Archiv für den Monat: September 2013

Klaus Höppner, ein Orient-Romantiker

In jungen Jahren habe ich wie viele andere Jungen Karl May gelesen. Und wie schon geschrieben, interessierten mich die Orient-Abenteuer mehr als die Abenteuer von Winnetou und Co. im Wilden Westen.

Wüsten, besonders Sandwüsten, üben eine ungewöhnliche Faszination aus. Wer zur Abendstunde, wenn die Sonne untergeht, über eine Sanddüne wandert, erlebt einen Wechsel der Farben, wie man diesen sonst nirgendwo erlebt. Strahlt der rote Sand zunächst noch im knalligstem Rot, so wechselt dieser urplötzlich in einen grau-roten Farbton, so als stürbe die Wüste. So schrieb ich einmal, um zu begründen, warum ich die Wüste zu meinen Lieblingsplätzen zähle.

In der Wochenendausgabe unseres Wochenblattes Nordheide erschien nun ein Bericht über Klaus Höppner, der „auf seinen ausgedehnten Reisen nach Afrika und Asien … insgesamt 7.000 Kilometer … während verschiedener Reisen in den Jahren 1976 bis 1987 meist auf dem Kamelrücken zurückgelegt [hat]. Er durchquerte die Thar-Wüste in Indien und die Nubische Wüste in Ägypten, begleitete die Salzkarawanen der Tuareg im Niger, trieb Kamele vom Sudan nach Ägypten und fuhr in Mali mit einer Piroge auf dem Niger bis Timbuktu.“

Schon als Kind habe ihn diese fremde Welt fasziniert. Das kann ich also sehr gut nachempfinden. Und es ist bereits viele Jahr her, meine Söhne waren noch klein, da zeigte uns Klaus an einem längeren Nachmittag einen kleinen Teil seiner Bilder (Dias) von seinen Reisen. Er hat dabei ein seltenes Talent die endlos vielen Geschichten und Anekdoten auf spannende und plastische Weise zu erzählen.

Von einer dieser Reisen mit einer Kamelkarawane durch den Sudan hat er auch vor langer Zeit ein Buch veröffentlicht: Cowboys der Wüste. Im Klappentext dazu heißt es: Wie die Cowboys im Wilden Westen treiben die Kameltreiber ihre Kamelkarawane quer durch den Sudan nach Ägypten. Klaus Höppner war einer von ihnen.Während des 1000 km langen Rittes lernte er Hitze und Kälte, Hunger und Krankheit kennen und überlebte nur, weil er sich den Bedingungen der Karawane total unterwarf. Sein fesselnder Bericht vermittelt einen lebendigen Eindruck von Land und Leuten und beweist, daß Reisen auch heute noch ein Abenteuer sein kann.

    Klaus Höppner: Cowboys der Wüste

So ganz glücklich ist Klaus Höppner nicht mit dem Bericht in der Zeitung. Zum einen sind es nicht Hunderte von Dias, die er auf seinen Reisen zwischen 1976 bis 1987 gemacht hat, sondern über 15 Tausend. Zum anderen hatte er neben dem im Bericht Erwähnten von zwei Reisen erzählt, die ihn besonders beeindruckt hatten. Davon leider kein Wort.

7.000 Kilometer durch die Wüste: Unterwegs mit der Salzkarawane im Niger © Klaus Höppner
Unterwegs mit der Salzkarawane im Niger © Klaus Höppner

Klaus Höppner ist nun dabei, diese vielen Dias zu sichten und zu Fotobüchern zu seinem ‚eigenen Vergnügen’ zusammenzustellen. Geplant sind 24 Bücher; sieben davon, beginnend mit den besonders außergewöhnlichsten Reisen, sind bereits fertig. Es ist eine mühevolle Arbeit. Viele Dias müssen vom Staub gefreit und dann am Computer nach dem Scannen aufarbeitet werden. Leider haben die Dias im Laufe der Jahre auch farblich gelitten und sind blaustichig geworden. Während der Reisen hat er natürlich Tagebuch geschrieben. Abends am Lagerfeuer schrieb er, das Büchlein auf den Knien gelehnt, seine Erlebnisse des Tages nieder, manchmal nur Stichworte, denn viel Zeit blieb ihm nicht zum Schreiben. Nach den vielen Jahren ist es heute ein besonderes Problem, das damals Niedergeschriebene wieder zu entziffern.

Klaus Höppner ist ein eher stiller Typ. Aber wenn er auf seine Reisen zu sprechen kommt, dann blüht er auf und erzählt mit einer Lebendigkeit, als wäre das Geschehene erst vor kurzer Zeit passiert. Es muss ein kaum zu beschreibendes Gefühl sein, wenn in einem die für einen Europäer ungewöhnlichen Erlebnisse wieder wach werden. Wer einmal die Wüste ‚erlebt’ hat, den lässt sie das weitere Leben nicht mehr los.

Willkommen im Club der alten Schachteln

Astrid, die Freundin meiner Frau, feiert heute ihren 50. Geburtstag (gestern vollendete sie ihr 50. Lebensjahr). Da sie diesen u.a. mit uns „in einer besonderen Andacht begehen“ möchte und uns zu ihrer „Gedenkfeier“ eingeladen hat, haben ihr meine Frau und einige anderen Damen einen kleinen Geburtstagskranz geflochten – ganz dem Anlass gemäß! Dazu können wir alle nur sagen:

Liebe Astrid: Willkommen im Club der alten Schachteln!

    Geburtstagskranz zum 50. Geburtstag von Astrid

(Ja, man wird eben nicht jünger, nur reifer … wie herbstliches Obst 😉 )

Die Bürokratie, sie lebe hoch

Es stimmt schon: Von der Wiege bis zur Bahre: Formulare! Formulare! Es ist immer wieder ein Graus, wenn die Einkommensteuererklärung oder der Fragebogen der Krankenkasse ‚fällig’ wird. Man könnte sich in der Zeit mit Sinnvollerem beschäftigen. Immerhin geht es um das Geld im eigenen Portemonnaie.

Dann gibt es allerdings auch Dinge, die vielleicht in Schilda geschehen konnten, bei uns aber nicht geschehen sollten. Es geht um einen Fall von Kindergeld, das von den Familienkassen bei der Bundesagentur für Arbeit ausgezahlt wird und das man als Elternteil mindestens bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres eines Kindes bekommt.

Positiv ist es natürlich, wenn die Familienkasse von sich aus anfragt, ob weiterhin ein Kindergeldanspruch besteht, z.B. wenn das 18-jährige Kind sich noch in schulischer Ausbildung befindet. Da füllt man gern ein Formular aus.

Wenn denn das Kind aber eine Erstausbildung beendet hat, um dann vielleicht eine Berufstätigkeit aufzunehmen, dann weiß ‚jedes Kind’: Der Kindergeldanspruch ist erloschen. Nun bin ich vielleicht manchmal ein überkorrekter Mensch. Da mein älterer Sohn in dieser Woche mit der mündlichen Prüfung seine Ausbildung beendet hat und, da er keinen Studienplatz zum Wintersemester bekommt, eine ‚Erwerbstätigkeit’ aufnimmt (er hat das heute seltene Glück, gleich nach der Ausbildung in seinem Beruf einen interessanten Job zu finden), habe ich ‚von mir aus’ versucht, der Familienkasse dieses mitzuteilen. So habe ich online ein entsprechendes Formular ausgefüllt – und kam dabei bereits ins Staunen: Das Formular konnte ich nicht online verschicken, sondern hätte es ausdrucken und dann per Post versenden müssen. Außerdem wollte die Familienkasse eine Kopie des Arbeitsvertrages. Warum eigentlich? Glaubt man, ich wolle ‚freiwillig’ auf meinen Kindergeldanspruch verzichten?

Um mir das Porto zu sparen, versuchte ich die Formalien per Fax zu versenden. Fehlanzeige! Die Faxnummer der für mich und meinen Sohn zuständigen Stelle, so wie sie auf der Website steht, stimmte nicht. So schrieb ich (ohne Formulare, da mein Sohn bisher weder ein Abschlusszeugnis noch einen unterschriebenen Arbeitsvertrag vorweisen konnte) formlos per Mail.

    Familienkasse Niedersachsen - Bremen

Als Antwort erhielt ich per Post die Aufforderung, eine „Erklärung zu einer abgeschlossenen Erstausbildung und Erwerbstätigkeit“ für meinen Sohn auszufüllen. Diesmal wollte man ‚nur’ einen Nachweis, „dass die Schulausbildung beendet ist.“

Und so stand weiterhin in dem Schreiben: „… über Ihren Anspruch auf Kindergeld kann noch nicht bzw. noch nicht endgültig entschieden werden …“. Und am Schluss mit einer Fristsetzung: „Sollten Sie … nicht antworten …., muss die Festsetzung des Kindesgeldes aufgehoben werden.“

Oh, meine Herren und Damen von der Familienkasse, eigentlich will ich als pflichtbewusster Staatsbürger nichts ANDERES, als dass „die Festsetzung des Kindergeldes aufgehoben wird“. Zumindest für den älteren meiner beiden Söhne. Also brauche ich nicht zu antworten? Insgesamt fürchte ich, dass die Damen und Herren jetzt vielleicht auch das Kindergeld für meinen jüngeren Sohn ‚streichen’, wenn ich nicht antworte. Für den habe ich nämlich noch einen Kindergeldanspruch.

Ry Cooder and Corridos Famosos – live in San Francisco 2011

Zu Ry Cooder habe ich hier schon vieles geschrieben. Er ist für mich die musikalische Verkörperung eines besseren Amerika. Wie er heute über Obama, den er letztes Jahr mit seinem Album Election Special indirekt im Wahlkampf unterstützt hatte, denkt, weiß ich nicht. Er dürfte ähnlich enttäuscht sein wie viele hier bei uns. Aber wir haben ja auch erst eine Wahl hinter uns und harren jetzt der Dinge, die da auf uns zukommen werden (es stinkt nach großer Koalition, was wohl das Beste wäre). Genug …

Ry Cooder, inzwischen auch schon 66 Jahre alt, ist immer noch nicht der Typ, der sich zurücklehnt. Und sollte es dann doch einmal etwas ‚Luft’ geben, dann füllt er diese auf andere Weise. Da hat er also vor gut zwei Jahren am 31. August und 1. September 2011 zwei Konzerte in der ehrwürdigen Great American Music Hall in San Francisco gegeben und sich nun entschlossen, einen Zusammenschnitt als seine bisher erst zweite offizielle Live-CD auf den Markt zu bringen: Ry Cooder & Corridos Famosos live – und gottlob ist es nicht einfach ein Zusammenschnitt, sondern es „ist ein Konzertalbum alter Schule: Kleine Unsauberkeiten werden nicht im Mix versteckt, Beifall und Zwischenansage sind in voller Länge zu hören. Das klingt als säße man zuhause auf dem Sofa nur ein paar Meter vor der Bühne – und das bei einem der schönsten Konzerte, das Ry Cooder je gegeben hat.“ (Quelle: br.de)


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Great American Music Hall – San Francisco, O’Farrell Street

Corridos Famosos hat Ry Cooder seine Begleitband für dieses Live-Projekt genannt, was man in etwa mit ‚berühmte Asylanten’ (Flüchtlinge) übersetzen könnte, aber auch mit ‚bekannte Romanzen bzw. Moritaten’ (siehe das Lied „El Corrido de Jesse James“). Corridos sind ein „musikalisches Genre, das vor allem in der mexikanischen Mestizenkultur weit verbreitet ist. Es hat seine Ursprünge in den spanischen Romanzen des 15. Jahrhunderts.“ Das erste kann man als deutlichen Seitenhieb auf die Flüchtlingsproblematik der USA an der mexikanischen Grenze deuten und ist damit auch an Obama gerichtet (wenn der jetzt noch seine Gesundheitsreform ‚in die Tonne tritt’, dann ist er fast soweit wie bei seinem Amtsantritt vor nun fast fünf Jahren, nur das er jetzt auch noch Syrien ‚an der Backe’ hat; wofür hat der noch einmal den Friedensnobelpreis bekommen?).

    Ry Cooder and Corridos Famosos – live in San Francisco 2011

„Neben alten Weggefährten zählen zu Cooders Begleitband auch sein Sohn Joachim am Schlagzeug, der Bassist Robert Francis und die 11-köpfige Blaskapelle La Banda Juvenil, die zwischendurch immer mal wieder mächtig Gas gibt, etwa in dem zweisprachig gesungenen Walzer ‚El Corrido de Jesse James’“. (Quelle nochmals: br.de) Und das halbe Familienkonzert wird durch Juliette Commagere vervollständig, Ehefrau von Joachim Cooder (hier auch seine Facebook-Seite) und damit Schwiegertochter von Ry.

Hier die gesamte Mannschaft der Konzerte im Überblick:

Ry Cooder / Guitar. Mandola, Vocal
Joachim Cooder / Drums
Robert Francis / Bass

Flaco Jimenez / Accordion
Terry Evans / Vocal auf „Dark End of the Street“, Chorus
Arnold Mcculler / Vocal auf „Dark End of the Street“, Chorus
Arturo Gallardo / Alto Sax, Baritone Sax, Clarinet
Juliette Commagere / Vocal auf „Volver Volver” (auf Spanisch)

& die mexikanische ‘Blaskapelle’ La Banda Juvenil

Hier dann auch gleich die Playlist des Live-Albums:

1. „Crazy ‚Bout an Automobile (Every Woman I Know)“
2. „Why Don’t You Try Me“
3. „Boomer’s Story“
4. „Lord Tell Me Why“
5. „Do Re Mi“
6. „School Is Out“
7. „Dark End of the Street“
8. „El Corrido de Jesse James“
9. „Wooly Bully“
10. „Volver Volver“
11. „Vigilante Man“
12. „Goodnight Irene“

Zunächst eine Aufnahme, die nicht auf der Scheibe erschienen ist, aber doch bei den beiden Konzerten aufgezeichnet wurde:


Ry Cooder and Corridos Famosos: No Banker Left Behind

Nach „Crazy ‚Bout an Automobile“ am Anfang, einem alten Haudegenstück, das wie all die anderen Lieder gewissermaßen mit Ry Cooder ‚verwachsen’ ist, hören wir:


Ry Cooder and Corridos Famosos: Why Don’t You Try Me

So sehr mir die Scheibe gefällt, so vermisse ich doch (ich bin nun einmal ein visueller Typ) die laufenden Bilder. Auch wenn diese reichlich verwackelt sind (eigentlich hasse ich diese verquasten Handyaufnahmen), so ist es dann doch besser als nichts – zu „Why Don’t You Try Me“ also ein Video mit laufenden Bilder (die Bläser sind stark!).

Auch „The Dark End of the Street“ haben wir oft schon gehört. Terry Evans und Arnold Mcculler geben hier aber wieder einmal ihr Bestes bei dieser langsamen Soul-Nummer:


Ry Cooder and Corridos Famosos: The Dark End of the Street

Und hier geht nun wirklich die Post ab. Manch einer wird da an Bayernzeltstimmung denken. Ich bitte doch sehr. Natürlich fließt hier einiges zusammen, was man All American Roots Music – also eine Art amerikanische Volksmusik des 20. Jahrhunderts – nennen könnte. Warum sollte da keine ausgelassene Stimmung aufkommen?


Ry Cooder and Corridos Famosos: El Corrido de Jesse James

Und da es gerade fetzt, folgt der alter Rock and Roll-Standard „Wooly Bully“, bei dem ich die Bläser einfach ‚geil’ finde. Hier wieder mit zwar verwackelten laufenden Bildern, aber immerhin laufen die Bilder:


Ry Cooder and Corridos Famosos: Wolly Bully

Ry Cooder ohne ein Lied von Woody Guthrie wäre wie eine Suppe ohne Salz. Dessen „Vigilante Man” ist längst Teil von Ry Cooders Musikerbiographie geworden. Hier interpretiert Cooder das Lied ganz sacht, zupft mal hier, mal dort eine Saite an. Das Gitarrensolo, wenn man es noch so nennen kann, wird so zur „Gospelpredigt“.

Und er interpretiert diese Songs nicht nur, er lebt sie gewissermaßen, sie sind inzwischen Teil seiner Musikerbiographie. Da kann – wie bei Woody Guthries „Vigilante Man“ – ein Gitarrensolo auch mal zur Gospelpredigt werden.


Ry Cooder and Corridos Famosos: Vigilante Man

Das Konzert (und damit dieses Live-Album) endet mit dem schon fast obligatorischen „Goodnight Irene“. Zwei stimmungsvolle Konzerte finden ihren Abschluss. Man mag von Ry Cooder halten, was man will. Für mich ist er der Hüter US-amerikanischer Musiktradition. Er weiß dabei, dass sich diese Tradition multikulturell entwickelt hat. So bilden Folk und Rock ’n‘ Roll, Soul, Blues, Tex Mex und ich weiß nicht, was sonst noch, die Wurzeln dieser Musik, die wesentlich auch unsere heutige Musik prägen. Ich mag den Mann mit der heiseren, etwas kaputten Stimme und ich mag sein Gitarrenspiel. Ich wäre gern bei einem der beiden Konzerte dabei gewesen.

Ach ja, noch eins: Ich finde es immer toll, wenn die Künstler selbst (oder wie hier die Plattenfirma) ein Video eines ihrer Lieder bei Youtube einstellen und die Dumpfbacken bei der GEMA das dann für Deutschland sperren: Ry Cooder & Corridos Famosos – Lord Tell Me Why (Live)

Faltenwurf

Mit Stoffen habe ich eigentlich nichts am Hut. Ich trage noch nicht einmal eine Mütze. Dafür verarbeitet meine Frau mit Nadel und Faden so manchen Stoff zu Tragbarem. Und selbst mein älterer Sohn greift zu Schere, Nähmaschine und Stoffen, um seine Stofftierkreationen zu erschaffen. Er hat extra mehrere Nähkurse besucht und sich u.a. auch schon einmal eine Hose selbst gefertigt.

Als unsere beiden Söhne noch klein waren, hat meine Frau oft genug Kleidungsstücke für die beiden Stöpke genäht (ich muss einmal in alten Fotoalben stöbern, um einmal eine ‚Mustersammlung’ vorstellen zu können). Und manches ausrangierte Hemd wurde umgenäht, um es etwas artfremd z.B. als Nachthemd wieder aufleben zu lassen.

So gehört ein Besuch in der Stoffe-Abteilung eines Kaufhauses durchaus auch zu meinem Alltag. In Hamburg ist es wohl das Alsterhaus, das mit einer größeren Auswahl dienen kann. Aber es gibt auch einen Groß- und Einzelhandel in Hamburg-Hamm mit einer geradezu gigantischen Auswahl an Stoffen: mahler.stoffe.

Faltenwurf bei mahler.stoffe

„Wir laden Sie herzlich ein zu einem Besuch unseres Stoffgroß- und Einzelhandels.
In unserem 400qm großen Verkaufsraum finden Sie alle Stoffarten, vom günstigen Deko-Stoff bis zum hochwertigsten Seidenbrokat…“

Ich will hier eigentlich keine Werbung machen. Aber es gibt nun einmal ganz besondere Geschäfte, die nur der Eingeweihte kennt und die es verdienen, dass man sie an Interessierte weiterempfiehlt.

Mir persönlich gefällt übrigens die Website der Firma. Eigentlich nichts Großes: Via Flash-Video werden hier Stoffe im ‚Faltenwurf’ dem werten Betrachter zugeworfen. Und dank eines kleinen Videofilms kann man einen ersten Eindruck von der großen Auswahl des Geschäfts gewinnen.

Joan Armatrading: Sleight of Hand (1986)

Ein Jahr nach ihrem Album Secret Secrets (1985) erschien 1986 Sleight of Hand, das zehnte Studioalbum von Joan Armatrading.

Sleight of Hand war die erste Scheibe, die in ihrem eigenen, den Bumpkin Studios, einem Studio mit einem 24-Spur-Aufnahmegerät, aufgenommen wurde – und die sie nicht nur selbst komponierte, sondern auch produzierte. Lediglich das Abmischen der Tracks überließ sie dann Steve Lillywhite, dem Produzenten ihrer Alben Walk Under Ladders und The Key. Wie schon zuvor, so gab es auch jetzt wieder einigen Ärger mit ihrer Plattenfirma A & M Records, denen das Album nicht kommerziell genug erschien. Am Ende erreichte es aber Platz 34 der UK Album Charts und Platz 70 in den USA.

    Joan Armatrading: Sleight of Hand (1986)

Trackliste des Albums:
(alle Lieder wurden von Joan Armatrading komponiert, arrangiert und produziert)

1. “ Kind Words (And A Real Good Heart)“ – 3:46
2. „Killing Time“ – 3:54
3. „Reach Out“ – 4:15
4. „Angel Man“ – 3:41
5. „Laurel and the Rose“ – 3:46
6. „One More Chance“ – 5:14
7. „Russian Roulette“ – 4:33
8. „Jesse“ – 3:26
9. „Figure of Speech“ – 3:25
10. „Don Juan“ – 5:14

Auch dieses Album ist in meinen Augen (und Ohren) reichlich ‚überproduziert’. Weniger wäre mehr. Oft nervt ein eintöniger, zu sehr im Vordergrund stehender Bass. Und die Keyboards sind mir besonders in den ersten Stücken zu schrill. Aber das ist sicherlich Geschmackssache – und auch in diesem Fall der damaligen Zeit geschuldet.

Das Album beginnt mit einem eigentlich ganz guten Stück, das aber für mich zu disco-mäßig vorgetragen wird. Es erschien auch als Single und erreichte Platz 81 in den UK Singles Chart bzw. sogar Platz 37 in den US Billboard Mainstream Rock Chart:


Joan Armatrading – Kind Words (And A Real Good Heart)

„Killing Time“ nervt mich auch ziemlich durch das Keybord-Gedröhne und einen Bass aus der ‚Retorte’:


Joan Armatrading – Killing Time

„Reach Out“ wurde ebenfalls als Single veröffentlicht. Das Lied verweist nach Aussage von Joan Armatrading auf die Motown-Hitsingle „Reach Out I’ll Be There“ der Four Tops aus dem Jahr 1967. Das Lied von Joan swingt durch das knackige Gitarrenspiel und einem schönen Saxophon-Solo. Hier eine sehr seltene Aufnahme, die anlässlich einer Rock Gala zugunsten des The Prince’s Trust von Prinz Charles 1986 aufgenommen wurde, bei der 1982 bereits Jethro Tull aufgetreten war (mehr dazu in meinem Beitrag Illustre musikalische Gesellschaft). Hier präsentiert sich Joan u.a. mit Rockgrößen wie Eric Clapton, Mark Knopfler, Elton John und Phil Collins. Das ganze Konzert gibt es in leider minderer Qualität bei Youtube zu sehen und zu hören:


Joan Armatrading: Reach Out (1986)

Die Idee zum vierte Lied „Angelman“ kam ihr durch ein Drehbuch, das Joan zugesandt wurde und durch die Tatsache, dass ihr jüngerer Bruder, der Schauspieler Tony, in der TV-Serie „Angels“ mitspielte (Tony ist auch in einer Nebenrole als Security-Mann in dem Spielfilm Notting Hill zu sehen). Ich finde das Lied etwas sehr theatralisch. Es klingt mir irgendwie sehr nach Jennifer Rush und ist eine Mischung aus Disco und New Wave. Auch hier stört mich der etwas ‚stumpfe’ Bass.

    Tony Armatrading (geboren 1961), Schauspieler, Bruder von Joan

Es folgt ein langsames Stück: „Laurel and the Rose“, das ganz okay ist. Hörenswert ist der kurze Mundharmonika-Part (gespielt von Joan). Äußerst dramatisch geht es dann weiter mit „One More Chance“, das mich im mittleren Teil an den Obertongesang eines Michael Jackson oder gar Prince erinnert. Hörenswert sind hier auf jeden Fall das Saxophonsolo in der Mitte und das Gitarrensolo am Ende des Liedes.

Bei „Russian Roulette“ passt der Bass. Auch das Schlagzeug klingt, wie es nach meinem Geschmack sein soll: Ein hörenswert rockiges Stück. Und die gesanglichen ‚Triller’ erinnern mich etwas an Nina Hagen.

„Jesse“ ist ein langsames Stück mit Chor-Geträller, nichts wirklich Aufregendes. Joan Armatrading mochte das Lied wohl nicht besonders. Es erschien ebenfalls als Single mit „The River’s on Fire“ auf der B-Seite, ein Lied das nicht auf diesem Album erschien (und das ich bis heute noch nicht gehört habe).


Joan Armatrading – Jesse (You can do magic)

In „Figure of Speech” wird der Walgesang nachempfunden. Auch dieses Lied hat ein wenig zuviel Dramatik, kommt dabei aber nicht so richtig in die Gänge.

Und wieder ist auch auf diesem Album das letzte Lied ein langsames: „Don Juan“. So ganz war wohl selbst Joan Armatrading mit diesem Album nicht zufrieden. Dieses letzte Lied war dann auch ihr Lieblingslied von dieser Scheibe, wohl weil es romantisch, ein schönes,
sentimentales Liebeslied ist („romantic … a nice, soppy love song … and I like that“). Ja, etwas schnulzig ist es schon …

Mit “Sleight of Hand” endet für mich Joan Armatradings zweite musikalische Schaffensphase (zu der Übersicht der vier ‚Perioden’ siehe meinen Beitrag Joan Armatrading: If Women Ruled The World), die mit Me Myself I im Jahr 1980 begann, also im Wesentlichen die 80-er Jahre umfasste. Joan hatte mit A & M Records eine Plattenfirma gefunden, die sicherlich ihr Können früh erkannte, die aber auch auf kommerziellen Erfolg aus war. So waren Konflikte vorprogrammiert. Ohne Zweifel erzielte Joan Armatrading Erfolge mit ihren Alben und Singles in dieser Zeit. Aber der ganz große Durchbruch blieb aus. Dafür war und ist sie musikalisch einfach zu individuell, um im Mainstream mitschwimmen zu wollen.

Die 80-er Jahre waren geprägt vom Stil des New Wave, der zwischen Synthie-Pop- und Electro-Wave einerseits und der New-Romantic-Bewegung andererseits hin- und herschwappte. Analog entwickelte sich in Deutschland in dieser Zeit die Neue Deutsche Welle. Um Erfolg zu haben, musste man also auf dieser ‚Welle’ mitschwimmen. Jethro Tull und voran ihr Masterhead Ian Anderson beschäftigte sich zu dieser Zeit auch mit Elektronik, siehe hierzu z.B. Andersons Soloalbum Walk into Light (1983). Und irgendwie war es geradezu zwangsläufig, dass sich auch Joan Armatrading dem Zeitgeist ergab.

Ich muss gestehen, dass die 80-er Jahre an mir mehr oder weniger vorbeigerauscht sind. Es gab für mich nichts Neues zu entdecken. Punk und New Wave ließen sich zwar hören, interessierte mich aber nicht weiter. Außerdem hatte ich anderes genug um die Ohren (sic!). Ich kaufte mir fast schon aus reiner Gewohnheit die Platten meiner Lieblinge (dazu gehörte nun einmal neben Jethro Tull auch Joan Armatrading), hörte in die Scheiben hinein, um sie bald wieder wegzulegen. Erst viel später (und jetzt wieder in den letzten Wochen) habe ich mich ausführlicher mit der damaligen Musik beschäftigt. Weggelegt habe ich die Platten damals, weil sie mich enttäuschten. Und diese Enttäuschung ist nicht gewichen.

Joan Armatradings zweite musikalische Schaffensphase ist für mich bis heute also enttäuschend. Mit Beginn der 80-er Jahre verlor sie zum großen Teil ihre Ursprünglichkeit. Natürlich blieb immer noch ein ‚Rest’. Immer noch gab es zwei, drei Lieder, die weniger dem Zeitgeist als ihrer ureigenen Kreativität geschuldet waren. So kann man die fünf Alben der 2. Phase auf maximal zwei Scheiben reduzieren und hat dann noch etwas übrig, was sich dann mit dem 11. Album gottlob fortsetzte: Die Rückkehr zu ihren Wurzeln. Aber dazu später mehr. Ich habe in den letzten Wochen, gar Monaten genügend Joan Armatrading gehört. All die Scheiben mehrmals und immer wieder. Jetzt wird es Zeit, einmal etwas anderem zu lauschen. Nein, Jethro Tull wird das bestimmt NICHT sein.

Verzockt, Frau Merkel?

Frau Merkel ist promovierte Physikerin. Sie kann also rechnen. Als die FDP nach dem Wahldebakel in Bayern zur Bundestagswahl wieder auf Zweitstimmenfang ging, hielt Frau Merkel dagegen: Keine Zweitstimme von CDU/CSU! Sie brauchte sich nur die Zahlen zur Bundestagswahl 2009 anzuschauen, um festzustellen, dass bis zu 80 % der Wählerstimmen für die FDP Leihstimmen der Union waren. Bei Prognosen von 40 % plus und Rückgewinn fast aller FDP-Leihstimmen (bei gleichzeitigem Scheitern der Liberalen an der 5 %-Klausel), so errechnete Frau Merkel, ist sogar eine absolute Mehrheit für sie drin.

Frau Merkel trinkt auf ihren Wahlsieg 2013

Bedenkt man nun, dass rund die Hälfte der 4,8 %, die die FDP gestern erzielte, immerhin auch noch auf Leihstimmen von der CDU/CSU zurückzuführen ist, dann sieht man, wie knapp Frau Merkel, die zeitweise den Hochrechnungen zufolge die absolute Mehrheit vor Augen hatte, diese mit erzielten 41,5 % verpasst hat.

Nun der britische Premierminister David Cameron gratulierte inzwischen Frau Merkel zum Sieg und twitterte: „Ich freue mich darauf, weiterhin eng mit ihr zusammenzuarbeiten“. Herr Cameron hat dabei übersehen, dass Rot-Rot-Grün (SPD, Die Linke und die Grünen) zusammen eine Mehrheit von 319 zu 311 Bundestagsmandaten haben und Frau Merkel als Bundeskanzlerin abwählen könnten. Denn die ansonsten möglichen Koalitionen, Schwarz-Grün oder große Koalition, sind noch lange nicht zustande gekommen. Steinbrück hat vor der Wahl ganz klar gesagt, dass er für eine große Koalition nicht zur Verfügung steht. Und die Positionen zwischen Union und Grünen sind geradezu diametral entgegengesetzt. Okay, die SPD will auch nicht mit der Linken, aber irgendwelche Mehrheiten müssen sich nun einmal finden.

Noch ein kleines Rechenbeispiel am Rande (wenn wir schon beim Rechnen sind): Die CDU/CSU hat zusammen tatsächlich die „Partei“ der Nichtwähler (28,5 %) überholt. Die Wahlbeteiligung lag gestern bei 71,5 %, also leider nur geringfügig höher als beim Rekordtief 2009 (70,8 %). Rechnet man noch die ungültigen Stimmen mit ein (bei den Zweitstimmen 1,3 %), dann komme ich für CDU/CSU auf 29,3 % der gesamten Wahlberechtigen. Also nicht einmal jeder dritte Wahlberechtigte hat wirklich Frau Merkel gewählt.

Ich finde, man kann die Nichtwähler nicht einfach ignorieren. Rein symbolisch könnte man ihnen ihrem Anteil entsprechend „freie“ Plätze im Plenarsaal des Bundestages einrichten (dazu wäre dieser aber dann doch zu klein – da schon mit Symbolik: mindestens EIN leerer Platz wäre auch nicht schlecht). Möglich wäre die Einführung einer Wahlpflicht. Wer nicht wählen geht, zahlt ein Bußgeld. Insgesamt hätten wir dann sicherlich einen sehr hohen Anteil an ungültigen Stimmen, was auch keiner will.

Zu den Neo-Liberalen: Es ist ohne Zweifel eine historische Zäsur, die die FDP mit diesem Wahlergebnis erlebt. Die Partei ist bereits aus vielen Länderparlamenten geflogen und hat dann auch den einen oder anderen Wiedereinzug geschafft. Seit Bestehen des Bundesrepublik war sie aber bisher immer Mitglied des Bundestages. Nun ist es auch damit vorbei. Zuletzt hing die Partei nur noch am Tropf der Union (siehe oben: Leihstimmen). Jetzt ist damit Schluss. In gewisser Hinsicht hat Frau Merkel mit ihrer Zweitstimmenleihverweigerung den Neo-Liberalen den Todesstoß verpasst. Aber natürlich sind es in erster Linie Rösler, Brüderle und Westerwelle, die ihre eigentliche Klientel, die kleinen und mittelständigen Unternehmer, zugunsten des Großkapitals verraten haben und die dafür endlich die Rechnung kassiert haben. Ob sich die FDP wieder erholt, wird sich zeigen. Ein Neuanfang mit anderen Gesichtern ist aber unumgänglich. Hinzu kommt natürlich, dass die Partei der Euro-Kritiker AfD unterschätzt wurde. Ich kann mich dabei des Eindrucks nicht erwehren, dass die AfD in den Prognosen vor der Wahl bewusst niedrig gerechnet wurde.

Auch die Grünen haben nach einem verkorksten Wahlkampf zurecht Federn lassen müssen. Zwei ein halb Jahre nach Fukushima ist das Wahlergebnis von 8,4 % ziemlich kläglich. Schuld trägt sicherlich die unnötige Steuerdebatte, die die Grünen zu führen meinten. Und Ausschlag gaben wohl dann auch die unseligen Pädophilie-Vorwürfe aus der Vergangenheit gegen Trittin und Co., Vorwürfe die nach meiner Meinung bewusst lanciert wurden. Inzwischen hat Trittin genügend Stellung dazu bezogen. Ein Schlussstrich ist zu ziehen. Und die Zweitstimmenkampagne a la FDP war dann auch eher ein Schuss in den Ofen. Auf jeden Fall wird es Frau Merkel gefreut haben, wenn ihre Rechnung (FDP draußen, die Grünen weit unter 10 %) dann leider im Endergebnis doch nicht ganz aufging (d.h. absolute Mehrheit verpasst). Auch die Grünen sollten einen Neubeginn wagen. Die ewig gleichen Gesichter (Trittin, Roth, Künast) können selbst Wähler der Grünen kaum noch sehen.

Man darf jetzt natürlich gespannt sein, welche Sondierungsgespräche zu Koalitionsverhandlungen geführt werden. Sicherlich hat Frau Merkel nach dem sehr guten Ergebnis der Union das erste Recht, hierzu einzuladen. Für mich roch es schon vor der Wahl nach großer Koalition (wenn Steinbrück das auch ausschloss, dann eben ohne ihn). Denkbar ist auch eine schwarz-grüne Koalition. Frau Merkel wäre nicht unbedingt abgeneigt. Aber noch sehe ich Frau Merkel nicht am Ziel, ihre Kanzlerschaft fortzusetzen. Die Standpunkte sind einfach zu weit auseinander. Sollte es dann doch zu einer rot-rot-grünen Koalition kommen, dann hätte sich Frau Merkel aber total verzockt. Ich bin gespannt. Allerletzte Konsequenz, wenn nichts zusammenpassen sollte, wären Neuwahlen. Für die FDP wäre das allerdings eine unverdient neue Chance: Neuwahlen wären wirklich der letzte Ausweg, denn heute mit Sicherheit keiner will.

Hier die Ergebnisse der Bundestagswahl vom 22.09.2013: Bundewahlleiter
Hier die Ergebnisse meines Wahlkreises 36 Harburg, der übrigens mit zwei Politikern im neuen Bundestag vertreten sein wird (Direktkandidat: Michael Grosse-Brömer (CDU) und über die Landesliste der SPD: Svenja Stadler).

Wahltag ist Qualtag

Heute ist also Wahltag. Zum 18. Mal wird der deutsche Bundestag gewählt. Über 60 Millionen wahlberechtigte Deutsche entscheiden bei Bundestagswahlen, wer sie in den nächsten vier Jahren regiert. An diesem Tag wird das Volk zum Souverän. Na ja, so souverän kommt sich wohl keiner vor. Und so eine Wahl wird schnell zur Qual. So quält man sich aus dem Bett, sucht gequält nach seiner Wahlbenachrichtigung, die natürlich wieder irgendwo von kleinen Wichteln verlegt wurde. Dann quält man sich in sein Wahllokal. Und mit gequältem Gesicht sieht man nur noch, wie der Stimmzettel vor den Augen zu verschwimmen beginnt, bevor man seine Kreuzchen gemacht hat …

Und die eigentliche Qual ist die Wahl … – Dann quält Euch mal schön, damit ihr nicht in den nächsten vier Jahren gequält werdet.

    Heute ist Wa(h)ltag ….!

Okay, das ist ein Kalauer …

Wahlkrampf 2013 – letzter Akt

Ich weiß, für CDU-Hörige und Verfechter des Neo-Liberalismus (FDP) bin ich nur ein dreckiger Linker („rote Sau“, obwohl Eber richtig wäre), ein „pädophiler“ Grüner (wer seine in der Vergangenheit geäußerten propädophilen Ansichten bedauert ist mir lieber als ein pädophil Handelnder) oder chaotischer Pirat. Unbelehrbare kann und will ich nicht ansprechen.

Wenn ich nur den oder die eine(n) oder andere(n) Unentschlossene(n) erreiche, dann habe ich mein Ziel erreicht. Ich weiß zudem, dass die Aussichten, Merkel durch Steinbrück ersetzt zu sehen, Friedrich, de Maizière, Rösler, Westerwelle usw. durch Gabriel, Steinmeier, Trittin u.a., auch keinen wirklich glücklich machen lässt. Alle Politiker sind „Pappkameraden“, die man noch nicht einmal zum Nachbarn haben möchte.

Was bleibt, ist die Wahl des kleineren Übels. Was das kleine Übel ist, lässt sich für viele auch nicht so ohne Weiteres ausmachen. Vielleicht hilft da ein Blick zurück auf vier Jahre schwarz-gelbe Koalition. Gern vergisst der Mensch das Schlechte und erinnert sich lieber an das Gute. Deshalb muss man dem Gedächtnis vielleicht etwas nachhelfen, was ich hiermit tue:

Danke #CDU für die unvergesslichen letzten 4 Jahre.

Dass Herr Rösler mitsamt seinem neo-liberalem Schwund (und Herrn Altmeiers Hilfe) in Energiefragen die Industrie begünstigt und damit die Energiewende unterminiert, dürfte hinlänglich bekannt sein:

Wer am Sonntag nicht wählen geht, wird in den nächsten vier Jahren nicht meckern dürfen. Noch ist die Wahl nicht entschieden. Trends, Prognosen sind dazu da, widerlegt zu werden. Natürlich fürchte ich immer das Schlimmste („Schlimmer geht immer!“). Aber manchmal kommt alles anders, als man zuvor dachte. Auf, auf …

Wählen oder nicht wählen?

Fast wäre ich von der Couch gefallen: Am Wochenende sah ich Herrn Grosse-Brömer (CDU), den Bundestagsabgeordneten meines Wahlkreises Harburg, in den Heute-Nachrichten des ZDF, wie er sich dort über den „Stinkefinger“ von Herrn Peer Steinbrück mokierte. Ich würde Herrn Grosse-Brömer öfter im Fernsehen sehen und wie er sich dort über wichtigere Themen auslässt. Er ist u.a. Mitglied des Parlamentarischen Kontrollgremium. Mitglieder dieses Gremiums sind berechtigt, jede Dienststelle der deutschen Nachrichtendienste Bundesnachrichtendienst, Bundesamt für Verfassungsschutz sowie des Militärischen Abschirmdienstes zu betreten und Akteneinsicht zu fordern. Mit Blick auf die Ausspähaffäre gäbe es da sicherlich genügend Handlungsbedarf. Aber wo beginnen, welche Fragen stellen, wenn man als ehemaliger Rechtsanwalt und Notar offensichtlich keine Ahnung von der Materie hat. Nicht nur ich denke, dass das Kontrollgremium bei der Späh-Affäre versagt hat.

Am Sonntag sind Bundestagswahlen (BTW). Und viele Wahlberechtigte haben sich entschieden, NICHT wählen zu gehen, eine bei vielen bewusste Entscheidung, die ich immer besser nachvollziehen kann, hat man – ich weiß, ich wiederhole mich – die Wahl zwischen Pest und Cholera, zwischen Merkel und Steinbrück. Im Oktober letzten Jahres fragte ich mich bereits, ob Steinbrück die richtige Wahl ist. Okay, er hatte seine Nebeneinkünfte offen gelegt. Dafür trat er aber von einem Fettnäpfchen ins andere – zuletzt sein „Stinkefinger“, sodass ihn natürlich die Konkurrenz (siehe Grosse-Brömer) die Kanzlerfähigkeit abzusprechen meinte. Irgendwie erscheint mir Herr Steinbrück gerade wegen mancher verkokster Sprüche und Gesten ehrlicher zu sein als unsere Kanzlerin, die mit ihrem Ottilie Normalverbraucher-Image immer noch bestens in der Gunst der Bürger dasteht (Warum eigentlich? Fragt sich inzwischen auch Frau Gesine Schwan: „Wenn der Habitus so wirkt, als wäre sie harmlos, freundlich, eine unserer Nachbarinnen, ohne irgendwelche politische Korruptionen, ohne Machogehabe, dann überträgt sich das, was eigentlich politisches Vertrauen sein müsste, auf die Person.“). So setzt die CDU natürlich auf die Person Merkel, denn ginge es um Sachthemen, dann hätte sie Probleme, diese den Bürgern verständlich zu machen.

    Merkel versus Steinbrück: Wahl zwischen Pest und Cholera

Zurück zu den NICHTwählern: Bis zu 15 Prozent der Nichtwähler sind systemkritisch. Die Partei der Nichtwähler (letzte BTW 2009) stellte immerhin 29,2 % und damit die stärkste „Fraktion“ (rechnerisch hätten CDU/CSU statt 33,8 % der gültig abgegebenen Stimmen nur 23,9 % aller Wahlberechtigten). Fast jeder dritte Bürger geht also nicht wählen. Für einen Großteil ist es völlig egal, wer regiert. Und die Unterschiede besonders zwischen den großen Parteien erscheinen marginal.

Zudem sieht es so aus, als würde nicht die Politik über unsere Zukunft entscheiden, sondern andere, z.B. die Industrie, die Banken oder Geheimdienste, die sich offensichtlich verselbständigt haben und so etwas wie einen Staat im Staate bilden. Diese Ansicht hat ihre volle Berechtigung, wenn man sieht wie z.B. Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) und Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) den großen Energiekonzernen und der Industrie Subventionen in Milliardenhöhe gewährt, während Privathaushalte und der Mittelstand die Rechnung begleichen.

Aber gerade weil die jetzige schwarz-gelbe Koalition dermaßen am Nabel der Wirtschaft hängt, muss man versuchen, dem entgegenzuwirken, und wenn es auch nur dadurch sei, dass man das kleinere Übel wählt. NICHTwähler verzichten auf ihren Einfluss etwas gegen eine Politik zu tun, die sie nicht haben wollen.


Zeig’s ihnen, kreuzweise

Ich empfehle daher, notfalls auf die Erststimme zu verzichten. Die kommt in fast allen Fällen nur den großen Parteien zugute und wirkt sich am Ende höchstens in so genannten Überhangmandaten aus, die wirklich nicht gebraucht werden. Wer schon nicht Pest oder Cholera wählen möchte, sollte auf jeden Fall eine der kleinen Parteien wählen, evtl. sogar Parteien, die den Prognosen zufolge keine Chance haben, die 5 %-Hürde zu nehmen (man stelle sich einmal vor, alle Nichtwähler gingen wählen und wählten z.B. „die Partei“ des Herrn Sonneborn).

Ein gutes Argument haben allerdings NICHTwähler: Wer nicht zur Wahl geht, erspart dem Steuerzahler Geld, die ansonsten für seine Stimme als Wahlkampfkostenerstattung an die gewählte Partei geht.

Der Kühlschrank des Todes: Psycho hoch drei

Es ist noch nicht so lange her, da sah ich die Filmbiografie Hitchcock von Sacha Gervasi aus dem Jahr 2012. Das Drehbuch basiert auf der Biografie „Alfred Hitchcock and the Making of Psycho“ von Stephen Rebello. Der Film spielt während der Entstehung des Filmes Psycho.

Alfred Hitchcock, der geniale Regisseur unzähliger Meisterwerke, gelang es nicht nur, nervenzerreißende Spannung zu erzeugen, er hatte auch einen Sinn für schwarzen Humor. Da hat seine Frau, langzeitige Mitarbeiterin des Regisseurs, gut lachen. Okay, der Kopf ist nur aus Wachs.

    Kühlschrank des Todes: Alfred Hitchcock und Frau Alma Reville

Psycho (1960) ist wohl Hitchcocks bekanntester Film: Die in einer Woche Dreharbeit entstandene „Duschszene“ zählt heute zu seinen meistanalysierten Filmszenen. Ungewöhnlich war auch der Tod einer Hauptfigur nach nur einem Drittel des Films. Die zeitgenössischen Kritiken fielen unerwartet barsch aus, doch das Publikum machte „Psycho“ zu Hitchcocks größtem kommerziellen Erfolg. Bekannt wurde Anthony Perkins in der Rolle des Psychopathen Norman Bates.

Seit letzter Woche läuft auf dem Bezahlfernsehsender Universal Channel die deutschsprachige Erstausstrahlung der TV-Serie Bates Motel. Die Serie erzählt die Vorgeschichte zu Psycho Jedoch spielt die Serie in der heutigen Zeit. Optisch orientiert sich die Charakterzeichnung an der Filmvorlage. Freddie Highmore, der Hauptdarsteller, weist viel Ähnlichkeiten zu Anthony Perkins auf, der in der Verfilmung des Romans die gleiche Rolle verkörperte. Auch ähneln das Haus und das Motel äußerlich stark den Motiven des Filmes von Alfred Hitchcock.


Ich habe die ersten zwei Folgen gesehen. Sicherlich müht man sich hier aufzuzeigen, wie aus Norman Bates der Jugendzeit jener psychopathische Serienmörder wird. Aber wie Serien so sind, besonders US-amerikanische – man verhaspelt sich in Nebengeschichtchen, baut am Schluss einer Folge künstlich Spannung auf, die sich dann in der nächsten Folge meist nur als heiße Luft entpuppt.

Da ich mich nun einmal auf einem kurzen ‚Psycho’-Trip befinde, so habe ich mir auch American Psycho, die filmische Adaption des gleichnamigen Buches von Bret Easton Ellis, im Original angeschaut. Premiere hatte der Film im Jahr 2000 auf dem Sundance Film Festival. In den Hauptrolle ist Christian Bale als Patrick Bateman zu sehen.

Der Film schildert das Leben des New Yorker Investmentbankers Patrick Bateman in den 80er Jahren. Sein Leben ist bestimmt von Äußerlichkeiten und dem Wunsch nach Zugehörigkeit zur Elite dieser Zeit. In den Nächten wird Bateman von einer Gier nach Blut und Gewalt zu einem immer exzessiveren Lebenswandel getrieben. Er tötet wahllos Obdachlose und Prostituierte, welche er zu sich nach Hause mitnimmt.

Um es gleich zu sagen: „Bateman ist kein Norman Bates der 80er Jahre – eher eine comichafte, emotionslose, aber eben auch allzu ernste und daher kaum ernst zu nehmende Karikatur auf einen Wallstreet-Yuppie“ (Quelle: filmstarts.de), dessen wirkliche Mentalität uns auch nach diesem Film unergründlich bleiben wird. Und am Ende stellt sich der Zuschauer die Frage, ob die Gewaltexzesse tatsächlich oder nur in Batemans Kopf stattgefunden haben.

Patrick Batemans Kühlschrank erweist sich übrigens auch als Frischhaltebehältnis für menschliche Körperteile – dem Haupt eines seiner Opfer:

    Kühlschrank des Todes: American Psycho

Ach ja, und wer es wirklich nicht wissen sollte: Unter der Regie von Christopher Nolan wurde aus Christian Bale als Bateman fünf Jahre später Batman.

Mein Bedarf an US-amerikanische Psychopathen ist damit erst einmal gedeckt. Bei Twitter gibt es überdies eine selbsternannte deutsche, plauschige Ausgabe des American Psycho – German Psycho genannt (nebenbei mit einem eigenen Blog).