Wales]
Locum tenes [Art Stellvertreter]

S. 345: Panama [Hut]
schuckert [(er-)zittern]
Aengus [irische Sagengestalt]
S. 347: Coactus volui [Ich wollte gezwungen werden]
S. 348: Pucker [eigentl. Falten, hier wohl: Boxer]
Myler Keogh [Boxkämpfer]
S. 351: G.C.V.O. [Grand Cross oft he Royal Victorian Order – Ritter]
S. 352: dernier cri [allerletzte Neuheit – letzter Schrei]
S. 353: cortège [Gefolge, Prozession]

In deutscher Sprache gibt es zwei Übersetzungen, zunächst die vom Verfasser, also James Joyce, autorisierte Übersetzung von Georg Goyert (1927) – dann die 1975 erschienene Neuübersetzung von Hans Wollschläger, auf die ich mich hier beziehe (ich habe die einmalige Sonderausgabe aus dem Jahr 1979 – 1. Auflage – Suhrkamp Verlag)

siehe auch: Abenteuer Ulysses von James Joyce (01): Vorgeplänkel
Abenteuer Ulysses von James Joyce (02): 1. Kapitel – Telemachos [Telemachie]
Abenteuer Ulysses von James Joyce (03): 2. Kapitel – Nestor [Telemachie]
Abenteuer Ulysses von James Joyce (04): 3. Kapitel – Proteus [Telemachie]
Abenteuer Ulysses von James Joyce (05): 4. Kapitel – Kalypso [Odyssee]
Abenteuer Ulysses von James Joyce (06): 5. Kapitel – Lotophagen [Odyssee]
Abenteuer Ulysses von James Joyce (07): 6. Kapitel – Hades [Odyssee]
Abenteuer Ulysses von James Joyce (08): 7. Kapitel – Äolus [Odyssee]
Abenteuer Ulysses von James Joyce (09): 8. Kapitel – Lästrygonen [Odyssee]
Abenteuer Ulysses von James Joyce (10): 9. Kapitel – Scylla & Charybdis [Odyssee]

Willis Plaudereien (11): Rentner haben keine Zeit

Sorry, aber ich gerate mehr und mehr ins Hintertreffen. Dabei habe ich so viel ‚auf dem Zettel‘ (im wahrsten Sinne des Wortes). Aber Rentner, und ich bin einer, haben bekanntlich keine Zeit. Es ist schon erstaunlich, wie sehr die Zeit dahinfliegt, wie die Zeit verplant ist (oft auch durch andere, die mich gern in Anspruch nehmen).

Willi mit Helm in grün (Edelsteinminen Idar-Oberstein Juli 2019)
Willi mit Helm in grün (Edelsteinminen Idar-Oberstein Juli 2019)

Als Großvater einer jetzt 16 Monate alten Enkelin gehört natürlich ein Teil dieser Zeit diesem Kinde. Die Eltern der Kleinen wohnen gleich nebenan, und meine Frau und ich springen gern ein, wenn wir auf sie aufpassen sollen. Es ist schon unbezahlbar schön zu sehen, wie die Zuneigung zwischen uns und ihr auf Gegenseitigkeit beruht. Es geht nichts über ein Kinderlächeln!

Und dann haben meine Frau und ich ein 49-Euro-Ticket, das ausgeschöpft werden sollte. So fahren wir mit Bahn und Bus, um die weitere Umgebung unsicher zu machen. Und da mein Sohn (der Vater des Kindes) in Elternurlaub ist und ebenfalls zz. ein solches Ticket besitzt, so fahren wir zu viert nach Bremen, Hamburg oder Bremerhaven, um Freilichtmuseen, Zoos oder Parks zu besuchen.

Und dann gibt es den Garten, der ab und zu gepflegt werden muss. Die Steuererklärung liegt auch schon lange unerledigt bereit. Freunde und Bekannte besuchen einen oder wir werden zu denen eingeladen. Ach, es gibt so viel, das mich von diesem Blog fern hält. Und wenn das Wetter schön ist, bin ich lieber mit dem Rad unterwegs oder liege in der Sonne und lese ein gutes Buch (genau die, die ich hier anschließend gern besprechen möchte).

Ich habe über WhatsApp eine Gruppe (‚Musik-2-3-4‘) eingerichtet, über die ich mich mit meinen Lieben, Verwandten und Freunden über Musik im engeren wie im weiteren Sinne austausche (und auch kleine Ausschnitte aus gesehenen Filmen übermittle). Da bleibt die Arbeit an diesem Blog eben liegen …

Abenteuer Ulysses von James Joyce (10): 9. Kapitel – Scylla & Charybdis [Odyssee]

Jetzt soll es also etwas schneller voran gehen (na ja): Heute komme ich somit zum 9. Kapitel des Ulysses von James Joyce, das in der Bibliothek, genauer der National Library in Dublin spielt.

Scylla ist ein menschenverschlingendes Meeresungeheuer aus der griechischen Mythologie mit dem Oberkörper einer jungen Frau und einem Unterleib, der aus sechs Hunden besteht. Charybdis ist ein gestaltloses Meeresungeheuer aus der griechischen Mythologie, das gemeinsam mit der Skylla an einer Meerenge gelebt haben soll und dort einen Strudel verursachte, in dem ganze Schiffe versanken. In der literarischen Vorlage, den Irrfahrten des Odysseus, passiert dieser mit seinen Gefährten diese Meerenge. Odysseus lässt seine Gefährten in möglichst großer Entfernung von Charybdis und damit nahe an Skylla vorbeirudern, die sechs von ihnen verschlingt.

Inhalt des 9. Kapitels: Scylla & Charybdis (Bibliothek)

Dieses Kapitel spielt in der Nationalbibliothek ab 14 Uhr. Hauptsächlich geht es um das Werk Shakespeares, das in den Gesprächen zwischen Stephen Dedalus, Mulligan und einigen Gelehrten mit Leben gefüllt wird. Entgegen einer rein ästhetischen Deutung („Ich [Russell] finde, wenn wir die Poesie des König Lear lesen, was schert es uns, wie der Dichter lebte?“) legt Stephen seine biographische Interpretation vor. Diese kulminiert in der – von Stephen selbst nicht ernst genommenen – These über Hamlet, dass der Geist des Königs Shakespeare selbst und Prinz Hamlet die Verkörperung des mit elf Jahren verstorbenen unbekannten Sohnes des Dichters, Hamnet, darstelle: „Was seine Familie betrifft, sagte Stephen, so lebt seiner Mutter Name im Wald von Arden. Ihr Tod brachte ihm die Szene mit Volumnia im Coriolan. Seines Knabensohns Tod ist die Sterbeszene des jungen Arthur im König Johann. Hamlet, der schwarze Prinz, ist Hamnet Shakespeare.“

Poster advertising Mrs. Bandmann-Palmer's six performances at Dublin's Gaiety Theatre during the week of 16 June 1904. Source: chem.engr.utc.edu
Poster advertising Mrs. Bandmann-Palmer’s six performances at Dublin’s Gaiety Theatre during the week of 16 June 1904. Source: chem.engr.utc.edu

Stephen sieht sich selbst in Shakespeare gespiegelt: Wie dieser sich zwischen der Metropole London und dem kleinstädtischen Stratford entscheiden musste, so sieht Stephen sein Leben zerrissen zwischen Paris als Zentrum der Kunst und dem provinziellen Dublin. Und soll er überhaupt hier um Anerkennung ringen? Dieser ambivalente Konflikt bedroht ihn – wie Odysseus die Meerenge von Skylla und Charbydis. Stephen will ihn überwinden, indem er seine Zuhörer eloquent provoziert. Er leitet in theatralischem Gestus und wie ein dialektisch argumentierender Sophist Shakespeares »Hamlet« aus der Biografie des Dramatikers ab. Die Runde, zu der sich später Mulligan gesellt, ist beeindruckt, wenn auch nicht überzeugt. Beiläufig räumt Stephen am Ende ein, seine Theorie selbst nicht zu glauben.

In dem Kapitel geht es jedoch auch um Buchwissen in größerem Rahmen. Berühmte Namen der Weltliteratur (Platon, Boccaccio, Cervantes, Goethe, Maeterlinck, Dumas) wie der englischen (Wordsworth, Coleridge, Tennyson, Shelley) und der irischen Literatur (Yeats, Shaw) werden aufgerufen.

Die Bücher werden zueinander in Beziehung gesetzt – was auch auf das Verfahren verweist, das Joyce selbst in seinem Ulysses anwendet: „Heute würden wir natürlich keine nordische Sage mehr mit einem Roman-Exzerpt von George Meredith kombinieren […]. Er [Shakespeare] verlegt Böhmen ans Meer und läßt Odysseus Aristoteles zitieren.“
Obwohl Bloom sich ebenfalls in der Bibliothek befindet, treffen Stephen und er sich jedoch nicht, da Bloom es vorzieht, das Gesäß einer Statue der Venus Kallipygos eingehender zu betrachten. Der Titel des Kapitels verweist auf seine Versuche, niemandem direkt zu begegnen, und auf die Thesen und Antithesen, mit denen Stephen und seine Gesprächspartner ihren dialektischen Disput führen.

Als Stephan Dedalus und Mulligan die Bibliothek verlassen, kommt ihnen Bloom auf der Treppe entgegen. Erstmalig begegnen sich Stephen und Bloom flüchtig. Mulligan hatte Bloom zuvor beim Studium von Aphrodites Hintern beobachtet und lästert nun über diesen Po-fixierten Juden. Dadurch weckt er Stephens Interesse an ihm – denn beide sind Außenseiter.

(Quellen: swr.de/swr2/hoerspiel & de.wikipedia.org)

Personen des 9. Kapitels

In diesem Kapitel tritt der eine Hauptakteur des Romans, Leopold Bloom, nur am Rande auf. Im Mittelpunkt steht der zweite Hauptakteur, Stephen Dadalus, der einen modernen Telemachus (Sohn des Odysseus), der auf der Suche nach einem geistigen Vater ist, verkörpert. Er ist Lehrer in Dublin, nachdem er aus Paris zurückgekehrt ist.

Als Widersacher von Dadalus tritt in diesem Kapitel „Buck“ Malachi Mulligan auf, ein Medizinstudent und Mitbewohner von Stephen, Angeber, Genießer, zeigt vor traditionellen Werten keinen Respekt, extrovertiert, spöttisch, arrogant, zynisch: Er ist neidisch auf Stephens Intellekt, klaut seine Ideen und macht Witze auf seine Kosten.

Des Weiteren finden wir John Eglinton vor, einen führenden Essayist, der Stephen herablassend behandelt und nicht versteht, warum Stephen seine Zeit mit einer Theorie verschwendet, an die er nicht glaubt. Der Name ist ein Pseudonym für William Kirkpatrick Magee. Dieser war leitender Bibliothekar der National Library of Ireland.

Gleich anfangs auf Seite 259 tritt der als Quäker-Bibliothekar bezeichnete Thomas W. Lepter auf, Direktor der National Library. Eine Nebenfigur ist Dr. Richard Best, Bibliothekar und Anhänger irischer Mythen sowie Oskar Wildes.

Anmerkungen zu diesem 9. Kapitel

Auch zu diesem Kapitel hier einige Anmerkungen und Erklärungen, die vielleicht helfen, mehr Verständnis für den Text zu erlangen. Natürlich bin ich mir nicht sicher, immer ‚das Richtige‘ gefunden zu haben. Für Korrekturen und weitere Anregungen bin ich dankbar:

S. 259: Scylla & Charybdis [being between S. & Ch., bezeichnet eine englische Redensart, der Rat, das kleine von zwei Übeln zu wählen]
Cinque-Pace [Tanz, dessen Schritte durch die Zahl 5 geregelt ist]
courantieren [als Kurator betreuen]
Monsieur de la Palisse [eigentl. Palice, frz. Adliger und Militär 16. Jh.]
Die Sorgen Satans [Gedicht von John Milton – 1667]
S. 260: Ollav [gelehrter Mann im alten irland]
Ed egli avea … [Und er hatte aus seinem Arsch eine Trompete gemacht]
der Fremdling in ihrem Haus [die Engländer]
Tinahely [irische Stadt]
Gustave Moreau [frz. Maler 19. Jh.]
S. 261: Hiesos Kristos [Jesus Christus]
O pfui! So eine Schande! Fi donc! [i.O. O, fie! Out on’t! Pfuiteufel!]
S. 262: peripatetisch [auf die Lehre Aristoteles beruhend]
Blakes Hintern [William Blake, engl. Dichter]
Jubainville [frz. Keltologe]
Hyde [irischer Dichter]
aurisch [bäuerisch]
S. 263: Mallarmé [frz. Dichter]
Phäaken [Volk der griechischen Mythologie]
il se promène, lisant au livre de lui-même [er geht, liest aus dem Buch seiner selbst]
.. ou Le Distrait [… oder die Geistesabwesenden]
sumptuös [üppig]
Robert Greene [engl. Schriftsteller 16. Jh. – Spott auf Shakespeare]
Mr. Swinburne [engl. Dichter 19. Jh., bekannt für MS-Erotik]
S. 264: limbo patrum [Ort der Seelen der verstorbenen Gerechten/Frommen – Umgrenzung/die Vorhölle des Vaters]
Bär Sackerson [‚Bär‘ aus Shakespeares Die lustigen Weiber von Windsor]
Rahe [Stange am Segel]
S. 265: Schwan von Avon [gemeint ist Shakespeare]
Burbage [Schauspieler 16./17. Jh.]
Hamnet Sh. [Sohn von Sh., starb 11-jährig an der Pest]
S. 266: Villiers de l’Isle [frz. Schriftsteller 19. Jh.]
Mananaan MacLir [Sagengestalt der irischen Mythologie/Gott des Meeres]
Entelechie [sich in Stoff verwirklichende Form]
A.E.I.O.U. [Habsburger Wahlspruch, u.a. Österreich wird bestehen bis ans Ende der Welt – die 5 Vokale des Alphabets]
S. 267: Liliata rutilantium [Möge die Schar der Beichtväter, leuchtend wie Lilien, dich umgeben. Möge der Chor der jubelnden Jungfrauen dich aufnehmen]
Frau Myrto [nach Xanthippe 2. Frau von Sokrates]
absit nomen [der Name fehlt]
Sokratidions Epipsychidion [poetisches Werk von Percy B. Shelley von 1821: „Betreffend oder über die kleine Seele“]
Archont [„Herrscher“/athenischer Beamter]
S. 268: Lollarden [Mitglieder einer englischen religiösen Bewegung 14. Jh. – Reform der kath. Kirche]
S. 269: Homespun [Hausgemachtes]
Homestead [Heimstätte]
Peter Piper packte … [i.O. Peter Piper pecked a peck of pick of peck of pickled pepper]
Pali [Schriftsprache der Buddhisten]
mahamahatma [mahatma = große Seele]
Pisang [Berg in Nepal]
S. 270: Drover [Viehtreiber]
Dr. Sigerson [irischer Wissenschaftler und Poet 19./20. Jh.]
Cordoglio [Beileid]
S. 271: Vestalin [Priesterin der Vesta, Hüterin des Feuers]
S. 272: Ta an bad ar an tir. Taim in mo shagart [Das Boot ist auf dem Land. Ich bin Priester]
E quando vede l’uomo l’attosca [Und als der den Mann sieht, greift er ihn an]
Brunetto [B. Latini, 13. Jh., Staatsmann, Schriftsteller und väterl. Freund Dantes]
S. 273: Drummond von Hawthronden [William – schottisches Dichter – Hawthorn = Weißdorn]
Renan [frz. Schriftsteller, 19. Jh.]
S. 274: Perikles [führender Staatsmann Athens, 5. Jh. v. Chr.]
Marina [zu Shakespeares Perikles, Prinz von Tyrus]
Apokryphen [Schriften außerhalb des biblische Kanons]
Bacon [Francis B., soll Werke von Shakespeare geschrieben haben]
Tir na n-og [„Land der ewigen Jugend“ – Anderswelt der irisch-keltischen Mythologie]
Mr. Sidney Lee [engl. Literaturhistoriker]
Miranda … Perdita [aus Sh.s Wintermärchen]
L’art d’être grand... [Die Kunst, großartig zu sein]
S. 275: buonaroba [„gutes Zeug“]
S. 276: Lukrezia [bezogen auf Sh.s episches Gedicht]
Imogen [Figur aus Sh.s Stück]
konsubstantiell [wesensgleich]
Entr’acte [Pause/Intervall]
S. 277: Photius [Patriarch von Konstantinopel, 9. Jh.]
Johann Most [19. Jh., sozialistscher Politiker und Redakteur]
Er, der Sich Selbst erzeugte … [gemeint ist Jesus Christus]
S. 278: Synge [John Millicent S. – 11 Jahre vor Joyce geboren]
D.B.C. [Public Bread Company – führte u.a. Restaurants]
Vining [Schauspieler zur Zeit Sh. – Sonette „Schöne Jugend“ – V. galt als hübscher, weiblich junger Mann]
man all hues [Mann aller Farbtöne]
Hughes … hews [hauen, schlagen]
S. 279: Ephebe [wehrfähiger, junger Mann im alten Griechenland]
Usquebaugh [Lebenswasser – Whiskey]
Kinchit [sanskrit: klein]
S. 280: palabras [span. Wörter]
Oisin [„Hirschlein“ aus der keltischen Sagenwelt – war ein Dichter]
C’est vendredi saint! [Es ist Karfreitag!]
S. 281: Richter Madden [Dodgsin Hamilton M., Studie zu Shakespeare, 1897]
Galliarde [Tanz im 3er-Takt]
Ikey Moses [Ikey Mo – antisemitische Bezeichnung]
S. 282: Venus Kallipyge [Venus des schönen Gesäßes]
Griselda [Sinnbild für Geduld und Gerhorsam]
Antisthenes [Philosoph der Genügsamkeit]
Menelaos [König von Sparta]
Sir Walter Raleigh [Seefahrer, 16./17. Jh.]
Eliza Tudor [gemeint ist Elisabeth I – 16. Jh.]
konjugial [ehelich]
skortatorisch [hurerisch]
Manningham … Dick Burbage [zwei Schauspieler 16./17. Jh.]
S. 283: Cours la Reine. Encore vingt sous. Nous ferons de petites cochonneries. Minette? Tu veux? [Führen Sie die Königin. Weitere zwanzig Sous. Wir werden wenig Müll machen. Kätzchen? Sie wollen? – Cunnilingus]
Sir William Davenant [Schriftsteller/Theaterdirektor 17. Jh.]
Margaret Mary Anycock [M.M. Alacoque – 17. Jh., frz. Nonne mit hingebungsvollem Leben]
sechsmal beweibten Harry [Heinrich VIII]
Lawn Tennison [bezieht sich auf ein Tennisturnier – Alfred Lord T.]
S. 284: die süße Ann [Shakespeares Frau]
S. 285: Zehentherr [1/10-Abgabe]
Separatio a mensa et a thalamo [Trennung von Tisch und Bett/Schlafzimmer]
S. 286: Nell Gwynn [Schauspielerin 17. Jh., Mätresse von Charles II]
Herpyllis [Konkubine von Aristoteles]
Shylock [Sh.: Kaufmann von Venedig]
S. 287: Chettle [engl. Dramatiker, lebte zu Shakespeares Zeiten]
Falstaff [dicker, angeberischer soldat in mehreren Stücken Sh.s]
Aubrey [Antiquariat zz. Shakespeares]
Philosophaster [Zerrbild eines Philosophen]
Mafeking [Schlacht bei M., Südafrika, 1899/1900]
Mingo, minxi, mictum, mingere [Urinieren, konjugiert]
Sufflaminandus sum [Ich soll mich inspirieren lassen]
S. 288: Amplius. In societate humana hoc est maxime necessarium ut sit amicitia inter multos. [Weiter. In der menschlichen Gesellschaft ist es am notwendigsten, dass unter vielen Freundschaft entsteht]
Ora pro nobis [Bete für uns]
Pogue mahone! Acushla machree! [anglisiertes Irisch-Gälisch: Po’g mo tho’n. A chuisle mo chroi – Kiss my arse! Oh, Puls meines Herzens = figürlich für Liebling]
Esels. Oder seiner Eseling … [i.O. jackass … jennyass]
S. 289: Requiescat! [Finde Ruhe!]
Quart Sack [Sack = alter Ausdruck für Wein]
inquit … [sagt …]
S. 290: ultonisch [betrifft einen von 4 Zyklen der keltischen Mythologie]
Antrim [Stadt in Nordirland]
nel mezzo del cammin di nostra vita [Mitten auf der Reise unseres Lebens]
der bartlose Student aus Wittenberg [es ist wohl Martin Luther gemeint]
John Shakespeare [Vater von William S.]
Boccaccios Calandrino [siehe „Dekameron“ – 8. Tag, 3. Geschichte]
Amor matris [Mutterliebe]
subjektiver und objektiver Genetiv -> Genetivus subjectivus [Genetiv in Hinsicht auf den Urheber: Liebe der Mutter] … und objectivus [Genetiv in Hinsicht auf das Objekt: Liebe zur Mutter] – im Lateinischen wird beides gleich gebildet
Legal-Fiktion [Rechtswissenschaft: gesetzliche Anordnung, tatsächliche Umstände als gegeben zu behandeln, obwohl sie in Wirklichkeit nicht vorliegen, z.B. Erbschaft eines gezeugten, aber noch nicht geborenen Kindes]
S. 291: Amplius. Adhuc. Iterum. Postea. [Weiter. Still. Nochmal. Nachher. – Seitdem immer wieder mehr]
Sabellius [Priester, 3. Jh.]
Bulldogge von Aquin [Thomas von Aquin, Theologe/Philosoph 13. Jh.]
Rutlandbaconsouthamptonshakespeare [u.a. Edmund Earl of Rutland, Bruder von Edward IV usw. – ansonsten stellt sich die Frage, wer der wahre Urheber des Hamlet ist]
S. 292: Eglantine [bezogen auf Eglinton, frz. Hagebutte]
Pallas Athene [u.a. Schutzgöttin von Odysseus – aus dem Mund vom Zeus geboren]
seiner Mutter name im Wald von Arden [Mary Arden, Mutter von Sh.]
Coriolan [Tragödie von Sh., spielt in Rom]
Gatherer [„Sammler“]
S. 293: honorificabilitudinitatibus [etwa: der Zustand, Ehrungen erreichen zu können …]
S. 294: Shottery [Dorf in der Nähe von Stratford]
Autontimorumenos [gr. „Selbstbestrafer“]
Bous Stephanoumenos [bezogen auf Stephan – bekränzter Stier – Sternbild]
S. D: sua donna. Già: di lui. gelindo risolve di non amare S. D. [Stephen Dadalus: seine Frau. Ja: von ihm. Gelindo beschließt, S. D. nicht zu lieben]
Artifex [Handwerker der visuellen Künste im Mittelalter]
Icarus [sein Vater Daedalus -> Dadalus – war Erfinder]
S. 296: Sidneys Arcadia [Philip S., 16. Jh. – A., die Gräfin von Pembroke – pastorale Romanze]
Que voulez-vous? [Was willst du?]
Beiden Veronesern [Romeo und Julia? – i.O.: The Two Gentlemen of Verona]
protasis, epitasis, katastasis, katastrophe [gr. 1. Vorschlag – 2. Dringlichkeit – 3. Reinigung – Zerstörung -> 1. Vordersatz – 2. Steigerung der Handlung – 3. Höhepunkt]
Maynooth [Stadt in Irland]
S. 298: dio boia [nachfolgend erklärt: Henkergott]
Heureka! [Ich habe (es] gefunden!]
S. 299: französisches Dreieck [auch Napoleon-Dreieck: über die Seiten ABC werden die gleichseitigen Dreiecke gezeichnet]
Rutland-Theorie [Earl of R. könnte Verfasser des Hamlets ein]
Egomen [zu egoman – evtl. ist auch das Literaturmagazin ‚The Egoist‘ gemeint, das Teile von Joyce‘ A Portrait of the Artist as a Young Man‘ veröffentlicht hatte]
Dana [Zeitschrift]
Frett ‚rein [i.O. Fraidrine – fraid = Angst – gemeint ist Fred Ryan, Herausgeber der Zeitschrift Dana]
S. 300: Summa contra Gentiles [Buch von Thomas von Aquin: „Summe gegen die Heiden“ – Untertitel: Über die Wahrheit des katologisch Glaubens]
Aengus [Sagengestalt Macan Óc = der junge Knabe]
Notre ami [unser Freund]
S. 301: Polysyllaben [vielsilbiges Wort]
Mincius [ital. Fluss]
femme de trente ans [30-jährige Frau]
Phädon [Werk von Platon -> Dialog mit einem zum Tode Verurteilten (Verführung der Jugend)]
S. 302 Tommy [gemeint ist wohl der Engländer]
Indices [hier z.B. Zeigefinger, Teilstrich auf Zifferblatt]
S. 303: marcato [lauter, kraftvoller]
Erin [latinisierter Name des gälischen Namens für Irland – Eireann]
S. 304: Portikus [überdachter Säulengang]
Ochsenford [i.O. Oxenford, u.a. John O., engl. Dramatiker 19. Jh., Übersetzer von Goethe ins Englische]
hierophanrisch [offenbar machend]

In deutscher Sprache gibt es zwei Übersetzungen, zunächst die vom Verfasser, also James Joyce, autorisierte Übersetzung von Georg Goyert (1927) – dann die 1975 erschienene Neuübersetzung von Hans Wollschläger, auf die ich mich hier beziehe (ich habe die einmalige Sonderausgabe aus dem Jahr 1979 – 1. Auflage – Suhrkamp Verlag)

siehe auch: Abenteuer Ulysses von James Joyce (01): Vorgeplänkel
Abenteuer Ulysses von James Joyce (02): 1. Kapitel – Telemachos [Telemachie]
Abenteuer Ulysses von James Joyce (03): 2. Kapitel – Nestor [Telemachie]
Abenteuer Ulysses von James Joyce (04): 3. Kapitel – Proteus [Telemachie]
Abenteuer Ulysses von James Joyce (05): 4. Kapitel – Kalypso [Odyssee]
Abenteuer Ulysses von James Joyce (06): 5. Kapitel – Lotophagen [Odyssee]
Abenteuer Ulysses von James Joyce (07): 6. Kapitel – Hades [Odyssee]
Abenteuer Ulysses von James Joyce (08): 7. Kapitel – Äolus [Odyssee]
Abenteuer Ulysses von James Joyce (09): 8. Kapitel – Lästrygonen [Odyssee]

Arnaldur Indriðason: Drei Island-Krimis um Kommissar Erlendur Sveinsson

    Das Ganze ist ein einziger verdammter Sumpf.
    Erlendur Sveinsson, Kriminalbeamter

Längst wissen wir es: Krimis aus den skandinavischen Länder haben es in sich. Kommissar Wallander aus Schweden hat seit geraumer Zeit auch einen Kollegen in Islands Hauptstadt Reykjavík namens Erlendur Sveinsson. Drei der von Arnaldur Indriðason verfassten Kriminalromane zu diesem Ermittler habe ich nun gelesen.

Wer es vielleicht noch nicht weiß: In Island duzt man sich und spricht sich mit Vornamen an. Der zweite Name gibt eigentlich nur Auskunft über den Vornamen des Vaters (oder der Mutter), Vaters- bzw. Muttersname genannt. Und da sind viele andere Dinge aus einer Gegend, die uns fremd und vertraut zugleich erscheinen. Diese Island-Krimis bieten nicht nur Spannung, sondern auch Einblicke in den isländischen Alltag.

Arnaldur Indriðason, Jahrgang 1961, war Journalist und Filmkritiker bei Islands größter Tageszeitung. Heute lebt er als freier Autor in Reykjavík und veröffentlicht mit sensationellem Erfolg seine Romane. Sie belegen seit Jahren die oberen Ränge der Bestsellerliste in Island. Mit ihm hat Island einen prominetnen Platz auf der europäischen Krimilandschaft erobert. Alle von mir gelesenen Kriminalromane wurden von Coletta Bürling aus dem Isländischen übersetzt.

Arnaldur Indriðason: Drei Island-Krimis um Kommissar Erlendur Sveinsson
Arnaldur Indriðason: Drei Island-Krimis um Kommissar Erlendur Sveinsson

Menschensöhne – 1. Fall

Island, eine friedliche Insel im Nordatlantik? Mitnichten. Ein pensionierter Lehrer wird in der Innenstadt von Reykjyvík brutal ermordet. Zur gleichen Zeit begeht einer seiner ehemaligen Schüler in der psychiatrischen Klinik Selbstmord. Dass ein Zusammenhang zwischen den beiden Fällen besteht, findet als erster der jüngere Bruder des Selbstmörders heraus. Erlendur und seine Kollegen von der Kripo Reykjavík schalten sich ein …

Nordermoor – 3. Fall

Dieser Krimi wurde als erster ins Deutsche übersetzt: Was zunächst aussieht wie ein typisch isländischer Mord – schäbig, sinnlos und schlampig ausgeführt – , erweist sich als überaus schwieriger Fall für Erlendur von der Kripo Reykjavík. Wer ist der tote alte Mann in der Souterrainwohnung in Nordermoor? Warum hinterlässt der Mörder eine Nachricht bei seinem Opfer, die niemand versteht? – Während schwere Islandtiefs sich über der Insel im Nordatlantik austoben, wird eine weitere Leiche gefunden …

Todeshauch – 4. Fall

In einer Baugrube am Stadtrand von Reykjavík werden menschliche Knochen gefunden. Wer ist der Tote, der hier verscharrt wurde? Wurde er tatsächlich lebendig begraben? Erlendur und seine Kollegen von der Kripo Reykjavík rollen Stück für Stück brutale Ereignisse aus der Vergangenheit auf und bringen Licht in eine menschliche Tragödie, die bis in die Gegenwart hineinreicht. Während Erlendur mit Schrecknissen früherer Zeiten beschäftigt ist, kämpft seine Tochter Eva Lind auf der Internsivstation um ihr Leben …

Abenteuer Ulysses von James Joyce (09): 8. Kapitel – Lästrygonen [Odyssee]

Was lange währt .. usw. – Obwohl ich mich bisher bis zum 14. Kapitel durchgekämpft habe (und dort stecken geblieben bin), habe ich an dieser Stelle erst sieben Kapitel besprochen. Heute nun soll das 8. Kapitel des Ulysses von James Joyce abgehandelt werden. Und verflucht: Ich hatte diesen Post schon fertig (und eigentlich auch abgespeichert), als mir der Rechner gewissermaßen um die Ohren flog: abkacken nennt man das in IT-Kreisen! Was mir geblieben war: Eine Datei mit binären Nullen! Jeglicher Versuch der Datenrettung war vergebens. Also auf ein Neues …

Das achte Kapitel des Ulysses bezieht sich auf Odysseus‘ Ankunft bei den Lästrygonen. Die Lästrygonen werden u.a. bei Homer und Ovid erwähnt. Sie sind ein märchenhaftes Volk von Riesen und Kannibalen, das nur Viehzucht, aber keinen Ackerbau betreibt und als äußerst unzivilisiert beschrieben wird. Stammvater der Lästrygonen ist Laistrygon, ein Sohn des Poseidon und der Gaia.

Odysseus erreicht das Land am siebten Tag nach dem Besuch der Insel des Aiolos und vor dem Besuch bei Kirke auf der Insel Aiaia. Er verliert hier einen Großteil seiner Mannschaft und seiner Schiffe, da er von den Lästrygonen angegriffen wird.

Inhalt des 8. Kapitels: Lästrygonen (Mittagessen)

Es ist 13 Uhr, also Mittagszeit, Nahrungsaufnahme ist angesagt. Auf der zögernden, der peristaltischen Bewegung der Verdauungsorgane gleichenden Suche nach einem Mittagstisch quert Bloom zahlreiche Straßen und führt seine Gedanken im Treiben der Stadt spazieren. Sie drehen sich um Dubliner Architektur, Blutopfer, Essensgewohnheiten und die Pfründe der Kirche. Er wirft den Brief von Martha weg, will ihr später antworten und trifft Mrs. Breen, die sich nach Molly erkundigt. Er verspricht, die in den Wehen liegende Mrs. Purefoy im Hospital zu besuchen. Beim Blick in Burtons Restaurant widern ihn die „Esser ohne Manieren“ an. Erst in Davy Byrnes Pub kommt er zur Ruhe und bestellt sich ein Gorgonzolasandwich mit Senf und ein Glas Burgunder.

Davy Byrne's Pub in Dublin
Davy Byrne’s Pub in Dublin – 2011 photograph by Andrew Becraft of the Davy Byrnes pub (the signs have no apostrophe) on Duke Street. Source: www.flickr.com

Auch der leicht heruntergekommene Nosey Flynn isst hier. Beide reden über das Pferderennen und Mollys Konzert. Bloom macht sich auf den Weg und Flynn erzählt Byrne, dass es dem Juden nur deshalb so gut gehe, weil er den Freimaurern angehöre. Als Bloom auf der Straße einem blinden Jungen hilft, fällt ihm – wie Stephen im »Proteus« Kapitel – die perspektivische Bezogenheit der Wahrnehmung von Welt auf. Schließlich macht er sich auf den Weg, die Logovorlage der zwei Schlüssel für die Keyses-Anzeige in der Bibliothek zu prüfen, gerät aber aus der Fassung, als er Boylans Hut – Blazes Boylan ist der Liebhaber seiner Frau – in der Ferne erkennt. Sein Gedankenstrom bricht abrupt ab, er flieht in die Bibliothek.

Im Reich der Lästrygonen, dem Volk der menschenfressenden Riesen, wird viel gegessen. In Dublin frönen die Helden auch mehr oder weniger kulinarischen Genüssen und käuen dabei noch Lebensweisheiten und Weltanschauungen wider. Entsprechend geht es in diesem Kapitel auch auf allen sprachlichen Ebenen ums „Fressen“. Es werden nicht nur – wie direkt zu Beginn – dauernd Lebensmittel benannt („Pineapple rock, lemon platt, butter scotch.“ „Ananas-Bonbons, Zitronenzöpfe, Buttertoffee.“), sondern auch wenn Bloom über andere Themen nachdenkt, wie zum Beispiel die Dominanz der katholischen Kirche und der Priester in Irland, tut er dies in entsprechender Terminologie: „Die fressen einem noch die Haare vom Kopf herunter. Selber keine Familie zu füttern. Leben vom Fett des Landes.“ Und selbst der Erzähler greift das Thema auf: „Seine Augen […] erblickten ein Ruderboot, das […] seinen bepflasternden Bord auf der siruppigen Dünung schaukeln ließ.“ (Quellen: swr.de/swr2/hoerspiel & de.wikipedia.org)

Personen des 8. Kapitels

Neben dem Hauptakteur dieses Romans, Leopold Bloom, treten in diesem Kapitel folgende Personen (siehe auch oben: Inhalt …) auf bzw. werden namenslich genannt, es sei denn der Text ist selbsterklärend:

S. 214: Dr. Hy Franks – ‚Tripperdoktor‘ mit Selbstreklame auf öffentlichen Pissoirs
S. 217: Goodwin, Professor – Gesangslehrer von Molly
Citron – Freund von Leopold Bloom
Bartell d’Arcy – berühmter Tenor, war bei Mollys erster Tour dabei und ihr ehemaliger Liebhaber
S. 218/221: Mrs Breen – Josie Breen (geb. Powell) – Frau von Denis B., ehemalige Rivalin von Molly Bloom und Geliebte Leopold Blooms
S. 219: Harrison – Konditor
S. 221: Luke Doyle – Josie Breen war bei ihm angestellt in „Dolphin’s Barn“
Mina Purefoy – erwartet ein Kind (Bloom besucht sie im 14. Kapitel)
Philip Beaufoy – Autor der preisgekrönten Erzählung, die Bloom liest
Dr. Horne – Dr. Andrew J. Horne – Oberarzt im National Maternity Hospital Dublin, hat Mina Purefoy eingewiesen
S. 222 – Cashel Boyle O’Connor Fitzmaurice Tisdall Farrell – seltsame Gestalt, hat die Gewohnheit, immer außen um die Laternenpfähle zu gehen
Denis Breen – Ehemann von Josie, nicht ganz bei Verstand – will Verleumdungsklage gegen die Verfasser (Bloom verdächtigt Bergan oder Goulding) einer Postkarte mit den Buchstaben ‚U.P.‘ anstrengen
S. 223: Alf Bergan – Spaßvogel, vermutlich verantwortlich für den Postkartenstreich mit Breen
Richie Goulding – Richard „Onkel Richie“ G. – Rechtsanwalt, klägliche Figur, Bruder von Stephen Dedalus‘ Mutter Mary – evlt. am Postkartenstreich mit Breen beteiligt – geht mit Bloom im Ormond Hotel essen
Lizzie Twigg – Bewerberin auf Blooms Anzeige für eine Schreibkraft
A.E. (Mr. Geo. Russell) – Rauschebart, Esoteriker
James Carlisle – schottischer Geizkragen, Riesengeschäft mit Coates-Aktien
S. 224: Mrs. Miriam Dandrade – Hispano-Amerikanerin, Bloom sah sie bei der gesellschaft des Vizekönigs
Theodore Purefoy – Ehemann von Mina P., Mothodist, Antialkoholiker
S. 225/241: Tom Kernan – Thomas „Tom“ K. – stürzte besoffen und biss sich die Zunge ab, wird zum Katholizismus bekehrt
S. 226: Mrs. Moisel – Freundin vom Molly Bloom
Mrs. Thornton – alte Hebamme, die Rudys (Blooms kleiner Sohn) Tod vorausahnte
Dr. Murren – Entbindungsarzt
S. 227: Michael Balfe – Gesangslehrer
Jack Power – Teil der Runde mit Kernan, Cunnigham, M’Coy, Fogarty – jung und aufsteigend – im Barney Kiernan Pub anwesend, als Bloom terrorisiert wird
Joe Chamberlain – Blooms Bekannter
S. 228: Dixon – junger Arzt in Entbindungsklinik, verantwortlich für Medizinstudenten
S. 229: James Stephens – Sinn Fein-Mitglied
Parnell – Charles Steward „Chief“ P. – irischer Protestant, der „ungekrönte König von Irland“ – gewaltfreie Methoden – stürzte politisch nach Affäre mit Ehefrau eines Parteifreundes
S. 231/239: John Howard Parnell – Bruder von Charles, Marschall von Dublin, jämmerliche Gestalt in Blooms Augen, spielt gegen sich selbst Schach
Charley Boulger – City-Marshal
S. 233: Harris – Frank H. – Artikel über Shakespeare im ‚Saturday Rewiew‘
Sinclair – bei Harris angestellt, Bekannter Blooms
S. 234: Bob Doran – Wirtshausbesitzer, Trinker, feiert sein Saufgelage in Kiernans Pub
S. 240: Davy Byrne – Pub-Besitzer, Mann der Mäßigung, tritt für Bloom ein
Nosey Flynn – trinkt Grog in Davy Byrnes Pub, ihm läuft die Nase, in Blooms Augen ein Narr
S. 242 Lenehan – Matt L. – Witzeklopper, umsympathisch, wird ignoriert – hatte angeblich Sex mit Molly Bloom (S. 326)
S. 244: Ben Dollard – Benjamin „Big Ben“ D. – Bass-Bariton
S. 250: Tom Rochford – Kleinerfinder, hilft Breen
S. 255: Penrose – blinder Jüngling – Klavierstimmer im Ormond-Hotel, Bloom hilft ihm über die Straße
S. 256: Sir Frederick Falkiner – Freimaurer, Justizbeamter

Anmerkungen zu diesem 8. Kapitel

Auch zu diesem Kapitel hier einige Anmerkungen und Erklärungen, da nicht jeder weiß, worum es sich bei dem einen oder anderen handelt:

S. 210: Jujuben [chinesiche Datteln]
Graham Lemon [Graham L. ist der Inhaber von ‚Lemon‘-Süßwaren]
Dr. John Alexander Dowie [schottischer Geistheiler, Gründer der Stadt Zion City, USA]
S. 214: Parterre-Schnupfen [gemeint ist Tripper]
Dunsink [Stadtviertel von Dublin]
Sir Robert Ball [irischer Astronom und Mathematiker]
Parallaxe [Winkel, der entsteht, wenn aus zwei Richtungen betrachtet wird]
S. 215: H.E.L.Y.S. … Hely’s [Prophet Elias (alte Schreibweise)]
S. 220: U.P. [im Sinne von ‚erledigt‘ – finished]
S. 221: Toque [barettartiger Damenhut]
S. 227: G-Mann [G = Government, Polizeibeamter]
S. 228: De Wet [Christiaan De W. – General der Buren im Bürgerkrieg]
Vinegar Hill [bezieht sich wohl auf einen Ort, an dem tausende aufständige Iren starben]
Invincible [Splittergruppe der Irish Republican Brotherhood, Bruderschaft für die Unabhängigkeit]
S. 229: Sinn Fein [„Wir selbst“ – Irische Bewegung]
Home-Rule-Sonne [Selbstregierung – Logo von Blooms Zeitung]
S. 230: Kerwan [Stadt im Iran]
Provost [Propst]
S. 231: D.B.C. [Dublin Bread Company – führte auch Restaurants]
Chiltern Hundreds [Sinekure (Amt mit Einkünften), liegt in Buckhamshire]
S. 232: homespun [hausgemacht]
Gemüsli [i.O.: Weggebobbles]
Joly [evtl. John J., irischer Physiker]
S. 234. cherchez la femme [suche die Frau, dahinter steckt eine Frau]
S. 235: La cause è santa! [Lied aus dem Theaterstück ‚Die heilige Sache‘]
S. 236: Agendath Netaim [Pflanzergenossenschaft in Palästina]
S. 237: Cormac [C. mac Airt – regierte 254-277]
S. 238: Ich happ ‚en am Mampftach … [i.O.: I munched hum un thu Unchster Bunk un Munchday. Ha?]
S. 239: Sir Philip Crampton [irischer Chirurg und Anatom]
Table d’hôte [Tisch des Gastgebers – kleine feststehende Speisekarte]
Staggering [Staffelung, hier: atemberaubend]
S. 240: Shandygaff [Bier mit Ginger Ale]
Plumtrees [i.O.: Plumtree’s potted meat – Werbespruch für Büchsenfleisch]
Mr. Mac Trigger [ebenfalls eingemachtes Fleisch]
S. 241: Kurat [eigentl. in der Seelsorge tätiger katholischer Geistlicher, hier: der Barmann]
S. 243: Surius [katholischer Historiker]
S. 245: Hochheimer [Wein aus Hochheim/Main]
S. 247: Pygmalion [griechischer König]
Galatea [griechische Nymphe]
S. 251: Dyspepsie [Verdauungsschwierigkeiten]
S. 252: Don G., a cenar teco – M’invitasti [Don G., du hast mich eingeladen, mit dir zu speisen]
S. 253 Bird’s Nest [essbares Vogelnest der chinesischen Küche]
S. 256: Transmigration [Seelenwanderung]
Assisen [Gerichtssitzung, Art Thing]

In deutscher Sprache gibt es zwei Übersetzungen, zunächst die vom Verfasser, also James Joyce, autorisierte Übersetzung von Georg Goyert (1927) – dann die 1975 erschienene Neuübersetzung von Hans Wollschläger, auf die ich mich hier beziehe (ich habe die einmalige Sonderausgabe aus dem Jahr 1979 – 1. Auflage – Suhrkamp Verlag)

siehe auch: Abenteuer Ulysses von James Joyce (01): Vorgeplänkel
Abenteuer Ulysses von James Joyce (02): 1. Kapitel – Telemachos [Telemachie]
Abenteuer Ulysses von James Joyce (03): 2. Kapitel – Nestor [Telemachie]
Abenteuer Ulysses von James Joyce (04): 3. Kapitel – Proteus [Telemachie]
Abenteuer Ulysses von James Joyce (05): 4. Kapitel – Kalypso [Odyssee]
Abenteuer Ulysses von James Joyce (06): 5. Kapitel – Lotophagen [Odyssee]
Abenteuer Ulysses von James Joyce (07): 6. Kapitel – Hades [Odyssee]
Abenteuer Ulysses von James Joyce (08): 7. Kapitel – Äolus [Odyssee]

Na denn, Moin!

Na denn man tau, also los geht’s!

„Moin“ ist viel mehr als nur ein Grußwort, es steht für die liebenswerten Eigenheiten einer ganzen Region und verkörpert ein einzigartiges Lebensgefühl, das predigt „man immer schön sinnig bleiben. Dat löppt sich ans torecht“.

Höchste Zeit, diesem eine ganze Region verbindenden Wörtchen zu huldigen und ihm sein eigenes Buch zu widmen. Das erste Buch, das die tiefe Verbindung zwischen Land und Leuten und Meer und Moin erklärt, die Mointropolen des Nordens vorstellt und in die Lehre der „Moinologie“ einführt.

Aber, genug gesabbelt… Moin!

(aus: Olaf Nett: Das Buch Moin)

Es ist ein köstliches Buch, das sicherlich nicht nur in den Hände von Norddeutschen richtig platziert ist – da kann manche(r) noch dazulernen -, sondern auch Urlaubern norddeutscher Lande (und die es werden wollen) einen Einblick in das harte und entbehrungsreiche Leben an der Küste vermittelt.

Na denn, Moin!
Na denn, Moin!

Hier (in der norddeutschen Tiefebene) beginnt nämlich alles mit Moin – und endet mit Moin. Es handelt sich um eine Begrüßungsformel, die ursprünglich aus dem Niederländischen kommt (moi = schön): Een moien Dag („Einen schönen Tag!“).

Aber bei Moin bleibt es in diesem Buch nicht allein. Da erfährt der werte Leser/die werte Leserin noch einiges mehr, z.B. von den fünf Genitivformen, die hier benutzt werden, von den Mointropolen von Kiel über Hamburg bis Bremen – dass „Jo.“ ein vollständiger Satz ist ((das Wort ist Subjekt, Prädikat und Objekt in einem) – Kulinarisches kommt nicht zu kurz – und dass mit dem Wort Watt dank des Niederdeutschen aufschlussreiche Sätze gebildet werden können.

Schön ist natürlich, dass mir einige Sachen eingefallen sind, die in dem Buch NICHT auftauchen, die ich an anderer Stelle in diesem Blog aber erwähnt habe: Da gibt es den für die Region um Elbe und Weser schönen Spruch: Komm inne Puschen!, was als Aufforderung gilt, so langsam in Gang zu kommen. Und dann noch das schöne ‚ölf‘ wie zwölf statt elf (da schlägt es 13).

MOIN! Und? — Ja nee … Muss ja!

Irische Woche: 4 Romane aus Irland

Mit dem Lesen des Jahrhundertromans Ulysees von James Joyce habe ich eine kleine Pause eingelegt und dafür andere Bücher (auch schon älteren Datums) von der irischen Insel gelesen. Irische Romane gibt eine ganze Menge, meist idyllisch oder gar herzschmelzend angelegt, immer die grüne Insel idealisierend. Oder mit Mord und Totschlag.

Ich habe die folgenden vier Romane von meinem Schwager ‚geerbt‘, der nach einem Umzug keinen Platz mehr für diese hatte. Er ist ein Irland-Liebhaber (nicht nur des Whiskeys und der irischen Musik wegen) und trennte sich eher schweren Herzens von diesen literarischen Werken, die einerseits einen aufschlussreichen Blick in die irische Seele werfen, andererseits Zeugnis des besonderen irischen Humors sind, der immer mit Seitenhieben auf die Engländer, die das Land jahrhundertelang besetzt hielten, bestückt ist.

Ich will erst gar nicht lange rumfackeln. Nur soviel sei gesagt: Leider sind die aufgeführten Romane nicht immer mehr in deutscher Sprache, dafür aber im englischen Original erhältlich. Ich will auch gar nicht erst meinen Senf dazugeben, sondern die durchaus aufschlussreichen Klappentexte nutzen, die in jeder Hinsicht das aussagen, was auch ich dazu zu sagen (schreiben) hätte.:

Dermot Bolger: Journal Home

Der Roman Journal Home von Dermot Bolger erschien im Original 1990.- aus dem Englischen von Thomas Gunkel – Verlag Hitzeroth, Marburg, 1992

Dermot Bolgers junge Helden aus einer gesichtslosen Vorstadt Dublins sind auf der Suche nach Heimat und sozialer Wärme. Vertrieben und geflohen aus dem brüchigen Idyll der Sozialhäuschen und Vorgärten übernehmen sie in der Metrolole einen Lebenstil, dem Spiel und Rausch, Sex und Drogen, Kleinkriminalität und Mord anhängen. Schließlich bleibt ihnen nur eine erneute Flucht, an deren Ende sie Asyl in einem Wohnwagen auf dem Lande finden – und einen Moment privaten Glücks. „Journal Home“, die Geschichte von Hano, Shay und Katie, ist der Roman der lost generation der europäischen Metropolen.

Im Dublin der 80er Jahre spielt der Roman, mit dem der Ire Dermot Bolger zu einem der erfolgsreichsten zeitgenössischen Schriftsteller seines Landes geworden ist. In dem dritten und wichtigsten Prosawerk, das vom Independent als „der bester Roman über Dublin seit Joyce“ gelobt wurde, erzählt Dermot Bolger vom Alptraum einer trostlosen und grausamen Stadt, überspült von Arbeitslosigkeit, Drogen, Kriminalität und politischer Korruption. Er zeichnet das Bild einer Diaspora in der Einöde der Vorstädte, wo die Zuwanderer vom Lande gestrandet sind. Dort ringt die junge Generation um Orientierungen und ist auf der Suche nach einer neuen Heimat und einer eigenen Identität. „Journal Home“ zeigt zwei, die auf dieser Suche gescheitert sind: Hano und Katie, auf der Flucht vor der Polizei, verfolgt aber auch von der Chimäre des guten alten, heimeligen Irland. Darüber hinaus ist „Journal Home“ auch eine Geschichte über die Mühen des Erwachsenenwerdens.

Dermot Bolgers Beschreibung Irlands mit all seinen „unheiligen“ Entwicklungen ist das Porträt eines Landes, das Gefahr läuft, nicht nur seine zur wirtschaftlichen Emigration gezwungenen Jugendlichen, sondern auch seine „Seele“ und Identität zu verlieren. „Bolger hat uns ein Meisterwerk geliefert, das für jeden, der am modernen Irland interessiert ist, zur Pflichtlektüre werden sollte (The Scotsman)
(aus dem Klappentext)

„Das Exotische der Bordelle und des Sternenlichts, der verbotenen Frucht und der heimlichen Eroberung, wie es von Joyce im ‚Ulysses‘ dramatisiert wurde, werden durch Shays trostlose, moderne Landschaft ersetzt … Bolger beschwört überzeugend die Verwirrtheit einer Seele, die auf dem Sprung in die Freiheit plötzlich verwaist.“ (The Sunday Times)

„Von nun an muß sich jeder, der an der irischen Literatur interessiert ist, mit diesem Porträt des wahren modernen Irland befassen. Es ist ein Buch, auf das jeder gewartet hat. Ohne Zwifel ist es der wichtigste und relevanteste irische Roman der letzten zwanzig Jahre, ein echter Meilenstein.“ (The Independent)

„Trotz all seines grausigen Realismus ist ‚The Journal Home‘ stilistisch ein Lesevergnügen. Der Roman besitzt Humor (wenn auch meistens einen rabenschwarzen) und eine Wärme der Charaktere, die bewegt.“ (The Scotman)

Inzwischen hat sich wirtschaftliche Lage Irlands deutlich ‚entspannt‘. Trotzdem kommt dem Roman eine besondere Bedeutung zu, da das, was in den 1980-er Jahren für Irland galt, inzwischen z.B. für junge Menschen aus der Ukraine und eben auch aus Russland zutrifft.

Dermot Bolger: Journal Home / Robert McLiam Wilson: Eureka Street, Belfast
Dermot Bolger: Journal Home / Robert McLiam Wilson: Eureka Street, Belfast

Robert McLiam Wilson: Eureka Street, Belfast

Der Roman Eureka Street, Belfast von Robert McLiam Wilson erschien im Original 1996 – aus dem Englischen von Christa Schuenke – Fischer-Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main, 1999

Ein temporeicher, verrückter und witziger Roman eines jungen irischen Autors über eine Cluque von Freunden in Belfast -allesamt schräge Vögel – und deren Versuche, aus einer chaotischen Welt das Beste zu machen.

Die Eureka Street in Belfast ist keine sehr gute Adresse, aber sie liegt im Zentrum des Einzugsbereichs von Chuckie, Jake, Slate, Septic Ted und Donal, einer Truppe von langjährigen Freunden, samt und sonders schräge Vögel und in einem bürgerlichen Sinne nicht eben wohlgeraten. Chuckie, 30, der einzige Protestant unter ihnen, fett und clever, kommt dank eines schwunghaften Scheingeschäfts mit Riesengummipenissen plötzlich zu sehr viel Geld, und von da an zu immer größerem Reichtum, denn er produziert ständig neue Ideen, wie er anderen Leuten vorzugsweise jedoch Institutionen, das Geld aus der Tasche ziehen kann.

Weniger glücklich ist Jake, 29. Freundin Sarah hat ihn soeben verlassen und ist nach London zurückgekehrt, weil sie die ständigen Bombenanschläge in Belfast nicht länger ertragen kann. Als Jake sich daraufhin an eine Kellnerin heranmacht, schlägt deren Freund, ein Cop, ihn kurz und wirkungsvoll zusammen, woraufhin eine politisch korrekte Bekannte ihm einen Beauftragten von amnesty international auf den Hals schickt. Jake, der den männlich korrekten Denkzettel in Ordnung findet, hat größte Mühe, den amnesty-Mann abzuwimmeln.

Wie ein rotern Faden zieht sich durch die denkwürdnigen Geschichten des umtriebigen Freundeskreises um Chuckie und Jake eine unerklärliche Inschrift: Unter all den bekannten Graffiti findet sich überall an Belfasts Handwänden die Buchstabenkombination NEG.

McLiam Wilson hat einen hinreißenden Roman über irische Freaks und das Lebensgefühl einer ganzen Generation geschrieben – und eine Liebeserklärung an Belfast.
(aus dem Klappentext)

Spike Milligan: Puckoon – eine irische Dorfgeschichte

Spike Milligan, der Autor des Romans, wurde 1918 in Ahmednagar in Indien geboren. Er begann seine Karriere als Musiker und wurde bekannt als komischer Autor und Schauspieler in Film und Theater sowie durch die legandäre britische Radioserie „Goon Show“, deren Hauptaktuer und -autor er neben Peter Sellers war. Der Roman Puckoon ist leider nur noch im englischen Original bzw. im Antiquariat erhältlich – deutsch von Arnd Kösling – Deutscher Taschenbuch Verlag, München – ungekürzte Ausgabe Januar 1998

    Several and a half metric miles North East of Sligo, split by a cascading stream, her body on Earth, her feet in water, dwells the microcephalic community of Puckoon.
    Einige und eine halbe metrische Meilen nordöstlich von Sliog, geteilt von einem stürzenden Fluß, den Körper auf der Erde, die Füße im Wasser, lebt die kleinköpfige Gemeinde Puckoon.

Geld! Das war das Problem. Father Rudden hatte alles versucht, um Mittel zu beschaffen, er war sogar zur Bank gegangen. „Seien Sie kein Dummkopf, Father“, hatte der Direktor gesagt, „tun Sie die Pistole weg!“

„Ein böser, irrwitzig komischer und furios ausufernder Roman.“ (H.G. Pflaum in der ‚Süddeutschen Zeitung‘)

Anfang der zwanziger Jahre [des 20 Jahrhunderts] wird die Grenze zwischen Nord und Süd der irischen Provinz Ulster neu gezogen: schnurstracks und haargenau mitten durch den Gottesacker von Puckoon. Die Verwicklungen nehmen ihren Lauf, denn Father Rudden ist überzeugt, daß eine römisch-katholische Seele ihre ewige Ruhe keinesfalls in nunmehr britisch-protestantischer Erde finden kann. Also schart er seine Schäfchen um sich, um nächstens eine Eshumierung samt einem Sargtransfer in die Republik vorzunehmen. (aus dem Klappentext)

„Ein Sammelsurium schrulliger Typen und komischer Einfälle … Wer ‚Puckoon‘ gelesen hat, weiß, aus welcher Quelle die Jungs von Monty Python ihren verschrobenen Humor geschöpft haben.“ (Badische Neue Nachrichten)

Spike Milligan: Puckoon – eine irische Dorfgeschichte / Maria Edgeworth: Castle Rackrent
Spike Milligan: Puckoon – eine irische Dorfgeschichte / Maria Edgeworth: Castle Rackrent

Maria Edgeworth: Castle Rackrent

Aus dem Englischen übertragen von Helga Schulz – Deutscher Taschenbuch Verlag, München – Oktober 1996. Dieser Roman von Maria Edgeworth ist ebenfalls nur im englische Original erhältlich.

Irland um 1780. Der alte Verwalter Thady erzählt vom Schicksal der Herren von Rackrent, die den Whiskeypunsch lieben und ihren Schuldenbergen am liebsten mit Hilfe reicher Frauen zu Leibe rücken …

Ein irischer Tagebuch von ganz besonderer Art – Mit diesem 1800 erschienenen Buch schuf Maria Edgeworth den ersten realistischen „Heimatroman“ irlands.

Irland, vor 1782. Auf Castle Rackrent haust seit Generationen eine Familie anglo-irischer Grundbesitzer, und der langjährige Mayordomus, der alte Thady, erzählt ihre Geschichte. Aber so sehr er sich bemüht, seine Herrschaften im günstigsten Licht erscheinen zu lassen, so sehr entlarvt sein köstlicher Bericht sie als typische irische Grundherren: Sie lieben ihren Whiskeypunsch, frönen ihren Hobbys und ignorieren im übrigen ihre Schulden. Über drei Generationen reicht diese tragi-komische Familiensaga, die noch heute vieles über das typisch irische Naturell verrät.

Mit diesem 1800 erschienenen Buch, das hier in Neuüersetzung vorgelegt wird, schuf Maria Edgeworth den ersten ‚Heimatroman‘, indem sie in einer realistischen Schilderung den inneren Bezug zwischen der irischen Landschaft und ihren Bewohnern deutlich machte.
(aus dem Klappentext)

Maria Edgeworth wurde am 01.01.1767 in England geboren und starb am 22.05.1849. Sie war mit Walter Scott befreundet, der ihr Werk sehr schätzte. Ihre schriftstellerische Laufbahn begann mit Kinder- und Jugendbüchern für die große Familie ihres Vaters, später verfaßte sie Kurzgeschichten und Romane; die bedeutendsten waren ‚Castle Rackrent‘ (1800) und ‚The Absentee‘ (1812), die beide das Schicksal irischer Grundbesitzerfamilien zum Thema haben.