Bedrohte Sprachen in Deutschland

Wenn Sprachen sterben, dann verschwindet damit ein kulturelles Erbe – von Gedichten über Legenden bis zu Sprichwörtern und Scherzen. Die häufigsten Gründe für das Aussterben von Sprachen sind wohl Kriege und Vertreibungen. Aber auch Einwanderer, die mit ihren Kindern nur noch die Sprache der neuen Heimat sprechen, um ihnen die Integration zu erleichtern, tragen zu dem Verschwinden bei. Ein wichtiger Grund für das Sterben von Sprachen ist heute die Nivellierung zu einer Standardsprache. Das entspricht einer nationalen „Globalisierung“ (Vereinheitlichung) der Sprache. Dialekte und regionale Sprachen verschwinden zugunsten der Hochsprache (bei uns Hochdeutsch). Heute sind auf unserer Erde etwa 2500 von insgesamt schätzungsweise 6000 Sprachen vom Aussterben bedroht.

Vor einige Tagen nun legte die UNESCO einen „Atlas of the World’s Languages in Danger”, also einen Atlas der bedrohten Sprachen der Welt, vor, der auch interaktiv im Internet aufrufbar ist.

Allein im deutschen Sprachraum sind es 13 Sprachen, die als bedroht gelten. Nordfriesisch und Saterfriesisch zählen zu den am stärksten gefährdeten Sprachen. Aber auch Bairisch, Alemannisch, Ostfränkisch, Niedersächsisch (also, die Sprache, die wir hier Plattdeutsch nennen), Sorbisch und Jiddisch. Zum Helgoländer Friesisch (Eigenbezeichnung Halunder), den auf Helgoland gesprochenen Dialekt des Nordfriesischen, habe ich mich in einem eigenen Beitrag (Bedrohte Sprache: Halunder) etwas ausführlicher geäußert.

Die saterfriesische Sprache oder kurz Saterfriesisch (Eigenbezeichnung: Seeltersk) ist die letzte verbliebene Varietät der ostfriesischen Sprache. Das Saterfriesische wird in der Gemeinde Saterland im Landkreis Cloppenburg nach unterschiedlichen Schätzungen von 1.500 bis 2.500 Menschen gesprochen. Damit handelt es sich um eine der kleinsten Sprachinseln Europas. Während in Ostfriesland und den anderen friesischen Gebieten östlich der Lauwers die ursprüngliche ostfriesische Sprache durch niedersächsische Dialekte ersetzt wurde (Ostfriesisches Platt, Gronings u.a.), überlebte das Saterfriesische als friesische Sprache im Saterland.

Hier als kleines Beispiel eine Textprobe verschiedener Sprachen:

Hochdeutsch: Der Junge streichelte das Mädchen ums Kinn und küsste sie auf die Wangen.
Englisch: The boy caressed the girl round the chin and kissed her on the cheeks.
Saterfriesisch: Die Wänt strookede dät Wucht uum ju Keeuwe un oapede hier ap do Sooken.
Nordfriesisch (Mooring): Di dreng aide dåt foomen am dåt kan än mäket har aw da siike.
Westfriesisch: De jonge streake it famke om it kin en tute har op ‚e wangen.
Ostfriesisches Platt: De Jung straaktde dat Wicht um’t Kinn to un tuutjede hör up de Wangen.
Niederländisch: De jongen aaide het meisje over haar kin en kuste haar op haar wangen.
Niedersächsisch (Niederlande): De jonge strek ‚t dearntje um de kinne en gaf heur een smok.
Ostfälisch (Niedersachsen): De Jung strakele de Deern umt Kinn un gaww öhr een Säuten up de Wangen.

Im Artikel „Hob Ikh Mir A Mantl – Jiddisch für Anfänger“ habe ich auch schon etwas zur jiddischen Sprache ausgeführt.

Übrigens: Für Großbritannien sind z.B. bereits vier Sprachen gemeldet, die als ausgestorben gelten: Norn, das auf den Shetlands und Orkney gesprochen wurde – Gaelg, also das traditionelle Manx der Insel Man – Kernewek, das traditionelle Kornisch und das Alderney-Französisch. – Zur gälischen Sprache gibt in diesem Blog ebenfalls einen kleinen Beitrag.

Über WilliZ

Wurde geboren (in Berlin-Schöneberg), lebt (nach einem Abstecher nach Pforzheim, längere Zeit in Bremen und Hamburg) in dem Örtchen Tostedt am Rande der Lüneburger Heide - und interessiert sich für Literatur, Musik, Film und Fotografie (sowohl passiv wie aktiv) ... Ach, und gern verreise ich auch!

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