Archiv für den Monat: Oktober 2010

Bloggen und Joggen

Früher nannte man das wohl Hobbys, heute … keine Ahnung: Interessen, Freizeitbeschäftigung (obwohl manchmal dieser Beschäftigung auch auf der Arbeit nachgegangen wird – zwecks schöpferischer Pause und so). Natürlich sind Bloggen und Joggen nicht alles, für das ich mich interessiere, aber vieles fließt ins Bloggen hinein: Musik, Literatur, Filme, Sport usw.

Als Ausgleich zum Bloggen betreibe ich das Joggen. Irgendwann muss der Körper einmal in Schweiß kommen – gerade auch in meinem Alter, sonst setzt man zu viel Fett an. Aufgrund meiner Statur eignet sich Joggen eigentlich nicht so sehr für mich, ich war und bin mehr der Sprintertyp, der Weitspringer und war schon in meiner Jugend ganz gut ‚unterwegs’ (Bei den Bundesjugendspielen bekam ich öfter eine Ehrenurkunde und war einmal sogar nach Punkten bester der Schule – bei der männlichen Jugend, insgesamt dritter – nur zwei Mädels waren besser): Also breite Schultern und ausgeprägte Beinmuskulatur, also kein Schmachtfetzen wie diese afrikanischen Langstreckenläufer, die nur aus Lunge zu bestehen scheinen.

Mit dem Laufen, also Joggen übertreibe ich es natürlich nicht. Eigentlich laufe ich nur ca. einmal die Woche, meist am Wochenende und dann auch fast nur morgens, wenn meine Lieben noch schlafen. Rund eine Stunde, um die zehn Kilometer bin ich dann unterwegs. Das reicht für mein Alter – das Laufen geht ganz schön in die Knochen. Aber zu anderen Sportarten, zumal im Verein (ich mag keine Vereinsmeierei), habe ich keinen großen Bock mehr. Früher habe ich Fußball gespielt, später Tischtennis (eigentlich auch nur, weil wir anschließend noch Hallenfußball gespielt hatten).

2500 km mit diesen Tretern

Jetzt wird es endlich Zeit, dass ich mir neue Laufschuhe gönne (vielleicht schreibe ich auch aus diesem Grund diesen Beitrag). Ich habe einmal hochgerechnet (wenn das überhaupt möglich ist): Mit den abgebildeten Tretern muss ich etwas mehr als 2.500 km gelaufen sein, war etwa 16.250 Minuten unterwegs (das sind gut 270 Stunden – mehr nicht?) oder rund 2.800.000 Schritte. Einige Male habe ich die Schuhe ‚repariert’, also sich lösende Sohlen geklebt. Aber jetzt geht auch das nicht mehr. Also her mit den neuen Schuhen.

Ich laufe übrigens hauptsächlich durch den Wald. Keine fünf Minuten Laufstrecke von meinem Zuhause gibt es ein kleines Wäldchen. Das ist dann für 60 Minuten mein Reich. Die Strecke kenne ich wie meine Westentasche, fast jedes Kaninchenloch, jede Wurzel. Eigentlich bildet eine große Acht die Strecke, lässt sich aber variieren. Und es geht leicht bergan – und entsprechend auch wieder bergab, ist also vom Profil her nicht zu eintönig. Natürlich laufe ich auch manchmal andere Strecken, an Landstraßen entlang usw. Aber das kleine Wäldchen ist mein läuferisches Zuhause.

Nun Joggen ist gesund und steigert nicht nur die körperliche Ausdauer, sondern auch die physische Leistungsfähigkeit des Körpers. Zusätzlich stärkt es das Herz-Kreislauf-System. Aber man kann auch viel falsch machen, gerade als Anfänger: Sehnen, Bänder und Gelenke können durch Überbelastung Schaden nehmen. Im Grunde ist es besser, da gelenkschonender, wenn man barfuß ohne Schuhe joggt. Bloß wer macht das heute noch. Daher hier einige Tipps vom Lauf-Papst persönlich:

So nicht – Laufexperte, Sportarzt und Autor Dr. Matthias Marquardt über die zehn häufigsten Anfängerfehler beim Laufen – und wie man sie vermeidet.

1. Den Fuß immer gut abrollen – dieses vermeintlich wichtigste Gebot für den Läufer hält sich hartnäckig. Stark gedämpfte Schuhe verleiten zwar dazu, doch in Wahrheit ist die Technik Gift für die Gesundheit: Wer zuerst mit der Ferse aufsetzt, überlastet Knie und Schienbeine. Das flache Aufsetzen der Füße ist die natürliche Bewegung, verteilt zudem das Gewicht der Körpers optimal. Platschende Laufgeräusche sind dabei normal.

2. Anfänger machen oft riesige Schritte und laufen ihre Runden wie mit Siebenmeilenstiefeln. Doch so belasten sie unnötig die Gelenke, zudem wirkt der Körper wie ein Bremsklotz. Mit vielen kleinen Schritten bewegen sich Läufer flüssiger bei höherer Pulsfrequenz und vergeuden ihre Energie nicht. Faustformel: 170 Schritte pro Minute.

3. Viel hilft viel – auch beim Laufen definitiv das falsche Motto. Zu oft und zu lange gilt bei Einsteigern als Hauptverletzungsrisiko. Knorpel, Sehnen und Bänder brauchen oft Monate zum Anpassen – also dem Körper mindestens einen Tag zum Erholen gönnen. Wem die Luft für ganze Sätze fehlt, der hat ein zu hohes Tempo. Und auch der Trainingsumfang ist wichtig: Im ersten Monat maximal zehn Kilometer pro Woche, im zweiten 20, im dritten 30. Patentrezepte gibt es nicht, daher genau auf die Körpersignale achten.

4. Viele Laufanfänger entspannen sich zu sehr. Doch auch der Rumpf sollte während des Trainings angespannt sein – das schützt die Wirbelsäule. Neben der Körperspannung müssen Läufer auch die Haltung der Arme beachten: im Ellenbogengelenk anwinkeln und dicht am Körper halten.

5. Zwischendurch dehnen ist ein Kardinalfehler beim Laufen, denn das Risiko von Verletzungen steigt. Wer runterschalten will, sollte eine Gehpause machen. Dehnübungen erst nach dem Training einlegen, dabei pro Muskel höchstens 20 Sekunden die Spannung halten. Zum Aufwärmen ist Dehnen überflüssig – selbst Leistungssportler wärmen sich mit lockerem Laufen auf.

6. Schuhe sind das Allerwichtigste beim Laufen, sagt sich der Beginner und investiert gern 200 Euro in seine ersten Renner. Teure Schuhe mit viel Dämpfung schützen jedoch nicht vor Verletzungen, und der Preis garantiert längst nicht die Qualität. Das für alle perfekte Schuhwerk gibt es trotz aller positiven Testurteile sowieso nicht. Daher ist Beratung im Fachgeschäft entscheidend.

7. Viele Anfänger ziehen sich zu warm an. Doch nach fünf Minuten hat der Körper bereits seine Betriebstemperatur erreicht. Wenn man aus dem Haus kommt, darf man daher leicht frösteln. Zeigt das Thermometer zehn Grad, reichen eine kurze Hose und ein dünnes Langarmtrikot. Wetterfeste Jacken eignen sich nur für sehr langsame Läufer – ansonsten schwitzt man darunter zu stark.

8. Muskelkater bekämpfen mit noch mehr Training? Die Radikalkur macht den Schaden im Gewebe nur noch schlimmer, man riskiert einen Muskelfaserriss. Beim Heilungsprozess helfen vielmehr Ruhe, warme Bäder, einweißreiche Ernährung und sanfte Sportarten wie Schwimmen. Ein Zeichen für besonders effektives Training ist ein Muskelkater ohnehin nicht.

9. Laufen macht schlank – so motivieren sich viele. Stimmt auch, allerdings braucht das Abnehmen Zeit. Auch wenn der Läufer fitter wird, muss die Waage es nicht sofort anzeigen. Kräftigere Muskeln ersetzen zunächst das Fett. Für den Langzeiteffekt steigert die größere Muskelmasse jedoch den Grundumsatz an Energie, den der Körper bereits im Ruhezustand verbrennt. Doch auch das regelmäßige Training lässt nur Pfunde schmelzen, wenn man auf seine Ernährung achtet.

10. Die meisten Anfänger verzichten auf Kraft- und Koordinationstraining. Mehr Muskelmasse, so denken sie, macht mich nur schwerer und langsamer. Doch gezielte Übungen sind beileibe kein Anzüchten von Muskelbergen. Vor allem Läufer, die viel im Sitzen arbeiten, sollten regelmäßig ihre Rumpf- und Beckenmuskeln trainieren.

Zinc (Eddie Jobson): The Green Album

Mitte des Jahres 1980 zog sich Ian Anderson von der Gruppe Jethro Tull zu Aufnahmen ins Maison Rouge Mobile und Maison Rouge Studio, Fulham, London, zurück, um das Album „A“ aufzunehmen. Neben Ian Anderson, Martin Barre und Dave Pegg wirkten Mark Craney (Drums) und Eddie Jobson (Keyboards, elektrische Geige) als neue Mitglieder der Gruppe mit. Das Album erschien am 29.08.1980 in Großbritannien und am 01.09.1980 in den USA.

Die dazugehörige „A“-Tour der Band begann am 04.10.1980 im State College von Salisbury, Md. USA, und endete am 24.02.1981 im Palais des Sports von Lyon, Frankreich. Dieses Konzert in Lyon war gleichzeitig der letzte Auftritt von Mark Craney mit Jethro Tull. Von dieser Tour gibt es auch zusammen mit der CD Jethro Tull: A (Remastered) eine Bonus-DVD mit den Konzertaufnahmen.

Eddie Jobson trat dann noch einmal mit Jethro Tull anlässlich des 300. Geburtstag von Johann Sebastian Bach im International Congress Centrum zu Berlin am 16.03.1985 auf.

Es gibt zu diesem Auftritt in Berlin noch einen kurzen Videoschnipsel von einer Probe mit Eddie Jobson (der sitzt eigentlich die ganze Zeit nur am Klavier …): Jethro Tull USA 1985 news segment Bachs Birthday rehearsal w Eddie Jobson

Im Zusammenhang mit Jethro Tull wurde Eddie Jobson in diesem Blog schon öfter erwähnt. Jobson fiel allein durch sein Äußeres aus dem Rahmen. Hier die besonders männlich wirkenden Anderson, Barre und Co., dort der androgyne Typ eines Eddie Jobson. Hinzu kam natürlich, dass Ian Anderson mit dem „A“-Album einen stilistischen Bruch seiner Musik hin zum Electronic Rock vollführte und Jobson musikalisches Material dazu lieferte. Ich habe fast den Eindruck, als ob mancher alter Tull-Fan Jobson in gewisser Hinsicht verantwortlich für diesen Stilwandel machte.

Vor der Arbeit mit Jethro Tull hatte sich Jobson einen Namen bei Curved Air und als Nachfolger von Brian Eno (einem ähnlichen Typen wie er, wenn auch früh schon mit hoher Stirn) bei Roxy Music gemacht. Außerdem arbeitete Eddie Jobson eine zeitlang mit Frank Zappa zusammen. Eine Merkwürdigkeit: Auf dem Cover von Zoot Allures ist Jobson zwar abgebildet, hat aber nicht mitgespielt. Erst auf dem Live-Album „Zappa in New York“ wirkte Jobson mit. Ende der 1970er Jahre formierte sich aus ehemaligen Mitgliedern diverser Progressive-Rock- und verwandter Bands mit U. K. die letzte Prog-Supergroup der 70er – u.a. mit Eddie Jobson.

Nach der Zusammenarbeit mit Jethro Tull stellte Jobson seine eigene Band namens „Zinc“ zusammen, welche ein einziges Album (The Green Album) auf den Markt brachte. Das Album erschien 1983 als LP und wurde 1993 noch einmal als CD aufgelegt. Heute ist es fast eine Rarität: Eddie Jobson (Zinc).

All Songs Written By Eddie Jobson

1. „Transporter“ 1:11
2. „Resident“ 6:01
3. „Easy for You to Say“ 4:07
4. „Prelude“ 2:30
5. „Nostalgia“ 2:27
6. „Walking from Pastel“ 2:07
7. „Turn It Over“ 4:15
8. „Green Face“ 4:22
9. „Who My Friends…“ 6:31
10. „Colour Code“ 1:05
11. „Listen to Reason“ 5:56
12. „Through the Glass“ 6:03
13. „Transporter II“ 0:22

Für die Studioaufnahmen holte sich Jobson diverse Musiker. Einer davon rangt für mich besonders heraus: Gary Green – langjähriges Mitglied der Band Gentle Giant, einer meiner Lieblingsgruppen. Im Grunde handelt es sich aber bei der Gruppe „Zinc“ um ein erstes Solo-Projekt.

Eddie Jobson – vocals, keyboards, electric violin, vocoder
Michael Barsimanto – drums on 6 tracks
Jerry Watts – bass on 5 tracks
Alon Oleartchik – bass on 4 tracks
Nick Moroch – guitar on 4 tracks
Michael Cuneo – guitar on 4 tracks
Gary Green – guitar on 2 tracks
Cary Sharaf – guitar on 1 track

Doug Lunn- bass(„Turn It Over“ video only)

Ob Eddie Jobson jemals mit „Zinc“ live aufgetreten ist, konnte ich nicht in Erfahrung bringen. Ich denke aber: eher nicht. Aber Youtube sei dank gibt es einige Videos mit den Aufnahmen dieses Albums. Jobson singt sogar seine Stücke zum ersten und letzten Male selbst – und unterstreicht mit seiner hohen Stimme (sie ähnelt der von Jon Anderson von der Gruppe Yes, mit der Jobson später wohl auch noch zusammengearbeitet hat) sein androgynes Äußeres. „The Green Album“ hat bei vielen Stücken viel Ähnlichkeit mit dem „A“-Album von Jethro Tull – sowohl von der Rhythmik her, dem Vorrang der Tasteninstrumente und dem Einsatz der elektrisch verstärkten Geige (statt der Querflöte). Die Keyboards klingen manchmal so pompös wie die von Keith Emerson von Emerson, Lake & Palmer, nur nicht ganz so aufdringlich. Aber es gibt auch Stücke mit klassischen Ansätzen (z. B. Prelude). Bemerkenswert ist auf jeden Fall die Verbindung von Keyboards und Geige (von daher auch live von einer Person nicht nachspielbar). Wer die Gruppe „Yes“ und Tulls „A“-Album mag, dem wird dieses Album sicherlich auch gefallen. Für mich hat es auf jeden Fall einige ganz interessante Ansatz und gefällt mir insgesamt ganz gut. Aber hören wir doch einfach hinein. Eddie Jobson ist auf alle Fälle ein Ausnahmemusiker – was allein die Tatsache beweist, dass Leute wie Ian Anderson und Frank Zappa sich seine Dienste zu eigen gemacht haben. Hier einige der Stücke vom „The Green Album“ (in der Reihenfolge des Albums – noch am besten gefallen mir die Stücke „Listen to Reason“ und „Nostalgia”: Hier fallen die Töne des Keyboards wie Wassertropfen und werden von einer zarten Melodie auf der Geige überlagert: sehr schön wie ich finde):


Zinc (Eddie Jobson) – Transporter/Resident


Zinc (Eddie Jobson) – Easy for You to Say


Zinc (Eddie Jobson) – Turn It Over


Zinc (Eddie Jobson) – Who My Friends


Zinc (Eddie Jobson) – Listen to Reason

Dit un dat im Internet (4)

Beim Surfen durchs Internet stößt man ja immer wieder auf Seiten, auf die andere nicht unbedingt selbst kommen würden, aber vielleicht auch ganz interessant finden. Hier also wieder einige Websites, die auch Eure Aufmerksamkeit ‚erheischen’ könnten:

Da gibt es z.B. Music Map – die Landkarte der Musik. Gibt man den Namen eines Interpreten oder einer Band ein, so erscheint eine grafische Übersicht mit weiteren Namen. Je näher sich zwei Interpreten sind, desto wahrscheinlicher ist eine Überschneidung bei der Beliebtheit.

Beispiel: Jethro Tull – gibt man diesen Bandnamen ein, dann zeigt uns die ‚Landkarte’ Wahlverwandtschaften an, die von Yes und Gentle Giant über Pentangle bis hin zu Zappa führen. Das ist das Ergebnis der Frage: Was hören Menschen die Jethro Tull mögen sonst noch? Jeder Name kann wiederum angeklickt werden.

“Kaum hat Google seine Instant-Suche herausgebracht, hat ein findiger Informatik-Student YouTube-Instant programmiert. Das Ganze hat so viel Aufregung verursacht, dass ihm prompt vom YouTube-Chef höchstpersönlich ein Job angeboten wurde. Eine weitere Internet-Erfolgsstory.” Ob man das wirklich braucht?

Ein Slang-Wörterbuch auf Englisch – da können wir noch einiges lernen:
„urban dictionary“ ist ein Slang-Wörterbuch mit Definitionen von Usern für User. Die Definitionen können von jedem bewertet werden und wandern entsprechend auf eine Position in der Liste.

grammis: das grammatische Informationssystem des Instituts für deutsche Sprache (ids) bietet online eine systematische Grammatik des Deutschen, eine grammatische Bibliografie sowie Wörterbücher zur grammatischen Terminologie, zu den Funktionswörtern und zur Rechtschreibung.” “grammis® ist ein Angebot des IDS in Mannheim, das zum Ziel hat, die oft schwer verständliche deutsche Grammatik leichter zugänglich und, soweit möglich, unterhaltsam und interessant zu machen.”

Join me ist das recht geniale Konzept seinen Computerbildschirm einfach mit Kollegen/Freunden etc zu teilen, indem man sie zu sich einlädt. Mit einem kleinen Programm kann man nebenher telefonieren oder chatten, um sich über die Arbeit des anderen auszutauschen, Tipps zu geben oder zu diskutieren. So schreibt join.me dann auch „Our sincere condolences to mahogany conference tables everywhere“, die können jetzt nämlich abgeschafft werden.

booklooker.de – gebrauchte und antiquarische Bücher online kaufen und verkaufen im Online-Antiquariat. Ein Preisvergleich zu amazon.de lohnt sich … manchmal.

100 Fragen beim Vorstellungsgespräch: Wie gut, dass ich das wohl nie mehr brauche. Aber für den erfolgsträchtigen Nachwuchs sicherlich hilfreich: Bewerbungsgespräche sind ein bisschen wie erste Dates: Man ist nervös. Man möchte, dass es klappt. Man schwitzt diesen unangenehm kalten Schweiß aus. Man stottert vielliecht sogar. Wenn man sich ein bisschen vorbereitet, kann man sich schon mal viel von dem ganzen Stress nehmen. Hier finden sich die 100 häufigsten Fragen bei Bewerbungsgesprächen. Viel Spaß beim Pauken.

Altes „Neues“ von Jethro Tull (7)

Zwar gibt es von Herrn Anderson & Co. kein neues Album, keine DVD-Veröffentlichungen alter Konzertaufnahmen (die es weiterhin gibt, die aber angeblich ein Herr Jeffrey Hammond zu verhindern weiß), aber „Uraufführungen“ von zwei neuen Stücken. Beide Stücke wurden am 21. Oktober, also vor wenigen Tagen, aufgezeichnet, das erste ist vielleicht etwas „herrenlos und verdutzt“ uns einwenig, klingt es doch vertraut (Herr Anderson zitiert sich gern selbst), das andere ist … nun ja, hört selbst (wenn noch nicht getan):


Adrift and Dumbfounded


That F#cking Tune

An der Klampfe ist übrigens wieder einmal Florian Opahle zu hören/sehen. Sollte sich hier nun wirklich langsam ein neues Album entwickeln? Folgende neue Stücke gibt ja nun schon:

Tea with the Princess
Change of Horses
Hare in the Wine Cup
The Donkey and the Drum(mer)
That Fucking Tune
Adrift and Dumbfounded

Und laut John O’Hara gibt es noch mehr neue Stücke. Eines davon soll „Galliard“ heißen, außerdem noch eine akustische Nummer „Child In My Garden“ usw. – Warten wir es ab … (siehe hierzu auch meinen Beitrag: Altes „Neues“ von Jethro Tull (6))

Da wir gerade bei neuen Stücken und Konzertauftritten sind. Ebenfalls mit Florian Opahle kredenzt Ian Anderson (am 14. Oktober aufgezeichnet) 15 Minuten „Thick as a Brick“. Musikalisch durchaus ansprechend (eigentlich wie immer), und wenn’s mit der Stimme nicht mehr klappt, dann wird halt rezitiert … Und das Ganze ungefärbt (haaremäßig)?


Thick As A Brick – Ian Anderson Live In Montreal 2010

Als der älteste meiner beiden Söhne ungefähr vier Jahre alt war, habe ich mit ihm öfter das Video vom „Hasen, der seine Brille verloren hat“ betrachtet. Das damals schon aufgeweckte Bürschlein von Sohn hatte richtig großen Gefallen daran. Und obwohl er zu der Zeit eigentlich kein Englisch konnte, wusste er genau, um was es geht (etwas nachgeholfen habe ich wohl schon). Ich finde die kleine musikalisch untermalte Geschichte heute noch ganz witzig. Und Ian Anderson wohl auch, denn plötzlich spielt er den Märchenonkel und trägt die Geschichte auch bei Konzerten vor. Wie gut, dass Herr Anderson nicht seine Brille verloren hat.


The Hare Who Lost His Spectacles … mit Brille

Ach, übrigens. Da gibt es bei Amazon tatsächlich ein echtes „Schnäppchen“, die 25th Anniversary Box Set (4 CDs), für die ich vor langer Zeit einmal knapp 100 DM gezahlt habe (wenn ich mich richtig erinnere – das war damals auch schon viel Geld).

Hü und Hott beim EWE-Gaspreis

Aufgrund eines Urteils des Bundesgerichtshofes vom 14. Juli 2010 (Az: VIII ZR 6/08) wurde eine Preisanpassungsklausel für unwirksam erklärt, die EWE sei dem 1. April 2007 für Erdgasverträge verwendet. Leider ließ das Gericht die Frage offen, wie mit den beiden seitdem durchgeführten Preiserhöhungen im Jahre 2008 rückwirkend umzugehen ist.

Um eine möglichst schnelle Lösung zu finden, wurde Herrn Dr. Henning Scherf als neutrale Instanz um Einschätzung und Unterstützung gegeben. So wurde eine einmalige Sonderzahlung ausgehandelt, die EWE zu zahlen hat und die natürlich abhängig vom individuellen Erdgasverbrauch ist. Bei der Ermittlung werden die Preissteigerungen und -senkungen seit dem 1. April 2007 berücksichtigt. Für EWE ergibt sich so angeblich eine Auszahlungssumme von ca. 100 Mio. € brutto; für einen Beispielhaushalt mit einem Durchschnittsverbrauch eine Auszahlungshöhe von 125 €. Die Gutschrift erfolgt mit der nächsten Jahresabrechnung.

Nachdem EWE seit August 2008 dreimal in Folge die Preise senken konnte (immer schön zeitverzögert – wegen langjähriger Lieferverträge), gibt es zum 1. Dezember 2010 aufgrund gestiegener Bezugskosten wieder eine saftige Preiserhöhung. Der Grundpreis bleibt gleich; dafür erhöht sich der Arbeitspreis von 4,53 Cent/kWh brutto auf 5,25 Cent/kWh brutto – ein Plus von 15,89 %.

In einem drei Seiten langem Schreiben laviert EWE und beteuert, sich durch die alten Preiserhöhungen nicht bereichert zu haben. Wenn man jetzt aber bereit ist, 100 Millionen € auf den Tisch zu legen, dann macht mich das natürlich schon stutzig. Und die satte Preiserhöhung kommt dann auch zur rechten Zeit, um den Verlust zu kompensieren.

„Unser wichtigstes Guthaben ist das Vertrauen unserer Kunden.“ Heißt es u.a. in dem EWE-Schreiben. Das klingt doch ziemlich nach Hohn.

Die Schmidts und die A.s

Hier noch ein kleiner Nachtrag zum Tode von Loki Schmidt: Ich will mich nicht anmaßen, Vergleiche zwischen Helmut Schmidt und seiner – und meiner Frau und mich anzustellen. Aber ähnlich den Schmidts, die sich schon als Kinder kennen gelernt hatten, man spricht von einer Sandkastenliebe, so kenne ich meine Frau auch schon von Kindesbeinen an. Und ebenso ähnlich pflege ich mit meiner Frau eine Partnerschaft, in der wir uns als zwei Persönlichkeiten sehen, die über die Grenzen des Familiären hinaus ihre Eigenständigkeiten wahren. Liebe ist etwas Schönes. Aber der Alltag nagt daran … Und wenn man sich nicht vorsieht, dann verbraucht sich die Liebe schnell. Was helfen kann – es ist vielleicht kein Allheilmittel, es ist aber hilfreich – ist eine gewisse Selbständigkeit in einer Beziehung, um wenigstens ein Mindestmaß an Selbstverwirklichung zu erreichen. Man kann und sollte nicht ständig ‚aufeinanderhocken’. Keine zwei Menschen sind so gleich, dass sie immer nach dem Gleichen streben. Freiräume tun einer Beziehung gut. Natürlich muss alles unter ‚einen Hut’ gebracht werden. Wenn beide Partner in ihrem Tun völlig auseinanderstreben, dann ist mit der Partnerschaft bald das Ende erreicht.

Die Schmidts waren 68 Jahre verheiratet und kannten sich über 80 Jahre. Und wenn man dem glauben darf, so gab es nur einmal einen größeren Streit zwischen beiden (sicherlich viele kleine). Das ist nur möglich, wenn man sich gegenseitig respektiert und die Ecken und Kanten des anderen akzeptiert. Wer den anderen nach seinem Bilde formen will, wird mehr zerstören als aufbauen.

Aber ich will hier nicht Lebensberater spielen. Mir kommt noch etwas anderes in den Sinn – es geht um Helmut Schmidt. Er war von 1974 bis 1982 Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland. Von 1981 bis 1982, also in Schmidts letztem Regierungsjahr, besuchte ich die Fachoberschule im Bereich Wirtschaft und hatte u.a. das Unterrichtsfach Volkswirtschaftslehre. Ich erinnere mich daran, dass dieses Fach am Freitag in den letzten zwei Unterrichtsstunden in einem kleinen Hörsaal der Schule unterrichtet wurde. Eine Stunde bestand öfter darin, dass wir ‚große Politik’ spielten. Zum Beginn der Stunde wurden die Rollen verteilt. In der jeweiligen Rolle musste man sich von seinen eigenen politischen Vorstellungen lösen und versuchen, der Rolle zu entsprechen, was nicht immer ganz leicht war. Obwohl die Rollen zu jeder dieser Stunden tauschten, so musste ich fast immer die Rolle des Helmut Schmidt übernehmen. Es war zunächst der Fachlehrer, der insgeheim seinen Spaß daran hatte, mich als Helmut Schmidt auftreten zu sehen. Aber es war bald eine allgemeine Gaudi der Klasse, mich in dieser Rolle zu hören – und zu sehen. Ein gewisses schauspielerisches Talent muss mir schon zu eigen sein. Auf jeden Fall muss ich die Rolle überzeugend gespielt haben (und auch mit einem Hamburgischen Slang versehen haben).

Dezent und selbstbewusst: Loki Schmidt gestorben

Leider hat sie die Bekanntgabe der ‚Blume des Jahres 2011’ nicht mehr erlebt: In der Nacht zum Donnerstag starb Loki Schmidt im Alter von 91 Jahren im Beisein ihrer Tochter und ihres Mannes in Hamburg-Langenhorn. Damit verliert Hamburg in wenig als einem halben Jahr neben der Volksschauspielerin Heidi Kabel seine zweite Ehrenbürgerin.

Loki Schmidt war nicht nur Gattin des Altbundeskanzlers Helmut Schmidt und nahm zwischen 1974 und 1982 protokollarische Aufgaben als dessen Ehefrau wahr, sondern sie engagierte sich vor allem für den Pflanzen- und Naturschutz. Von 1940 bis 1972 arbeitete sie als Volks-, Grund- und Realschullehrerin. Am 27. Juni 1942 heiratete sie den gleichaltrigen Offizier Helmut Schmidt und finanzierte ihm nach dem Zweiten Weltkrieg durch ihre Arbeit sein Studium in Hamburg.

Köln, SPD-Parteitag 10.12.1978, Helmut Schmidt mit Ehefrau Loki
Lizenz: Bundesarchiv, B 145 Bild-F055066-0024 / Schaack, Lothar / CC-BY-SA

Zu ihrem 80. Geburtstag erhielt sie für ihre Verdienste um den Pflanzen- und Naturschutz von der Universität Hamburg den Professorentitel. Außerdem wurde sie Ehrendoktor der Akademie der Wissenschaften in Sankt Petersburg und der Universität Hamburg. Nach ihr sind die Bromelien Puya lokischmidtiae R.Vásquez & Ibisch und Pitcairnia loki-schmidtii Barthlott & Rauh, das Balsaminengewächs Impatiens loki-schmidtiae Eb.Fisch. & Raheliv, das venezolanische Rosengewächs Lachemilla loki-schmidtiae J.Gaviria, sowie der Skorpion Tityus lokiae benannt. Ihre Lebensleistung wurde auch mit dem Ehrenpreis des Deutschen Umweltpreises gewürdigt.

1976 gründete Loki Schmidt die „Stiftung zum Schutze gefährdeter Pflanzen“. Diese Stiftung wurde mit der „Stiftung Naturschutz Hamburg“ zur Stiftung Naturschutz Hamburg und Stiftung Loki Schmidt fusioniert. Die Stiftung vergibt seit 1977 die Auszeichnung der „Loki-Schmidt-Silberpflanze“, einen Umweltpreis, der an Menschen vergeben wird, denen der Naturschutz am Herzen liegt. Seit 1980 stellte sie die Blume des Jahres vor.

Ihren späteren Ehemann Helmut Schmidt lernte Loki Schmidt bereits mit 10 Jahren kennen. Es ist also eine Art Sandkistenliebe und hat gewisse Parallelen zu meinem Leben. Auch ich kenne meine Frau schon von Kindesbeinen an, wenn sich auch unsere Wege über längere Zeit nicht mehr gekreuzt hatten. Vor nun gut 26 Jahren sahen wir uns dann in Hamburg wieder und leben seitdem zusammen.

Besonders meine Frau ist vom Tod von Loki Schmidt sehr berührt. Es ist wohl auch die Art und Weise ihrer fast lebenslangen, loyalen Partnerschaft bei Wahrung der beiden eigenständigen Persönlichkeiten von Loki und Helmut Schmidt, der meine Frau und ich viel Respekt zollten. Dieser besondere Respekt spiegelt sich auch in der Medienerstattung von gestern und heute wieder:

Video: Loki Schmidt: Mehr als nur Kanzlergattin
Bilderserie Loki Schmidt: Unabhängige Kanzler-Gattin
Mehr als nur eine Kanzlergattin
Im Februar 2007 war Loki Schmidt zu Gast in der Sendung „klug und mutig!“. In der Gesprächsreihe stand sie Maria von Welser Rede und Antwort
Video: „Ein vollgepacktes Leben“ – Ausführliches Interview mit Loki Schmidt

Online-Kondolenzbuch zum Tod von Loki Schmidt

Rachmaninow

Man müsste Klavier spielen könnendann klappt es auch mit der Nachbarin … So oder so ähnlich muss Billy Wilder gedacht haben, als er 1955 die Komödie Das verflixte 7. Jahr (im Original: The Seven Year Itch) mit Marilyn Monroe drehte.

Der Inhalt des Films ist schnell erzählt: Wie viele Ehemänner aus Manhattan schickt Richard Sherman seine Ehefrau und seinen Sohn den Sommer über aufs Land, während er bei den Hundstagen in der Stadt zurückbleibt. Er ist entschlossen, nicht wie andere Ehemänner seine Zeit mit Trinkgelagen und Liebeleien zu verschwenden. Aber seine Vorsätze sind vergessen, als eine sinnliche Blondine in die Wohnung über seiner einzieht.

Eigentlich ist der Film durch eine ganz spezielle Szene in die Filmgeschichte eingegangen: Marilyn Monroes Kleid lüftet sich über einen U-Bahnschacht. Für damalige Verhältnisse eine ziemlich frivole Szene. Ob der Luftzug tatsächlich „so schön … die Knöchel kühlt“, möchte ich bezweifeln – die Luft dürfte warm und abgestanden emporgeströmt sein.


Marilyn Monroe auf dem U-Bahnschacht

Aber zurück zum Klavierspielen. Die Phantasie mancher Herren ging schon damals wie wilde Pferde durch. Und so diente kein Geringerer als Sergei Rachmaninow und sein zweites Klavierkonzert dazu, Marilyn Monroe zu verführen – natürlich nur in der schlüpfrigen Phantasie jenes Richard Sherman:


Seven Year Itch (1955) Rachmaninoff scene (englisch)

Ich bin mir nicht ganz sicher, gab es eine weitere Rachmaninow-Szene oder war es nur in der deutschen Fassung – auf jeden Fall denke ich, mich daran erinnern zu können, wie die gute Monroe geradezu lasziv den Namen des Komponisten über die Lippen bringt, ja fast nur haucht: Rachmaninow – Raaach-maninoooowwwwww!

Hier ergänzend zwei weitere nette Videos bei YouTube zu ‚unserem’ Rachmaninow:

How are Rachmaninoff, Marilyn Monroe, and hypnosis linked?
Rachmaninov had big Hands

Friedrich Dürrenmatt: Der Verdacht

Mit Max Frisch ist Friedrich Dürrenmatt einer der größten Schriftsteller der Schweiz in der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts. Während ich von Frisch fast alles gelesen habe, habe ich zu Dürrenmatts Bücher eher sporadisch gegriffen, vielleicht weil es mir in der Absurdität seiner Werke immer etwas zu übertrieben und fernab der feinen Psychologie der Romane und Stücke eines Max Frisch war.

Aus dem ausgesonderten Bücherbestand von Freunden und Bekannten, die für den Verkauf beim letzten Flohmarkt in Tostedt zusammen getragen wurden, habe ich den kleinen Roman „Der Verdacht“ von Friedrich Dürrenmatt ‚gerettet’ und gelesen.

Es handelt sich bei dem gerade einmal 120 Seiten langen Werk um einen Kriminalroman. Wenn große Schriftsteller Kriminalromane schreiben, bin ich meist skeptisch. Aber dieser kleine Roman hat es in sich, denn Kriminalkommissär Bärlach begibt sich als Patient in die Macht eines verbrecherischen Arztes, um unter Lebensgefahr dessen dunkle Vergangenheit aufzudecken. Dürrenmatt enthüllt die pathologische Physiognomie und Psyche einer Zeit, die den Menschen an den Unmenschen ausgeliefert hat. Dr. Emmenberger war Lagerarzt des KZ Stutthof bei Danzig. Das einzige Opfer, das Emmenbergers grausame Experimente überlebt hat, der geheimnisumwitterte Jude Gulliver, hilft Bärlauch bei der Überführung des Verbrechers. Nicht allein die erregende Entlarvung Emmenbergers, auch die Enthüllung der Hintergründe und Abgründe menschlichen Tuns in einer unmenschlichen Zeit machen dieses Buch zu einer eigenwillig aktuellen Dichtung.

Als sich Bärlach und Emmenberger gegenüberstehen, rechtfertigt der Arzt sein Tun mit einem Credo besonderer Art – seinem Glauben an die Materie:

Es ist unsinnig in einer Welt, die ihrer Struktur nach eine Lotterie ist, nach dem Wohl der Menschen zu trachten … Es ist Unsinn, an die Materie zu glauben und zugleich an einen Humanismus, man kann nur an die Materie glauben und an das Ich. Es gibt keine Gerechtigkeit – wie könnte die Materie gerecht sein -, es gibt nur die Freiheit, die nicht verdient werden kann – da müßte es eine Gerechtigkeit gebe -, die nicht gegeben werden kann – wer könnte sie geben -, sondern die man sich nehmen muß. Die Freiheit ist der Mut zum Verbrechen, weil sie selbst ein Verbrechen ist.

Ich wagte es, ich selbst zu sein und nichts außerdem, ich gab mich dem hin, was mich frei machte, dem Mord und der Folter; denn wenn ich einen anderen Menschen töte … werde ich frei, werde ich nichts als ein Augenblick, aber was für ein Augenblick! An Intensität gleich ungeheuer wie die Materie, gleich mächtig wie sie, gleich unberechtigt wie sie, und in den Schreien und in der Qual … spiegelt sich mein Triumph und meine Freiheit und nichts außerdem.

(S. 109 f. – rororo Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg, Band 448 – März 1973)

siehe auch meinen Beitrag: Bestie Mensch

Multikulturelle Gesellschaft und Leitkultur

Ist es Dummheit oder Ignoranz – oder allein politisches Kalkül, die multikulturelle Gesellschaft für gescheitert zu erklären? Was da CSU-Chef Seehofer und CDU-Chefin Merkel von sich geben, ist an Ignoranz UND Dummheit nicht mehr zu überbieten.

Wir leben in einer multikulturellen Gesellschaft und haben das immer getan. Es sind immer Menschen nach Deutschland eingewandert, so wie Deutsche ins Ausland ausgewandert sind. Das ist ein Prozess, der nicht erst seit einigen Jahrzehnten besteht. Und zusammen mit diesen Menschen aus anderen Nationen entfaltete sich auch eine kulturell vielfältige Gesellschaft. Wohin eine ‚Monokultur’ führt, sehen wir in der Landwirtschaft – sie führt zur Verödung der ‚Landschaft’!

Wenn Menschen aus anderen Nationen und auch anderen Kulturkreisen zu uns kommen, so sollten wir das als Bereicherung sehen und die Angst vor ‚Überfremdung’ ablegen. Wohin diese Angst führt, belegt die deutsche Geschichte leider zur Genüge.

Das Gerede um eine europäische, gar deutsche Leitkultur ist genauso töricht. Kommt sie zur Sprache, so ist sie auf jeden Fall nicht so eng zu fassen, wie es konservative Politiker gern tun. Wie sollte diese auch definiert sein: christlich und abendländisch oder basierend auf westlichen Wertvorstellungen?

„Die Werte für die erwünschte Leitkultur müssen der kulturellen Moderne entspringen, und sie heißen: Demokratie, Laizismus, Aufklärung, Menschenrechte und Zivilgesellschaft.” (Bassam Tibi) und sind unabhängig von unterschiedlichen Muttersprachen, verschiedenen Traditionen und Religionen. Wenn von einer Leitkultur gesprochen wird, so sollte sie nicht mit der Forderung nach einer Integration von Einwanderern verknüpft sein. Beides hat nichts unmittelbar miteinander zu tun. Daher ist die aktuelle Debatte um Zuwanderung und der Verweis auf eine Leitkultur schädlich und verantwortungslos.

Überhaupt Integration?! Sicherlich macht es Sinn, die Sprache eines Landes zu beherrschen, wenn man in diesem auf Dauer verweilt. Wenn ich in ein bestimmtes Land auswandere, so tue ich das auch, weil ich die Lebensweise der Menschen dort akzeptiert habe. Je länger ich bleibe, um so mehr werde ich mich um Integration bemühen. Damit muss und werde ich aber nicht meine Herkunft zu leugnen trachten. Wenn ich Kinder habe, so werde ich sie möglichst zweisprachig aufwachsen lassen. Traditionen aus meinem Mutterland werde ich genauso pflegen wie ich vielleicht die eine oder andere Traditionen des neuen Landes übernehme. Ich werde also bis zu meinem Lebensende auch mit meiner Herkunft verbunden bleiben – und meine Kinder in einem sicherlich verkleinerten Rahmen auch. Umgekehrt ist es denkbar, dass ich meine alten Traditionen mit meinen neuen Freunden pflege, die so auch deutsche Gepflogenheiten kennen und vielleicht lieben lernen werden. Vielleicht wäre Assimilation das richtige Wort.

Integration ist ein Prozess, der auf Gegenseitigkeit beruht. Integration beschreibt einen dynamischen, lange andauernden und sehr differenzierten Prozess des Zusammenfügens und Zusammenwachsens.

Nun Europa ist in der Krise – es droht ein beispielloser Identitätsverlust, der es den europäischen Regierungen immer schwerer macht, ihre wahren Interessen zu erkennen. Da wird schnell nach Schuldigen gesucht – und gefunden. Sicherlich ist der islamische Fundamentalismus eine Gefahr, da er seinen universellen Anspruch auf Weltherrschaft nicht aufgegeben hat. Aber sind es nicht auch die europäischen Nationen samt den USA, die ihre Wertvorstellungen in jedes andere Land – ohne Rücksicht auf nationale Gegebenheiten – exportieren wollen?

Und: Gehört nicht auch der Kapitalismus zur europäischen Leitkultur? Ist nicht er mit seiner zügellosen Raffgier der Verursacher globaler Krisen und damit auch der weiterhin bestehenden Krisen bei uns?

Der jetzigen Regierungskoalition laufen scharenweise die Wähler weg. Da beruft man sich gern auf Grundwerte, die die anderen angeblich nicht vorweisen. Aber was ist das anderes als purer Populismus, als Wählerfang nach der Methode des Rattenfängers von Hameln. Noch drei Jahre will diese Regierung weiterwerkeln? Das kommt für mich einer Zumutung gleich.