Archiv für den Monat: Oktober 2009

Westerwelle speaking

Für einen deutschen Bundesaußenminister ist es sicherlich hilfreich, wenn er mehrere Sprachen, zumindest die englische Sprache, fließend beherrscht. Unser Neuer, der Guido Westerwelle, obwohl ansonsten mit einer großen Klappe gesegnet, scheint was Fremdsprachen betrifft nicht allzu viel drauf zu haben.

Zunächst: Bei seiner ersten Pressekonferenz nach der Wahl hat sich Guido Westerwelle geweigert, eine Frage auf Englisch zu beantworten. Eigentlich wollte der BBC-Reporter nur wissen, wie sich die deutsche Außenpolitik unter einem künftigen Außenminister Westerwelle ändern werde. Es hatte schon etwas Peinliches an sich, wie Westerwelle hier herumdruckste.

Es war der wenige Schlaf, der Herrn Westerwelle „scharfkantig“ werden ließ. Demnächst gibt er also seine Antworten auf Latein. Aber wie steht es nun wirklich um die Englisch-Kenntnisse unseres neuen Außenministers?


Westerwelle About Dynamic And The „Aufschwung“ In English

Darf man sich angesichts solcher bescheidener Sprachversuche wundern, wenn über Westerwelle speaking gelästert wird? SWR3 Comedy lässt uns lauschen, wie Westerwelle Englisch lernt.

Wie ich anfangs schrieb, wäre es sinnvoll für einen Außenminister, Fremdsprachen zu beherrschen, es ist aber nicht unabdingbar ‚Voraussetzung’ – wie z.B. Genscher zeigte (hören ließ). Aber dieses Herumgedruckse und diese bescheidenen Englischsprechversuche sollte er dann in der Öffentlichkeit unterlassen. Sonst blamiert er sich nicht nur selbst, sondern ganz Deutschland. Was ich übrigens nicht so ganz verstehe: Westerwelle ist ja nun an sein Ziel angekommen und übernimmt Regierungsverantwortung mit seiner FDP. Hätte er sich da nicht auf sein angepeiltes Amt als Außenminister etwas gründlicher vorbereiten können? Englisch lernen? Ähnlich wie Lafontaine und Stoiber, so denke ich, wird er schon bald das Handtuch werfen. Als Politclown und Schönredner war es sicherlich nicht ‚schlecht’, aber in Amt und Würden versagt er bereits jetzt schon.

Der Witzableiter (13): Ein Spiel mit doppelten Böden

Fortsetzung von: (12): Absurde Zumutungen ganz logisch

In der Kolumne „Der Witzableiter“ von Eike Christian Hirsch, die 1984 im ZEITmagazin erschien, erfahren wir heute etwas von der Anspielung als eine Technik des Witzes. Dabei geht es besonders um den paradoxen Widerspruch zwischen dem Gewicht einer Sache und der Verschwiegenheit, mit der sie angedeutet, also ‚angespielt’ wird.

Ein Bauer hat mit seinem Vieh Pech. Die Kühe nehmen nicht auf oder verkalben. Darum bittet er den Herrn Pfarrer, ihm doch seinen Stall auszusegnen. Der Pfarrer kommt gern und besprengt die Tiere mit Weihwasser. Nach einigen Monaten fragt der Pfarrer, ob das Aussegnen geholfen habe. „Freilich“, antwortet der Bauer, „nur hat unsere Tochter wohl auch einen Spritzer abbekommen.“

Eine Andeutung genügt, im Witz allemal. Man nennt das gewöhnlich eine Anspielung. Der Bauer hat ja auch Grund zu dieser Zurückhaltung. Je heikler eine Sache, desto dringender ist Diskretion geboten. Also greift man zu einer Anspielung.

„Na, was hat Franz-Josef gesagt, als du ihn zur Rede gestellt hast?“ „Ach, nichts weiter. Und die Schneidezähne wollte ich mir sowieso ziehen lassen.“

Wir sehen schon: nicht jede Anspielung wäre witzig. Es muß um Dinge gehen, die man nicht gern ausspricht. Als Technik ähnelt die Anspielung dem Flüstern oder den heimlichen Blicken: Was verborgen bleiben soll, wirkt umso heftiger. Der Witz macht sich diesen Widerspruch zunutze.

Als der Viertkläßler nach Hause kommt, fragt ihn die Mutter nach dem Zeugnis. „Das habe ich dem Tim mitgegeben“, sagt er, „der will damit seine Eltern erschrecken.“

Gute Gelegenheit, diese Technik anzuwenden, ergibt sich, wenn die äußeren Umstände sowieso keine offene Darstellung zulassen, wie bei dieser Geschichte aus den USA: Ein Marinesoldat schreibt während des Zweiten Weltkrieges an seine Eltern: „Ich darf nicht sagen, wo ich gerade bin, aber was ich gestern geschossen habe, war ein Eisbär.“ Einen Monat später kommt wieder ein Brief. „Ich kann nicht schreiben, wo ich gerade bin, aber gestern habe ich mit einem Hula-Mädchen getanzt.“ Zwei Wochen danach kommt ein weiterer Brief. „Ich kann nicht schreiben, wo ich gerade bin, aber der Mann im weißen Kittel sagt, ich hätte besser mit dem Eisbär getanzt und das Hula-Mädchen erschossen.“

Der Freud-Schüler Theodor Reik, der in den zwanziger Jahren als einziger die Witzforschung seines Lehrers fortsetzte, sagt zu Recht von der Technik der Anspielung: „Sie besteht in einem demonstrativen Verdecken, das die Aufmerksamkeit auf sich lenkt und die Phantasie zur völligen Enthüllung reizt.“ Gerade was der Witz nicht sagt, hört man am lautesten. Das gilt auch von der unfreiwilligen Selbstentlarvung. Der Verbindungs-Student zu seinen Freunden: „Ihr seid ja ganz schön voll gewesen heute nacht. Fünfmal habt ihr mich fallen lassen.“

Witzableiter (13)

Eine Belastung in eigener Sache findet sich auch in diesem Witz: „Warum kommst du so spät aus dem Büro?“ „Blöder Scherz der Kollegen. Keiner hat mich geweckt.“

Wir haben ja schon manches Paradox im Witz gefunden, heute haben wir ein neues kennengelernt, nämlich den paradoxen Widerspruch zwischen dem Gewicht einer Sache und der Verschwiegenheit, mit der sie angedeutet wird. Witze mit Anspielungen zeigen dieses Paradox besonders deutlich.

Der beliebteste Schauspieler des Stadttheaters hat seine Frau verloren. Auf der Straße kondoliert ihm später ein Bewunderer und sagt: „Ich habe in der Friedhofskapelle gesehen, wie sehr Sie gelitten haben.“ „Da hätten Sie mich erst mal“, entgegnet der Mime, „am Grab erleben sollen.“

Die Schauspieler, sie sind willkommene Opfer des Witzes, weil bei ihnen (wie beim Witz) auch manches einen doppelten Boden hat. Damit auch mal ein anderer Beruf drankommt, veranschauliche ich die Technik jetzt lieber an diesem Beispiel. Ein Pfarrer besteigt die Kanzel und beginnt mit den Worten: „Liebe Gemeinde, die Predigt fällt heute aus, denn ich habe euch etwas zu sagen.“

Meist behandele ich, wie Sie wissen, die Technik eines Witzes, hier etwa die Anspielung. Aber Ihnen ist natürlich auch längst klar, daß die Gefühle, die von dieser Technik ausgelöst werden, das Entscheidende sind. Peinlichkeiten, Aggressionen – oder Bosheiten wie hier: Ein junger Mann will frühmorgens im See baden, splitternackt. Da warnt ihn ein Angler: „An ihrer Stelle würde ich was anziehen, die Fische schnappen hier schon nach dem kleinsten Wurm.“

Ich merke, daß ich Ihnen hauptsächlich Beispiele erzählt habe, in denen die Akteure eine absichtliche Anspielung machen. Es muß aber nicht immer so sein. Der Witzhörer bekommt auch dann eine Anspielung, wenn sie im Witz unfreiwillig passiert ist. Etwa hier: „Du Mutti, heute hat mich die Lehrerin gefragt, ob ich noch Geschwister habe. Ich habe nein gesagt.“ „Und was hat die Lehrerin dazu gesagt?“ „Gott sei Dank.“

Ob Absicht oder nicht, das kann auch in der Schwebe bleiben, etwa wenn der Patient sagt „Herr Doktor, ich bin schizophren“, und der Arzt antwortet: „Prima, dann sind wir ja schon zu viert!“

Bosheiten sind zwar auch willkommen wie die des Chefs, der zu seinen Angestellten sagte: „Ich überreiche Ihnen Ihr Gehalt am besten in einer Geschenkpackung.“

Aber es geht auch netter. So werden wir zum Schluß versöhnlich. Es läutet, Mike macht auf. Seine Freundin steht vor der Tür. „Ich komme gerade von der Untersuchung beim Frauenarzt“, sagt sie, „willst du uns nicht reinlassen?“

Eike Christian Hirsch – Der Witzableiter (Kolumne in 25 Teilen)
aus: ZEITmagazin – Nr. 40/1984

[Fortsetzung folgt]

Emma & William: Ein Sommernachtstraum

Zusammen mit Patrick Mcnee als John Steed wurde Diana Rigg in den 1960er Jahren weltweit bekannt als scharfzüngige, schlagkräftige, emanzipierte und oft in Leder gekleidete Emma Peel in der britischen Fernsehserie „Mit Schirm, Charme und Melone“, im Original „The Avengers“, die zunächst in Schwarz-Weiß, dann in Farbe ausgestrahlt wurde. In dieser Rolle fuhr Diana Rigg einen Lotus Elan, einen englischen Roadster. Sie war ihrer Zeit mehr als dreißig Jahre voraus und gab das Vorbild ab für unzählige Nachahmerinnen.

Nach insgesamt 50 Folgen verabschiedete sich dann Diana Rigg. Ihr waren die andauernden Filmaufnahmen zu der Serie zu stressig. Außerdem wollte sie sich nicht auf längere Sicht auf die Rolle der Emma Peel festlegen lassen. So kehrte sie auf die Theaterbühne zurück, wo sie in klassischen und modernen Rollen großen Erfolg feierte und viele Auszeichnungen einsammelte. Sie wurde 1967 Mitglied der Royal Shakespeare Company und 1971 Mitglied des National Theatre of Great Britain. Diana Rigg zählt übrigens zu den ersten Schauspielerinnen, die nackt auf der Bühne auftraten (im Stück Abelard and Heloise, 1970). 1979 wurde sie in einer Titelstory des Time Magazine als „Großbritanniens beste Schauspielerin“ gefeiert.

Die Komödie Ein Sommernachtstraum (A Midsummer Night’s Dream) von William Shakespeare wurde 1968 in der Regie von Peter Hall mit Diana Rigg verfilmt. Neben ihr als Helena sind u.a. auch spätere Größen wie Helen Mirren (Hermia) und Ian Holm (Puck) zu sehen, zudem David Warner als Lysander und Michael Jayston als Demetrius.

Bei YouTube sind einige Szenen aus diesem Theaterstück zu sehen; zunächst ein erster Ausschnitt, in dem Helena (Diana Rigg) ab 5:16 auftritt:

Helen Mirren & Diana Rigg A Midsummer 1968 Night’s Dream

Diana Rigg 1968 als Helena

Aus dem 2. Akt sehen wir Helena (Diana Rigg) ab 3:00. Dieser Ausschnitt beginnt mit dem 2. Akt – Szene 2 – Textzeile 35 (Pelican edition) und geht bis zum Ende dieser Szene – Textzeile 156 (Hermia erwacht und beendet ihre Rede mit „Either death, or you, I’ll find immediately.“):

A Midsummer Night’s Dream – Helen Mirren & Diana Rigg, Act 2

Ein dritter Ausschnitt startet mit dem 3. Akt – Szene 2 – Textzeile 132 (Pelican edition, Helena: „Your vows to her ad me, put in two scales“) und endet mit dem Abgang von Helena und Hermia – Textzeile 344 (Hermia’s „I am amazed, and know not what to say“):

William Shakespeare’s „A Midsummer Night’s Dream“
A Midsummer Night’s Dream- Helen Mirren & Diana Rigg, Act 3

1994 wurde Diana Rigg von Königin Elisabeth II. zur Dame ernannt (Dame Commander of the Order of the British Empire (DBE)).

Hinweis: Die einzigste Tochter von Diana Rigg ist ebenfalls Schauspielerin: Rachael Stirling

Zur Musterung

Mein großer Sohn ist volljährig und damit gemäß § 1 WPflG (Wehrpflichtgesetz) wehrpflichtig. Heute muss er sich zur Musterung beim Kreiswehrersatzamt in Lüneburg einfinden. Die Musterung ist eine Untersuchung der körperlichen und geistigen Eignung eines Menschen für den Wehrdienst (siehe wikipedia: Ablauf einer Musterung in Deutschland).

Zur Musterung

Ist man wehrpflichtfähig, also tauglich, dann wartet auf den Wehrpflichtigen der Grundwehrdienst. Dieser dauert aktuell neun Monate (§ 1 WPflG), soll aber schon bald auf sechs Monate verkürzt werden. Es besteht zz.die Möglichkeit, den Wehrdienst auch in Abschnitten von einmal sechs und zweimal anderthalb oder einmal drei Monaten abzuleisten.

Der erste Teil des Grundwehrdienstes ist die Allgemeine Grundausbildung (AGA), die drei Monate dauert. Sie beinhaltet u. a. Themen wie Allgemeine Truppenkunde, Formalausbildung, Schießausbildung, Gefechtsdienst aller Truppen, Selbst- und Kameradenhilfe, Sport usw. Je nach Verwendung schließt sich eine Spezialgrundausbildung z. B. zum Panzergrenadier, Fallschirmjäger, Stabsdienstsoldat usw. an das Ende der AGA an. In den verbleibenden Monaten folgt in der Regel die sogenannte „Vollausbildung“. Hier nehmen die Wehrpflichtigen verschiedenste Aufgaben wahr, beispielsweise Posten im Stabsdienst, als Kraftfahrer o. ä.

Wichtig: Während des Grundwehrdienstes oder einer Wehrübung ruht das Arbeitsverhältnis. Das Arbeitsplatzschutzgesetz enthält weitere Schutzbestimmungen. Auch ein Studienplatz ist gesichert. Jeder Schüler kann sich für einen Studienplatz bewerben, obwohl er vorher seinen Dienst ableisten muss. Wird er dann an einer Universität angenommen, so ist ein Studienplatz für ihn bevorzugt frei zu halten. Es ist dann jedoch nicht der Ort des Studierens für ihn zwangsläufig derselbe.

Siehe auch meine Beiträge:
Thomas Mann: Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull
Herr Lehmann und die Bundeswehr

Nachtrag: Juhu, mein Sohn ist wehrpflichtunfähig, untauglich. Seine Sammlung an ärztlichen Attesten hat gefruchtet. Damit erübrigt sich ein Antrag auf Kriegsdienstverweigerung.

Im Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland erhielt die Kriegsdienstverweigerung aus Gewissensgründen 1949 erstmals den Rang eines Grundrechts, das sich aus der Glaubens- und Gewissensfreiheit ergibt. Siehe hierzu bei wikipedia: Kriegsdienstverweigerung in Deutschland mit weiteren Informationen.

WilliZ ‚Gedankenspitter‘ (5): Twitter

Seit Ende August d.J. zwitschere ich ja jetzt auch bei twitter.com, einem Mikroblog, den bereits Millionen Menschen weitweit nutzen, um ihre maximal 140 Zeichen langen Nachrichten in die Welt zu streuen (zu meinen Erfahrungen mit twitter.com später etwas mehr).

Diese Nachrichten können unterschiedlichster Art sein: News aus aller Welt mit Link, geistreiche wie geistfreie Aphorismen, Gemütsbeschreibungen, Witziges wie Trauriges, Spannendes wie Ödes usw. usf. Im Schutze einer gewissen Anonymität kann man sich auch so richtig auskotzen.

Nun in den letzte Tagen habe auch ich mich bemüht, einiges halbwegs Geistreiches von mir zu geben. Früher nannte ich das einmal ‚Gedankensplitter’, WilliZ ‚Gedankensplitter’. Damit nicht alles den zwitschernden Bach hinuntergeht, habe ich einige dieser Gedankensplitter zusammengetragen (was für einen Blödsinn man manchmal schreibt?!) – chronlogisch andersherum (das Älteste am Anfang):

Schizzo? Zweites Ich? Gespiegelt? Mein virtueller Bereich fürs Grobe
Heute steh ich Kopf …
Heute grün-rot angelaufen (bei soviel schwarz-gelb); welche Farbe haben eigentlich die Piraten?
Wat is dat für ein Wetter? Ist Frühlingsanfang? Erdachse verschoben (wir jetzt subtropisch)?
Bleibe erst einmal grün-rot (Avatar-Bildchen, auch sonst), das lockt die Bienen …
Bleibe erst einmal grün-rot (Avatar-Bildchen, auch sonst), das lockt die Bienen … Mist, auch die Fliegen!
Schlürfe Tee und harre (noch vier Stunden bis Buffalo = 11 Tage Urlaub).
Mein zweites Ich (das virtuelle) hat sich schon Richtung Urlaub verabschiedet
Wie sag ich es meinem Kind – in 140 Zeichen. Fass Dich kurz, riet schon die alte Post! Twitter ist nix für Vielschwätzer (oder doch?)
Wenn ich um 15:10 gehe, bekomme ich den Zug ab HH Hbf. um 15:38 und bin 16:15 auf Wolke sieben (also bitte keine Verspätung heute).
@brainqueen Ein Kurvenlineal … um weibliche Kurven zu vermessen? Oder die Todeskurve auf der A1 gleich hinterm Kamener Kreuz?!
Die Vögel sind heute so still – da zwitschere ich um so mehr (bin eben kein Zugvogel).
Noch 10 Min. bis Buffalo – Hauptsache ist, das ‚Schiff‘ geht nicht unter …
Eines Tages kommt die Begrenzung auf 40 Buchstaben – noch zuviel Geschwafele …
Mit der Zeit werde ich anspruchsvoller – ich folge nicht mehr jeder/m
Schon fast zwei Stunden auf – aber längst noch nicht wach (und dann ist es auch noch kalt – ist es schon Winter?)
Ja, wir sind mitten im Herbst – bei so viel #Laub im Netz
Boys & girls, ladys & gentlemen – & alle anderen vom 3. Geschlecht: I wish you a good morning – moin, moin!
Wann hab ich eigentlich zum letzten Mal etwas ‚zum ersten Mal‘ erlebt?
Warum sagt man morgens "Guten Morgen!"; was ist mit dem Rest des Tages? Soll der nicht ‚gut‘ werden? Ich wünsche einen guten Tag!
Was soll der graue Schleier vor meinen Augen? Wer nennt das Wetter? Wo soll das hinführen? Wann erhellt sich wieder ein Gemüt?
Bin heute nicht zum Zwitschern aufgelegt – Wetter legt sich mir aufs Gemüt, außerdem muss ich gleich für meine Jungs Essen kochen – Cheerio
Bahnfahren: Warum müssen die Lokführer immer dann ihre Fahrprüfung machen, wenn ich mit dem Zug fahre?

Arbeiten bis zum Umfallen?

Unter dem Motto „Wachstum. Bildung. Zusammenhalt.“ haben CDU/CSU und FDP ihren Koalitionsvertrag (hier der Entwurf als PDF -> Download) gestellt, der, wer hätte anderes erwartet, in vielen Punkten eine Kehrtwendung bisheriger Politik bedeutet.

Klar ist: Die Laufzeiten der „sicheren“ Atomkraftwerke werden verlängert. Für die Solarenergie einigten sich Union und FDP dagegen auf Kürzungen der Förderung bei großen Anlagen auf Freiflächen. Atomenergie als „Brückentechnologie“ für was?

Die Pflegeversicherung wird – so oder so – teurer. Und auch die Krankenversicherung wird über kurz oder lang teurer werden (Der Gesundheitsfonds soll vorerst erhalten bleiben – bis ein neues System installiert wird. Es sollen einkommensunabhängige Pauschalen für die Versicherten ab 2011 eingeführt werden). Die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte soll vorerst gestoppt werden.

Dafür soll die Einkommensteuer ab 2011 durch mehrere Veränderungen im Tarifsystem sinken – und damit für Bürger und Unternehmen bis 2013 Steuerentlastungen von 24 Milliarden Euro ergeben. Was bleibt aber davon am Ende netto im Geldbeutel?

Kindergeld bzw. Kinderfreibetrag sollen erhöht werden. Und ab 2013 ist zudem ein Betreuungsgeld in Höhe von 150 € geplant. Geplant ist zudem ein nationales Stipendienprogramm von Bund und Ländern. Die leistungsstärksten Studenten (bis zu 10 % der Studierenden) sollen unabhängig vom Einkommen der Eltern mit monatlich 300 Euro gefördert werden.

In puncto Sicherheit und Internet: Für die heimliche Online-Durchsuchung des Bundeskriminalamtes soll es künftig höhere Hürden geben. Auch soll Löschen statt Sperren bei Kinderpornografie im Netz Vorrang haben.

Für mich als „älteren Arbeitnehmer“ ist besonderst der Punkt 3.3 des Vertrages interessant. Dahin heißt es:

Wir streben eine Erhöhung der Erwerbsbeteiligung vor allem von Älteren und Frauen an und ermutigen zu mehr Bildungs- und Weiterbildungsanstrengungen. Staatliche Anreize zur faktischen Frühverrentung werden wir beseitigen. Eine Verlängerung der staatlich geförderten Altersteilzeit (ATG) über den 31. Dezember 2009 hinaus lehnen wir daher ab.

Rente ist kein Almosen. Wer sein Leben lang hart gearbeitet hat, der hat auch einen Anspruch auf eine gute Rente. Damit dies auch in Zukunft gewährleistet ist, wollen wir wegen des demographischen Wandels die Voraussetzungen für eine längere Teilhabe Älterer am Erwerbsleben verbessern.

Die überwiegende Mehrheit der Bürger ist bis ins hohe Alter körperlich und geistig fit. Ihre Bereitschaft sich zu engagieren und zu beteiligen möchten wir fördern. Wir wollen die Kenntnisse, Kompetenzen und Kreativität älterer Menschen für unsere Gesellschaft nutzen. Wir lehnen daher jegliche Form der Altersdiskriminierung ab und werden den Wegfall der beruflichen Altersgrenzen prüfen.

Hehre Worte, die aber nur eines heißen: Verlängerung der Lebensarbeitszeit bis …? Bis zum Umfallen vielleicht? Dass Rente kein Almosen ist, dies ausdrücklich zu erwähnen ist schon ein Affront für sich gegenüber von Rentenempfängern (und die es in absehbarer Zeit werden wollen).

Hier die Vorhaben der neuen Bundesregierung im Übersicht: zdf.de: Koalitionskompromisse: Das plant Schwarz-Gelb. Alles im Koalitionsvertrag ist meist euphemistisch beschrieben – Ziele, deren Überprüfung in der Zukunft dem Wähler anheim gestellt sind. Für mich ist dieser Vertrag bereits jetzt ein unausgegorenes Konglomerat von kaum zu realisierenden Absichten. Erstaunlich bleibt dabei für mich, wie man in so wenigen Tagen so schnell Kompromisse aus dem Hut zaubern kann, sodass dieser Koalitionsvertrag am Ende die vielen Handschriften an sich widersprechender Weltanschauungen tragen kann. Man tut eben einiges, um die Macht zu erlangen.

hier eine Übersicht der neuen Bundesminister – bei zdf.de als Bilderserie

Bundestagswahl 2014

Nachdem die Legislaturperiode durch die schwarz-gelbe Regierung auf 5 Jahre verlängert wurde, kam es nach der Bundestagswahl im Jahr 2014 zu folgendem Ergebnis:

  2014 zum Vergleich 2009
CDU/CSU 26,3 33,8
SPD 18,4 23,0
FDP 6,4 14,6
Linke 18,7 11,9
Grüne 16,7 10,7
Piraten 8,7 2,0
sonstige 4,8 4,0

Damit hätte eine rot-rot-grüne Koalition mit 53,8 % der Wählerstimmen die nötige Mehrheit für ein Regierungsbündnis.

Ursachen für dieses Wahlergebnis waren u.a. folgende:

1. Die FDP verlor so dramatisch, weil sie in Bürgerrechtsfragen gegenüber der CDU/CSU eingeknickt war. Bundesinnenminister Schäuble konnte seine umschrittenen Pläne zu Online-Untersuchungen u.ä. gegenüber den freien Demokraten behaupten. Nach der Datenpanne beim BKA, als kurz vor der Wahl 2014 herauskam, dass mindestens jeder zweite Bundesbürger kriminalpolizeilich erfasst wurde, entschieden sich viele Wähler statt für die FDP für die Piratenpartei, die schlechthin als eine FDP 2.0 bezeichnet wurde – nur mit dem Unterschied, dass sich diese Partei vehement gegen das Schäuble-Diktat gewendet hatte.

2. Die SPD hatte sich auch nach fünf Jahren kaum von der Wahlschlappe 2009 erholt; weitere Wähler wanderten zu den Linken, da sie sich von denen besser vertreten sehen.

3. Die verheerende Panne in dem AKW Emsland, bei dem ein ganzer Landstrich radioaktiv verseucht wurde (mindestens 400 Menschen starben bisher an den Folgen der Verstrahlung), führte zu massiven Anti-Atomkraft-Kundgebungen. Bei der Bundestagswahl konnten so die Grünen ihr Wahlergebnis deutlich verbessern.

4. Die genannten Punkte führten auch zu Verlusten bei der CDU/CSU. Allerdings konnte sie ihre Verluste in Grenzen halten, weil sie es schaffte, alte Stammwähler zu mobilisieren.

Bundestagswahl 2014

Anmerkung: Bereits die Bundestagswahl 2009 hat verdeutlicht, dass sich die Parteienlandschaft wesentlich verändert hat. Die großen so genannten Volksparteien verloren Stimmen an kleine Parteien, sodass es inzwischen fünf Parteien sind, die die 10-%-Grenze übersteigen. Sollten Bürgerrechte weiterhin eingeschränkt werden, dürfte das auch zu einer Stärkung der Piratenpartei führen und zu deren Einzug in die Parlamente.

Elias Canetti: Das Augenspiel

Mit Die gerettete Zunge, dem ersten Band seiner Autobiografie, erfahren wir aus der Kindes- und Jugendzeit von Elias Canetti. „Die Fackel im Ohr“ (Lebensgeschichte 1921 – 1931) setzt die Autobiographie fort. Die Familie verbringt die Zeit nach dem ersten Weltkrieg in Frankfurt, um dann nach Wien umzuziehen. Hier lernt der junge Elias zum ersten Mal Karl Kraus kennen, einen Sprachkritiker, der seine Zuhörer unglaublich in seinen Bann ziehen konnte. Gerade diese frühen Vorlesungen von Karl Kraus und seine Zeitschrift „Die Fackel“ sind es, die die späteren Werke von Elias Canetti prägen werden. Im Jahre 1928 zieht es Canetti nach Berlin, wo er zum ersten Mal schriftstellerisch tätig ist und die Bekanntschaft u.a. mit Bertolt Brecht macht. Die Beschreibung der Berliner Intellektuellen am Ende der zwanziger Jahre ist ein besonders interessantes Kapitel in diesem Teil von Canettis Autobiographie. Aber auch die folgenden Jahre während des Studiums wieder in Wien zeigen auf interessante Weise, wie sich Canetti schon als junger Mensch mit Werken auseinandersetzte, die er später tatsächlich verfasst hat.

„Das Augenspiel“ ist der dritte und letzte Teil seiner Lebensgeschichte und führt uns in die Jahre 1931 – 1937. Es sind die weiteren Jahre in Wien, in denen er viele Kontakte mit Intellektuellen pflegte. 1930/31 schrieb Canetti an seinem Roman „Die Blendung“, ein Jahr darauf entstand das Drama „Hochzeit“, ein weiteres Jahr später „Die Komödie der Eitelkeit“. Alle drei Werke blieben zunächst unveröffentlicht.

Elias Canetti

Durch Lesungen aus dem Roman und den Dramen lernte Canetti allerdings zahlreiche Künstler und Intellektuelle kennen, darunter den Bildhauer Fritz Wotruba, der einer seiner engsten Freunde wurde, die Künstlerin Anna Mahler (in die Canetti sich unglücklich verliebte) und deren Mutter Alma Mahler-Werfel, über die sich Canetti nur abfällig äußert (die zerflossene Alte auf dem Sofa, die strotzende Witwe), den Gelehrten Abraham Sonne („Dr. Sonne“, später Avraham Ben Yitzhak), den Schriftsteller Hermann Broch, den Komponisten Alban Berg, den Dirigenten Hermann Scherchen und den Schriftsteller Robert Musil. Seine zunehmende Bekanntheit ermöglichte es Canetti schließlich sogar, Die Blendung zu veröffentlichen.

Zu Musil äußert sich Canetti wie folgt in dem Buch:

Musil beim Sprechen zuzuhören war eine Erfahrung besonderer Art. Er hatte keine Allüren. Er war zu sehr er selbst, um je an einen Schauspieler zu erinnern. Ich habe von keinem Menschen gehört, der ihn je bei einer Rolle ertappt hätte. Er sprach ziemlich rasch, aber er überstürzte sich nie. Es war seiner Rede nicht anzumerken, daß ihn mehrere Gedanken zugleich bedrängten: bevor er sie vorbrachte, legte er sie auseinander. Er herrschte eine bestechende Ordnung in allem, was er sagte. Für den Rausch der Inspiration, mit dem die Expressionisten sich hauptsächlich hervortaten, bewies er Verachtung. Inspiration war ihm kostbar, um sie für Zwecke der Exhibition zu gebrauchen. Nichts ekelte ihn mehr als Werfels Schaum vor dem Mund. Musil hatte Scham und stellte Inspiration nicht zur Schau. In unerwarteten, in erstaunlichen Bildern gab er ihr plötzlich Raum, grenzte sie aber gleich wieder ein durch den klaren Gang seiner Sätze. Er war ein Gegner von Überschwemmungen in der Sprache und wenn er sich der eines anderen aussetzte, was einen wundernahm, war es, um entschlossen durch die Flut zu schwimmen und sich zu beweisen, daß immer, selbst für das Trübste, ein jenseitiges Ufer sich fände. Es war ihm wohl, wenn es etwas zu überwinden gab, aber vom Entschluß, einen Kampf aufzunehmen, ließ er sich nie etwas anmerken. Plötzlich war er sicher mitten in der Materie, den Kampf merkte man nicht, man war von der Sache gefesselt, und obwohl der Sieger gelenkig, doch unverrückbar vor einem stand, dachte man nicht mehr daran, wie sehr er es war, die Sache selbst war zu wichtig geworden. (S. 174f.)

Hier interpretiert Canetti sehr viel hinein in Musils Denken und überträgt in meinen Augen eigene Vorstellungen in die des Anderen. Wie schon im Fall Karl Kraus ist es fast maßlose Begeisterung für den Autor des Mannes ohne Eigenschaften. Es führte zu einer Art Symbiose, die sich allein Canetti zunutze macht, wenn auch zunächst nur innerlich.

Genau kann ich es nicht benennen, aber bei Elias Canetti überfällt mich beim Lesen eine Art von Ungehaben. Sicherlich kein zentraler Satz und doch für mich charakteristisch ist die Äußerung: Bilder bestimmen, was man erlebt. (S. 323). Canetti war bestimmt durch Bilder, die er immer wieder betrachtete, Goya spielte eine große Rolle, aber auch Abbildungen der Evangelisten. Er übertrug dabei die Größe anderer (wie schon im Fall Robert Musil) auf sich. Wie sonst sollten Bilder bestimmend im Leben eines Menschen werden.

Eigentlich bekannt wurde Canetti durch sein umfassendes Werk „Masse und Macht“, an dem er Jahrzehnte arbeitete und das auch dazu führte, dass er 1981 den Literaturnobelpreis erhielt. Durch die Nationalsozialisten hatte er Anschauungsmaterial genug. In diesem 3. Teil seiner Autobiografie finden wir so auch einige Sätze hierzu:

… zwischen Panik und Massenflucht unterscheiden …, da die Panik zwar ein echter Zerfall der Masse sei, daß es aber auch, wie man zum Beispiel bei Tierherden gut sehen könne, fliehende Massen gäbe, die keinesfalls zerfielen, die beisammen blieben und denen das Massengefühl, von dem sie erfüllt wären, bei der Flucht zustatten käme. … (S. 48)

Canetti – so scheint es – war nicht nur ein Forscher der Macht, sondern ein Macht-Wollender. Er galt – so dies seinen, teils erschütternden Briefen zu entnehmen ist – als schwieriger, eitler und jähzorniger Mann, gleichzeitig als egoistischer Frauenschwarm, der mit Geld nicht umgehen konnte.

Für mich war Elias Canetti ein zwiespältiger Mensch, der über die Masse schrieb und geschickt ‚die Masse’ der Intellektuellen- und Künstler-Kreise, ob nun in Berlin, Wien oder London, wo er immer wieder schnell zu einer Bekanntheit wurde, für sich zu nutzen verstand. Dieser Zwiespalt lässt sich auch in „Das Augenspiel“ zwischen den Zeilen ablesen. Er schreibt hier über andere, über viele, deren Namen erst später zu wirklichen Größen der Literatur- oder Kunstgeschichte wurden. Und er lässt dabei das Licht, das diese Gestalten aussenden, gern auch auf sich scheinen. In seiner (nachträglichen) Interpretation wird man so schnell zu einem unter Gleichen.

Das soll nicht den literarischen Wert seines Werkes schmälern. Es ist aber schon symptomatisch, wie Canetti den Lesern mit seinen drei autobiografischen Bänden vor Augen führt, in welch exklusiven Kreisen er verkehrte.

Literaturnobelpreis an Herta Müller

Weihnachten 1984 bzw. zum Jahreswechsel 1984/85 und vom 16.01. bis zum 06.02.1986 war ich mit meiner Frau zweimal in Rumänien zum Winterurlaub (siehe u.a. meinen Beitrag In rumänischer ‘Gefangenschaft’). Preiswerter konnte man damals vor über zwanzig Jahren nicht Winterurlaub machen. Flug, Unterkunft und Verpflegung, einmal auch der Skikurs, alles war im Preis inbegriffen. Sicherlich ließ sich das alles nicht unbedingt mit unseren Standards vergleichen, war nicht so komfortabel wie in den Alpen, ob nun Österreich, Schweiz oder Bayern. Aber das Essen war ordentlich und das Hotelzimmer beheizt. Dafür gab es kam Gedränge auf den Pisten. Und die Landschaft war mindestens genau so schön.

Rumänien wurde damals mit eiserner Hand durch den Ceausescu-Clan regiert, der pure Stalinismus. Und obwohl das Land über reichlich Öl- und Erdgasquellen verfügte, waren Benzin, Heizöl usw. rationiert. Nicolae Ceausescu waren die Devisen wichtiger als sein Volk. Dafür hauste er im Luxus und residierte wie ein Fürst. Auch an Lebensmittel fehlte es. Wer konnte, versorgte sich selbst.

Als wir vor Weihnachten 1984 ins Land kamen, sahen wir lange Schlangen vor einem Laden, weil es einige wenige Apfelsinen zu kaufen gab. Und in einem Geschäft gab es Fisch, der in einer Gefriertruhe lagerte – Hammer und Meisel lagen dabei, da man den Fisch aus einem Eisblock herausschlagen musste. Die häufigen Stromausfälle hatten dazu geführt, dass der ganze Fisch zu einem einzigen Eisklumpen zusammenfror.

Bücher gab es viele zu kaufen. Im Schaufernster ausgelegt war die vielbändige Gesamtausgabe von Nicolae Ceausescu, dem Staatspräsidenten Rumäniens, sein gesamtes Bla-Bla. Es gab auch Bücher in Deutsch: ein Buch mit Märchen und ein technisches Wörterbuch Deutsch – Rumänisch, das wir uns kauften.

Wir hatten im Hotel Kontakte u.a. zu einer Kellnerin, einer Siebenbürger Sächsin, die uns mit Schmalzgebackenem und eingelegten Pilzen versorgte – als Gegengeschenk für Kleidung, die meine Frau ihr gegeben hatte. Uns war das eher peinlich, aber sie ließ sich partout nicht davon abbringen. Im Fahrstuhl wurden wir von einem Rumänen angesprochen, der uns unsere Jeans, am liebsten gleich auf der Stelle, abkaufen wollte. Wir waren gewarnt, darauf auf keinen Fall einzugehen. Am Ende landete man so im Gewahrsam der Securitate, dem rumänischen Geheimdienst, der Stasi vergleichbar, und damit vielleicht auf Nimmerwiedersehen.

Damals oder nur kurze Zeit darauf, hörte ich zum ersten Mal den Namen Herta Müller, einer am 17. August 1953 in Nitzkydorf, Rumänien, geborenen Schriftstellerin, einer Banater Schwäbin. Ihr erstes Buch Niederungen, dessen Manuskript vor der Veröffentlichung in Rumänien über vier Jahre vom Verlag zurückgehalten wurde, konnte 1982 in Rumänien, wie alle Publikationen, nur in stark zensierter Fassung erscheinen. 1987 reiste Herta Müller mit ihrem damaligen Ehemann, dem Schriftsteller Richard Wagner, in die Bundesrepublik Deutschland aus.

„Dein Vater hat mich auch beim Kirschenpflücken im großen menschenleeren Weingarten nicht angerührt. Er stand wie ein Pfahl neben mir und spuckte ununterbrochen nasse glitschige Kirschkerne aus, und ich wußte damals, daß er mich im Leben oft verprügeln wird. Als wir zu Hause ankamen, hatten die Frauen im Dorf schon ganze Körbe voll Kuchen gebacken, Männer hatten schon ein junges schönes Rind geschlachtet. Die Klauen lagen auf dem Mist. Ich sah sie, als ich durchs Tor und in den Hof trat… Ich wollte damals sagen, ich will nicht heiraten, aber ich sah das geschlachtete Rind, und Großvater hätte mich umgebracht.“

Die Mutter kann aus dieser Geschichte nicht lernen, sie gibt die Prügel einfach an das Kind weiter und quält es mit ihren eigenen Schreckbildern. Der rohe Vater, häufig betrunken, singt vor dem bildlos flimmernden Fernsehschirm Landserlieder, bis alle spüren, „wir ertragen die anderen und uns selber nicht, und die anderen neben uns ertragen uns auch nicht“.

Zum Kreis der Hölle gehören die allgegenwärtigen Großeltern, gefangen in Aberglauben und den Geschichten, die mit „Früher“ beginnen. Die schrullig herrschsüchtige Großmutter treibt ihre Enkelin mit Ohrfeigen in den Mittagsschlaf. Der Großvater, die Taschen voller Nägel, hat noch am ehesten freundliche Züge. Die Nachbarn sind ebenso ruinierte Leute wie die anderen Dorfbewohner, die alten Männer und noch mehr die alten Frauen – „An den Winternachmittagen sitzen sie am Fenster und stricken sich selber mit hinein in ihre Strümpfe aus kratziger Wolle, die immer länger werden und so lang sind wie der Winter selbst, die Fersen haben und Zehen und behaart sind, als könnten sie von alleine gehen.“

Nicht weniger kratzig in dieser Gespensterwelt sind die Dorfhonoratioren, der Pfarrer, der auf naive Fragen die Hände der Kinder mit dem Lineal rot schlägt, oder der Zahnarzt, der zur Demütigung seiner Patienten ihr Gebiß aus dem Fenster wirft. Ganz am Rand treten wie von fern die Vertreter der Staates auf, ein Tierarzt zum Beispiel, der gegenüber den harten Deutschen fast etwas Freundliches hat – weil er sich leicht betrügen und bestechen läßt.

Soviel zum erstes Buch Niederungen von Herta Müller. Kein Wunder: Teile der Banater Schwaben empfanden dieses Buch als „Nestbeschmutzung“.

In ihrem neuesten Roman Atemschaukel zeichnet die Autorin den Weg eines jungen Mannes in ein Deportationslager nach Russland nach, das exemplarisch für das Schicksal der deutschen Bevölkerung in Siebenbürgen nach dem Zweiten Weltkrieg steht (Blick ins Buch Herta Müller: Atemschaukel).

In diesem Jahr nun erhielt Herta Müller den Literaturnobelpreis. Sie habe „mittels Verdichtung der Poesie und Sachlichkeit der Prosa Landschaften der Heimatlosigkeit“ gezeichnet, hieß es in der Würdigung. Begründet wurde die Vergabe des Nobelpreises mit der Intensität der von ihr verfassten Literatur.

siehe auch zdf.de: Video Herta Müller auf dem blauen Sofa

Sequel auf Sequel

Hollywood setzt immer wieder auf so genannte Sequels, also Nachfolgefilme, Fortsetzungen oder wie auch immer man das nennen mag. War ein Film besonders erfolgreich, so kann man davon ausgehen, dass mindestens ein Sequel nachkommt. Ich meine nicht Filmreihen wie die Filmtrilogie Der Herr der Ringe; hierbei handelt es sich um die Verfilmung eines Buches, das ebenfalls in drei Bänden vorhanden ist. Ich meine Filme wie Ice Age oder Nachts im Museum, deren Erfolg dazu führte, dass die Geschichte fortgesetzt wurde.

Ice Age Teil 1 war nun wirklich sehr witzig. Dafür sorgte das mürrige Mammut Manni und besonders das Faultier und die Nervensäge Sid, durchaus köstlich von Otto Waalkes synchronisiert. So ließen wir uns gern auch Ice Age 2: Jetzt taut’s gefallen. Aber spätestens mit Ice Age 3: Die Dinosaurier sind los hat sich die Geschichte erledigt. Auch dieser Teil wurde mit viel Aufwand animiert und die Nervensäge Sid als Adoptivvater zweier Dinosaurier war ganz lustig. Aber am Ende war ich eher froh, dass der Film vorbei war. Der kommerzielle Erfolg auch des dritten Teils lässt ahnen, dass Otto Waalkes den Sid noch nicht ad acta legen wird.


Ice Age 3 – Die Dinosaurier sind los – Trailer deutsch

Nachts im Museum 2 (Originaltitel: Night at the Museum: Battle of the Smithsonian) ist bemüht, den ersten Teil zu übertreffen. Sicherlich sind die Spezialeffekte enorm, und wer den ersten Teil mochte, wird auch dem zweiten noch etwas Unterhaltendes abgewinnen können. Aber insgesamt glänzt der Film doch eher durch seichten, wenn auch familientauglichen Humor. Auch hier hat sich die Idee schnell verbraucht. Man bewahre uns vor einem 3. Teil.


Nachts im Museum 2 – Trailer deutsch