Max Frisch und the American Way of Life!

Max Frisch und Martin Walser – ich will hier nicht Parallelen ziehen. Aber beide sind bzw. waren Weltbürger, die sich schon früh längere Zeit in den USA aufgehalten und dies literarisch verarbeitet haben, u.a. Max Frisch in seiner Erzählung Montauk, Martin Walser in Brandung. Übrigens handeln beide Werke zudem von Alter und der Liebe zu jüngeren Frauen.

Martin Walser, so hoffe ich, wird uns noch lang erhalten bleiben. Im Juli wird sein neuestes Werk, Muttersohn, erscheinen. Max Frisch starb am 4. April vor 20 Jahren. Und am 15. Mai jährte sich sein Geburtstag zum einhundertsten Mal. Anlass für Feiern und Würdigungen seines Werkes, das bis heute nachwirkt. Besonders die Schweiz ist im Max-Frisch-Fieber, obwohl er alles andere als ein stiller Eidgenosse war. Zusammen mit Friedrich Dürrenmatt hatten die Schweizer gleich zwei Literaten von Weltruf in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhundert, die mit Kritik an ihrem Land nicht zurückhaltend waren.

In diesen Tagen lese ich nun Homo faber von Max Frisch, ein Roman, der sich nach seiner Veröffentlichung im Oktober 1957 zum Bestseller entwickelte und wohl als eines der bekanntesten Prosawerke Max Frischs gilt. Der Roman wurde vielfach übersetzt und sowohl in literaturwissenschaftlichen Untersuchungen als auch im Schulunterricht häufig behandelt. Vielleicht ist er daher manchem ehemaligen Schüler doch eher verhasst. Die Verfilmung des Romans von Volker Schlöndorff kam übrigens 1991 nur wenige Tage nach dem Tod Max Frischs in die Kinos und wird am kommenden Sonntag, den 22.05., um 20 Uhr 15 auf Arte im Fernsehen gezeigt.


Homo Faber (1991) Movie Teaser

Walter Faber, der Protagonist des Romans, ist wie Max Frisch ein Weltbürger. Als Ingenieur kommt er viel herum und lässt sich sogar für einige Zeit in New York nieder. Sein Verhältnis zu den US-Amerikanern ist aber gespalten. Es geht ihm wie es vielen Europäern geht. In diesem Blog ist der American Way of Life schon mehrmals diskutiert worden. In dem Beitrag Profaner Jesus und profaner Teufel schrieb ich (weiter unten) u.a.:

Und so ist nach meiner Sicht vieles in Amerika religiös verbrämt (bemäntelt, ‚verziert’, ausgeschmückt). Ist Gott mit dir, dann wird sich das auch in deiner steilen beruflichen bzw. geschäftlichen Karriere zeigen. Daraus lässt sich eine Selbstherrlichkeit vieler Amerikaner ableiten, die sicherlich nicht nur mich abstößt.

Und die USA als Weltpolizei haben wir erst jetzt wieder mit der Liquidierung von Osama bin Laden erlebt. In vielen Bereichen sprechen wir von Amerikanisierung, wenn wir erleben, wie vieles gewissermaßen ‚einem niedrigen Niveau’ angepasst wird, sei es bei Film und Fernsehen oder beim Essen. Vieles lässt sich mit dem Wort ‚Fast’ (schnell) verbinden, nicht nur ‚Fast Food’.

Natürlich enthält das Bild des US-Amerikaners, das wir uns machen, viele Klischees. Sowenig wie wir Deutschen in Lederhosen herumlaufen, sowenig laufen die Amerikaner typisch im Cowboy-Outfit herum. Die Frage stellt sich, woher die Klischees (die sicherlich immer auch etwas Wahrheit enthalten) kommen? Max Frisch lässt in dem Roman „Homo faber“ seinen Titelhelden sich dazu entließen, „anders zu leben -“. Es meint es als Abkehr vom US-amerikanischen Lebensstil, dem zitierten American Way of Life. Was Frisch dann dazu schreibt, man bedenke es, ist vor über 50 Jahren geschrieben und ist natürlich ironisch überzogen, trotzdem – wie ich finde – sehr interessant. Sicherlich ist mein Bild vom Amerikaner auch von Max Frisch (und von Martin Walser) geprägt. Frisch schreibt zum American Way of Life:

„Schon was sie essen und trinken, diese Bleichlinge, die nicht wissen, was Wein ist, diese Vitamin-Fresser, die kalten Tee trinken und Watte kauen und nicht wissen, was Brot ist, dieses Coca-Cola-Volk, das ich nicht mehr ausstehen kann.“ (S. 175 – Max Frisch: Gesammelte Werke in zeitlicher Folge – 1957-1963 – Band IV.1 – Suhrkamp Verlag – 1. Auflage 1976)

„Schon ihre Häßlichkeit, verglichen mit Menschen wie hier: ihre rosige Bratwurst-Haut, gräßlich, sie leben, weil es Penicillin gibt, das ist alles, ihr Getue dabei, als wären sie glücklich, weil Amerikaner, weil ohne Hemmungen , dabei sind sie nur schlaksig und laut – … – wie sie herumstehen, ihre linke Hand in der Hosentasche, ihre Schulter an die Wand gelehnt, ihr Glas in der andern Hand, ungezwungen, die Schutzherren der Menschheit, ihr Schulterklopfen, ihr Optimismus, bis sie besoffen sind, dann Heulkrampf, Ausverkauf der weißen Rasse, ihr Vakuum zwischen den Lenden. …“

„Was Amerika zu bieten hat: Komfort, die beste Installation der Welt, ready for use, die Welt als amerikanisiertes Vakuum, wo sie hinkommen, alles wird Highway, die Welt als Plakat-Wand zu beiden Seiten, ihre Städte, die keine sind, Illumination, am andern Morgen sieht man die leeren Gerüste, Klimbim, infantil, Reklame für Optimismus als Neon-Tapete vor der Nacht und vor dem Tod – …“

„Noch im Badkleid sieht man ihnen an, daß sie Dollar haben; ihre Stimmen …, nicht auszuhalten, ihre Gummi-Stimmen überall, Wohlstand-Plebs. …“

„… ihre falsche Gesundheit, ihre falsche Jugendlichkeit, ihre Weiber, die nicht zugeben können, daß sie älter werden, ihre Kosmetik noch an der Leiche, überhaupt ihr pornografisches Verhältnis zum Tod, ihr Präsident, der auf jeder Titelseite lachen muß wie ein rosiges Baby, sonst wählen sie ihn nicht wieder, ihre obszöne Jugendlichkeit -“ (S. 176/177)

Zum Roman „Homo faber“ in den nächsten Tagen in diesem Blog noch etwas mehr. Ansonsten siehe hier: Literatur von Max Frisch

Über WilliZ

Wurde geboren (in Berlin-Schöneberg), lebt (nach einem Abstecher nach Pforzheim, längere Zeit in Bremen und Hamburg) in dem Örtchen Tostedt am Rande der Lüneburger Heide - und interessiert sich für Literatur, Musik, Film und Fotografie (sowohl passiv wie aktiv) ... Ach, und gern verreise ich auch!

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