Archiv für den Tag: 6. Februar 2012

Tostedt wehrt sich gegen Neonazis

Wenn man den Medien glauben darf, dann haben am vergangenen Samstag über 1000 Bürger bei Eiseskälte in Tostedt im Landkreis Harburg gegen Rechtsextremismus demonstriert. Die Kundgebung verlief absolut friedlich. „Es waren weder Anhänger der extremen linken Szene, noch der extremen rechten Szene angereist“, sagte der Polizeisprecher.

Auslösendes Moment für diese Demonstration war die Aufhebung eines Urteils gegen den Inhaber eines Neonaziladens im Tostedter Ortsteil Todtglüsingen (Armutszeugnis für den Rechtsstaat?). Aufgerufen zu dieser Kundgebung hatten alle im Rat der Gemeinde Tostedt und im Samtgemeinderat vertretenen Fraktionen sowie die Kirchengemeinden, Vereine und diverse Verbände.

Tostedt wehrt sich gegen Neonazis © NDR

Tostedt hatte schon immer ein Problem mit vereinzelten Gruppen von Neonazis. So wurde 1998 eine Bürgerbewegung Tostedt gegen Rechts gegründet, das Forum für Zivilcourage, um aufzuzeigen, dass Tostedt keine braune Hochburg ist, dass hier jede Art von menschenverachtender Politik kein Zuhause in der breiten Bevölkerung hat und das man nicht gewillt ist, die alltägliche Nazigewalt hinzunehmen.


Tostedter Bürger demonstrieren gegen Rechts

Noch einige Worte zu der unqualifizierten, ja geradezu dummen Äußerung der älteren Frau in der kurzen TV-Reportage: In Tostedt hat nicht jedes dritte Haus eine deutsche Fahne im Garten. Und selbst wenn, dann sollte man bedenken, dass die schwarz-rot-goldene Fahne ein Symbol für Freiheit und Demokratie ist. Nazis benutzen andere Fahnen und Symbole. Und latent fremdenfeindliche Sprüche werden in Tostedt auch nicht mehr geklopft als anderswo.

Natürlich genügt es nicht, gegen die Gewalt von Extremisten, ob von rechts oder von links, auf die Straße zu gehen. Eine Unterschriftensammlung von Jugendlichen mit der Forderung, den genannten Laden, der als Anlaufpunkt für die rechte Szene dient, zu schließen, hat in der Folge zu einer Resolution des Samtgemeinderats und indirekt auch zur Gründung des Tostedter Präventionsrats im September 2010 geführt. Ich weiß, dass Schulen, Kirchen (z.B. Woche gegen Gewalt – Bandabend Tostedt 2011 und Veröffentlichung Kugelkreuz – eine Veränderungs-CD) und Sportvereine (z.B. zur Integration von Zuwanderern) vieles unternehmen, um der Gewalt und Fremdenfeindlichkeit vorzubeugen. Aber eigentlich ist jeder Einzelne aufgefordert, seinen Beitrag für eine friedliche, tolerante und weltoffene Gesellschaft zu leisten.