Archiv für den Monat: Februar 2009

Mein Lifestream

Gleich auf den rechten Seite in diesem Weblog (unter den Links zu den fünf letzten Kommentaren) unter „Meine Websites“ findet Ihr einen neuen Link namens: Willi im Web: lifestream.fm

Willi bei lifestream.fm

lifestream.fm ist ein Medien- und Dienste-Aggregator, also ein Dienstleister, über den jeder einzelne seine eigenen (auch fremde) Medieninhalte sammelt kann. Insgesamt sind zz. 60 Dienste (Services) verfügbar, z.B. die Amazon Wish List, Videos bei Clipfish, MyVideo, YouTube u.a., Fotos bei Flickr, Picasa oder Facebook, Lesezeichen bei Mister Wong, Nachrichten bei Twitter usw. Außerdem kann man hier Links auf alle selbst erstellten Wikipedia-Beiträge hinterlegen oder man lässt seine aktuell laufenden Auktionen bei eBay anzeigen. Außerdem gibt lifestream.fm die Einträge eines RSS oder Atom Feeds aus.

Auf gut Deutsch gesagt: Unter lifestream.fm werden alle meine Aktivitäten (bei YouTube, MyVideo, Mister Wong und alle neuen Beiträge dieses Weblogs) chronologisch aufgeführt. Somit hat jeder, den es interessiert, einen Überblick über (fast) alles, was ich so im Internet verbreche.

Zu den Wurzeln des Blues

Mit einer Exkursion in den Bereich der Weltmusik möchte ich meine Beitragsreihe zu Ry Cooder für heute (vorerst) beenden. Ry Cooder ist für mich nicht nur einer der größten Gitarristen, Bewunderung verdient er besonders dadurch, weil er sich abseits des musikalischen Mainstreams der traditionellen Musik Nordamerikas angenommen hat.

So ist auch das Zusammenspiel zwischen Ry Cooder und Ali Farka Touré aus Mali als eine Rückkehr zu den Wurzeln einer der Richtungen der klassischen Musik Amerikas, dem Blues, zu betrachten. Als sich beide vor Jahren trafen, kristallisierte sich in Gesprächen bei beiden Gitarristen die Idee heraus, die Wurzeln bis zum Ansatz zurück zu verfolgen. Resultat ist ein 1994 erschienenes Album mit zeitlosen Kompositionen, deren Vocal-Parts in vier verschiedenen Sprachen (Tamasheck, Songbau, Bambara und Paul) verfasst wurden. Diese vier afrikanischen Sprachstämme sind zugleich die Muttersprachen der Völker, die von Sklavenhändlern einst in das Land der ‚Freiheiten und unbegrenzten Möglichkeiten‘ verschleppt wurden.

Ali Farka Touré & Ry Cooder: Talking Timbuktu

Das gemeinsame Projekt „Talking Timbuktu“ ist eine gelungene Mischung aus klassischen Black-Blues und den folkloristischen Elementen Malis. Interessant ist dabei die instrumentale Mischung aus Gitarre, Percussion und Njarka (einer Art Fidel), ganz besonders die so typische Stimme von Ali Farka Touré, die den Liedern ein ganz besonderes Flair einhaucht. Daraus ist auch deutlich der für Mali typische starke arabische Einfluss zu hören. 1995 bekam die Scheibe „Talking Timbuktu“ den Grammy als Best World Music Album.

Track listing:

1. Bonde
2. Soukora
3. Gomni
4. Sega
5. Amandrai
6. Lasidan
7. Keito
8. Banga
9. Ai Du
10. Diaraby

Hier einige kleine Ausschnitte aus mehreren Stücken des Albums: 2. Soukora – 3. Gomni – 5. Amandrai – 6. Lasidan – 9. Ai Du (jeweils rd. 30 Sekunden lang):


Ali Farka Touré & Ry Cooder: Ausschnitte aus „Talking Timbuktu“ (1994)

weitere Musiksampler aus: „Talking Timbuktu“

siehe hierzu auch meinen Beitrag: Desert Blues – Musikprojekt aus Mali

Fastenzeit

Der heutige Aschermittwoch (lat.: Dies Cinerum) stellt im Christentum der Westkirche den Beginn des 40-tägigen Fastens dar und soll an die 40 Tage erinnern, die Jesus fastend und betend in der Wüste verbrachte (Matthäus 4,2). Als Fastenzeit wird im christlich-abendländischen Kulturkreis der Zeitraum der sieben Wochen vor Ostern bezeichnet.

Fasten ist eine Form menschlicher Kultur entweder mit verminderter Nahrungsaufnahme und Elementen der Askese oder vollständigem Nahrungsverzicht, d. h. als Leben aus körpereigenen Reserven. Das Wort kommt vom gotischen fastan = (fest)halten, beobachten, bewachen; bzw. althochdt.: fasten = fest (an den Geboten der Enthaltsamkeit festhalten).

Wird nur eine bestimmte Art der Nahrung – beispielsweise Fleisch – oder ein Suchtmittel weggelassen oder eingeschränkt, spricht man von Enthaltung oder Abstinenz.

Allgemein soll das Fasten mittels reduzierter Nahrungsaufnahme mehreren Zwecken dienen:
– der religiösen Praxis, u. a. in der christlichen Fastenzeit und im muslimischen Fastenmonat Ramadan
– in mehreren Religionen, der Vorbereitung auf religiöse Feste
– einem Gewinn an seelischer Harmonie und an Demut
– einer Förderung der Wahrnehmung und der eigenen Aufmerksamkeit
– einer Erhöhung der Willenskraft und Vorbereitung auf spezielle Herausforderungen
– der Trauer über einen Todesfall oder sonstigen Verlust
– dem Zuwachs an psychischer und sozialer Kontrolle bzw. Macht (siehe z. B. Mahatma Gandhi oder allgemein Hungerstreik),
– und (bei gezielter Methodik) auch dem Abnehmen, bzw. der Kontrolle des Körpergewichts.

Um es gleich zu sagen: Ich habe vorerst nicht vor zu fasten. Aber bei den Suchtmitteln möchte ich mich doch beschränken.

Meine Frau allerdings wird wie in den Vorjahren eine Fastenzeit einlegen, in der sie ihre Nahrungsaufnahme im Wesentlichen auf Früchte- und Kräutertees, Obst- und Gemüsesäfte beschränkt. Dafür presst sie besonders Gemüsesäfte selbst, damit diese wenigstens einige Ballaststoffe noch haben. Dieses Fasten dient für sie hauptsächlich der Entschlackung des Körpers.

Mein älterer Sohn, seit längerer Zeit bereits Vegetarier, will in der Fastenzeit zusätzlich auf alle Eier- und Milchprodukte verzichten, also vegan leben. Er tut sich hierfür mit anderen jungen Leuten zusammen, die auf ihre Art fasten oder zumindest abstinent leben wollen, z.B. auf Süßigkeiten aller Art verzichten möchten.

Neben dem religiösen und gesundheitlichen Aspekt halte ich das Fasten bzw. die Abstinenz für sinnvoll, um (wie bereits erwähnt) die Wahrnehmung und Aufmerksamkeit gegenüber dem eigenen Tun und Lassen, aber auch gegenüber der Umwelt zu erhöhen und die eigene Willenskraft zu stärken. In einer Welt, in der sich die Menschen oft nur noch treiben lassen, tut es gut, eine Zeitlang eine Nische aufzusuchen, um das eigene Bewusstsein zu schärfen.

Siehe auch Fotoschau bei zdf.de. Gute Vorsätze für die Fastenzeit

40 Jahre Zweitausendeins

Als ich noch in Bremen lebte, und das ist über 30 Jahre her, bestellte ich hin und wieder etwas beim 2001 Versand; einen Laden gab es damals noch nicht in Bremen, sondern nur in Hamburg.

Dann später in Hamburg wohnte meine damalige Freundin und jetzige Frau in der Grindelallee, gleich schräg gegenüber dem 2001-Laden. Da war es ein Leichtes, dort einkaufen zu gehen. Auch heute wage ich es öfter, diesen Laden (oder den in den Colonnaden) aufzusuchen, schließlich arbeite ich in Hamburg und bummle auch so öfter durch die Stadt mit meinen Lieben.

Zweitausendeins verkauft Bücher, CDs und DVDs (also Musik, Filme, Softwaren und Hörbücher) und hat hiervon einiges im Angebot, das es eben nur bei Zweitausendeins gibt. Und genau das hat es in sich: Wo sonst findet man z.B. James Joyce’ „Finnegans Wake“ oder Italo Svevos „Zenos Gewissen“ – beide in einer zweisprachigen Ausgabe – und das noch zum Spottpreis (den Joyce gibt es übrigens auch für gut 1 Million Euro bei amazon.de plus drei Euro für Versandkosten). Übrigens: In diesem Blog habe ich öfter Bezug auf Zweitausendeins-Produkte genommen.

In diesem Jahr besteht nun der Zweitausendeins Versand bereits 40 Jahre. Ich als ‚alter’ Kunde kann da nur gratulieren und alles Gute für die mindestens zehn weiteren Jahre wünschen.

40 Jahre Zweitausendeins

Zweitausendeins heißt so, weil bei der Gründung der Versanddienst GmbH die Frage aufkam, wie ein schickes, modernes, aufstrebendes Distanzhandels-Start-up wohl füglich zu heißen habe: Qualle? Fader? Schneckermann? Manni fackt rum? Oder gar – nach dem linken Schriftsteller – Bodo Uhse Versand? Im Kino kam dann die Erleuchtung bei Kubricks „2001 – A Space Odyssey“. Mehr Zukunftshaltigkeit war nicht zu haben. Was wäre aus uns geworden, wenn wir Kubricks „A Clockwork Orange“ gesehen hätten? Vermutlich ein brutalstmöglich Uhren verkaufender Saftladen.

(Fast) unterschlagene Beiträge – Teil 17

Zum Teufel gejagt

Jetzt muss er sich anderswo ein Plätzlein suchen, um die Fakten, die er bisher leugnete, neu zu bewerten. Mag der Papst die Exkommunizierung aufgehoben haben, Argentinien zeigt sich weniger zimperlich: Binnen zehn Tagen hat der Pius-Bruder und Holocaust-Leugner Williamson das Land zu verlassen.

Von selbst erledigt

Kein Bock auf Nazis

Jahrelang wurde über ein Verbot der rechtsextremen NPD diskutiert. Jetzt sieht es so aus, als erledige sich der Fall von selbst: Den Neo-Nazis droht der finanzielle Ruin. Spendergelder in Millionen Höhe sind verschwunden. Einige NPD-Mitglieder versuchen offensichtlich, die Partei „auszuplündern“. Sollen sie es.

Der Staat ist für „alle“ da: Das Milliarden-Grab HRE

„Wenn der Staat nicht umgehend einsteige, könnten die Folgen für den internationalen Finanzmarkt schlimmer sein als beim Zusammenbruch von Lehman Brothers.“ Begründung:

Die HRE ist ein großer Herausgeber von Pfandbriefen. Sie sind neben Staatsanleihen die sichersten Wertpapiere der Welt. Dieser Ruf soll geschützt werden. Außerdem wickeln viele andere Banken Geschäfte über die HRE ab. Würde sie zusammenbrechen, müssten die Institute noch mehr Milliarden abschreiben.

Das mag zunächst sinnvoll erscheinen, aber volkswirtschaftlich entpuppt sich der Immobilienfinanzierer Hypo Real Estate (HRE) als Grab für Abermilliarden Euro. Eine Enteignung verlangsamt nur den sicheren Tod, der unausweichlich ist.

Und die nächste Hiobsbotschaft wurde bekannt: Demnach seien bei der HRE Geschäfte in Milliarden-Höhe getätigt worden, die nicht in der Bilanz auftauchen. Diese seien zum Teil hochspekulativ gewesen.

Werder kommt nicht vom Fleck

Werder verharrt weiterhin im Bundesliga-Fußball-Mittelmaß und kommt einfach nicht in Fahrt. Nach dem kläglichen 1:1-Unentschieden zu Hause gegen den Tabellenletzten Gladbach verliert Werder beim weiteren Abstiegskandidaten Cottbus in letzter Minute 1:2. Das verdeutlicht, wie tief die Verunsicherung steckt. Man mag über die Gründe spekulieren. Ein kollektives Burn-out-Syndrom wird bereits diagnostiziert. Und jede Menge Pech trotz all dem Unvermögen kommt sicherlich auch hinzu.

Verwunderlich ist da natürlich die allgemeine Ruhe, die immer noch im Verein und auch bei den Fans vorherrscht. Trotz unverkennbarer Krise ist bisher keine Hektik zu erkennen. Bis jetzt. Nach der gestrigen Niederlage dürfte sich das langsam ändern. Und spätestens, wenn man im UEFA-Pokal gegen den AC Mailand ausscheiden sollte, dürfte die Bombe platzen.

Hinspiel gegen AC Milan in voller Länge – dabei Diegos (hoffentlich) ganz wichtiges Tor im UEFA-Cup

siehe auch: Werder-Internat, die Talent-Brutstätte

Müller-Meyer-Schulze

Namen sind eigentlich Schall und Rauch, oder nicht? Nomen est Omen? Manchmal schon. Damit es nicht zu kunterbunt in Deutschland mit der Namensgebung hergeht, gibt es ein Namensrecht, das sowohl den Gebrauch von Familien- wie Vornamen regelt. Ansonsten bestimmen Gerichte, ob ein Name (Vorname) zulässig ist oder nicht.

Durch Änderungen im Namensrecht kamen Doppelnamen (im Nachnamen) in Mode. Was wären wir heute ohne Namen wie Leutheusser-Schnarrenberger (FDP), Müller-Lüdenscheid (Loriot) oder Schäfer-Gümbel (SPD). Wie steht es aber mit Dreifach-Namen und mehr, z.B. Müller-Meyer-Schulze? Wie viele Bindestriche sind erlaubt? Nun Namensdrillinge sind verboten in Deutschland. Seit 1993. Und dagegen klagt nun eine Zahnärztin aus München, die unbedingt Thalheim-Kunz-Hallstein heißen möchte, vor dem Bundesverfassungsgericht. Mit dem Urteil wird es wohl noch einige Monate dauern.

Nun, wie steht es mit dem deutschen Namensrecht? Der Regelfall ist heute immer noch so, dass die Frau den Nachnamen des Mannes übernimmt. Aus Frau A wird Frau B, weil ihr Gemahl B heißt. So heißt auch der Nachwuchs B. Als ich heiratete wurde aus meiner Frau, Geburtsname A, eine A-B, weil ich B heiße und weiterhin heiße. Unsere Kinder heißen beide B, weil der Familienname B ist. Sie hätten nach damaligem Recht aber auch A, B, A-B oder B-A heißen können. Das ist heute, wenn ich das richtig sehe (und wer blickt als Außenstehender da schon genau durch), etwas anders. Unsere Kinder könnten nur den Vater- oder den Mutternamen übernehmen (also A-B wie meine Frau oder B wie ich).

Andere Länder, andere Sitten und anderes Namensrecht. In Spanien hat jeder zwei Nachnamen. Der doppelte Nachname ist in Spanien üblich. Der Nachname setzt sich aus dem ersten Nachnamen des Vaters und dem ersten Nachnamen der Mutter zusammen, gebraucht wird dann häufig nur der erste Nachname. Bei der Eheschließung gibt es für Ehepaare keinen gemeinsamen Nachnamen, jeder behält einfach seinen bisherigen und die gemeinsamen Kinder erben dann den ersten Nachnamen des Vaters und den ersten Nachnamen der Mutter.

Von Russland weiß ich, dass es dort drei Namen gibt: einen Rufnamen (also unser Vorname), einen vom väterlichen Namen abgeleiteten Namen (Vatersname) und den Nachnamen; so würde ich Wilfried Hermannowitsch A… heißen. Im engeren Kreise spricht man sich (dank Dostojewski wissen wir es) mit dem Vatersnamen an.

Interessant ist Island, denn das dortige Namensrecht war früher auch in anderen skandinavischen Ländern – und in Norddeutschland verbreitet. Dort gibt es keinen Familiennamen, sondern einen meist vom Vornamen des Vaters (Patronym), aber durchaus auch von der Mutter (Metronym) abgeleiteten Nachnamen: So besteht der zweite Name aus dem Namen des Vaters (im Genitiv) erweitert um -son (Sohn) oder -dóttir (Tochter). Benennungen nach der Mutter waren früher selten (uneheliche Geburt mit unbekanntem Vater), sind aber heute im Zuge der Gleichstellung gesetzlich möglich. So gibt es in Island überhaupt keine durchgehenden Nachnamen. Ich würde so z.B. Vilfríđ Hermannsson heißen, mein ältester Sohn: Jan Vilfríđsson. Meine Frau hieße Christa Klássdóttir (á spricht sich wie au – also Klaus).

Dazu fällt mir eine nette Anekdote ein. 1990 bereiste ich mit meiner Frau und Freunden für gut drei Wochen Island. In Reykjavik, der Hauptstadt, hatte ich für uns alle eine Unterkunft in einem Seemannsheim vorgestellt (Island war und ist teuer, dort war es am billigsten). Nun standen wir mit Sack und Pack an der Rezeption und ich verwies auf die Reservierung unter meinem Namen (ich nannte natürlich meinen Nachnamen). Die junge Frau an der Rezeption, die auch sehr gut deutsch sprach, konnte aber meinen Namen in der entsprechenden Liste nicht finden. Ich wiederholte meinen Namen, nun aber auch mit Vornamen. Da fand sie dann auch gleich unsere Anmeldung – eben unter meinem Vornamen. – Noch eines: Sucht man in einem isländischen Telefonbuch (siehe auch Bild) einen Anschluss, dann sollte man auch hier nach dem Vornamen suchen, der dann aber wiederum nach dem Nachnamen sortiert ist (Kristin Finnbogadóttir steht also vor Kristin Ívarsdóttir und diese vor Kristin Kristmundsdóttir).

So nebenbei: Müller bleibt der häufigste deutsche Nachname – Auf Platz zwei und drei kommen Meier und Schmidt

100 Jahre Heinz Erhardt

Selbst meine Söhne wissen gleich, um wen es geht, wenn der Spruch ertönt: Und noch ’n Gedicht! Es geht um einen etwas dicklichen Mann mit schütterem Haar und einer dunklen Hornbrille, mit naiv-verschmitzten Tonfall und einer gewollt unbeholfene Art: Heinz Erhardt.

Heute vor 100 Jahren wurde Heinz Erhardt in Riga, der Hauptstadt Lettlands, geboren. Am 5. Juni 1979 verstarb er in Hamburg. Heinz Erhardt war der beliebteste Komiker im betulich-altbackenen Wirtschaftswunder-Deutschland der 50er und 60er Jahre, bekannt für seine vollkommen unpolitischen Witze und Sprachspiele. Unpolitisch? Dazu komme ich später noch.

„O wär‘ ich
Der Kästner Erich!
Auch wär‘ ich gern
Christian Morgenstern!
Und hätte ich nur einen Satz
Vom Ringelnatz!
Doch nichts davon! – Zu aller Not
Hab ich auch nichts von Busch und Roth!
Drum bleib‘ ich, wenn es mir auch schwer ward
Nur Heinz Erhardt!“

(Heinz Erhardt)

Heinz Erhardt

Vielen mag Erhardt heute wie seine Zeit eher alt- gar hausbacken, leicht angestaubt und überholt vorkommen. Aber sein Humor ist zeitlos und funktioniert immer noch. Schauen wir doch einfach einmal bei youtube nach, da finden sich unzählige Perlen Erhardt’schen Witzes.

Neben den Gedichten sind es besonders die Weisheiten und Aphorismen, viele kleine Sprachspiele, in denen Heinz Erhardt glänzte, hier nur einige Beispiele:

Wer sich selbst auf den Arm nimmt,
erspart anderen die Arbeit.

Frieden auf Erden – hoffentlich wird es keinen Zaun
mehr geben, von dem man einen Streit brechen kann.

Manchmal hat es wirklich keinen Sinn,
die Stirn zu fletschen und die Zähne zu runzeln.

Ich reibe mir Morpheus Arme aus den Augen,
werfe mir den Hut um die Schulter und lebe sinnlos mäßig.

Wenn der Kragen am Hemd nicht sitzt,
handelt es sich häufig um einen Stehkragen.

Genug. Hier gibt es eine endlos lange Latte an herrlichen Gedichten – viel Spaß dabei:
Heinz Erhardt Gedichte [1]Heinz Erhardt Gedichte [2]

Heinz Erhardt tanzt

Apropos Gedichte und das Stichwort unpolitisch. Auch wenn Heinz Erhardt das folgende Gedicht „Flecke“ nicht geschrieben hätte, so wüsste ich doch, dass sein ganzes Trachten von einer humanen Gesinnung geprägt war. Um wirklich menschlich zu sein, muss man Humor besitzen. Man bedenke nun, dass Heinz Erhardt folgendes Gedicht zur Adenauer-Zeit im Wirtschaftswunderland Deutschland verfasst hat. Das hatte, so finde ich, etwas Bemerkenswertes (man achte besonders auf die letzte Strophe):

Flecke

Gott, voller Weisheit, hehr und mild
schuf uns nach seinem Ebenbild
Gewiß, wir Menschen sind gescheit,
doch wo ist uns’re Menschlichkeit?
Erscheint uns jemand edel, groß,
so täuscht das: er verstellt sich bloß!
Erst wenn er Böses tut und spricht,
zeigt er sein wahres Angesicht! –

Um obiges nun zu beweisen,
laßt alphabetisch uns verreisen,
dann kann man sehn, was so geschah!
Wir fangen vorne an, bei A!

A (Amerika)

Amerika, du Land der Super-
lative und dort, wo James Cooper
zwar seinen »Lederstrumpf« verfaßte,
man aber die Indianer haßte,
weshalb man sie, halb ausgerottet,
in Reservaten eingemottet,
sich dafür aber Schwarze kaufte,
sie schlug und zur Belohnung taufte,
doch heute meidet wie die Pest,
sie aber für sich sterben läßt –
wie beispielgebend stehst du da
für Menschlichkeit! O, USA!

B (Briten)

Jedoch auch sie, die vielen Briten,
die Schott- und Engländer, sie bieten
für unser Thema Menschlichkeit
so manchen Stoff seit alter Zeit!
Nur waren’s statt Indianer Inder,
die sie ermordeten, auch Kinder;
und ähnlich Schreckliches erfuhren
danach die Iren und die Buren,
die man durch den Entzug des Fetts
verschmachten ließ in den Kazetts!
Jedoch bei Völkern, welche siegen,
wird sowas immer totgeschwiegen…

C (Christen)

Dann wäre da, bar jeden Ruhms,
so manche Tat des Christentums,
die, eben wegen seiner Lehre,
am besten unterblieben wäre!
Man denke da zum Beispiel an
Inquisition zuerst und dann
an Waffensegnung mit Gebeten,
um andre Gläubige zu töten!
Auch dieses: lieber Menschenmassen
verelenden und hungern lassen,
statt man Geburtenreglung übe –
auch das zeugt nicht von Menschenliebe!

D (Deutschland)

Nun: Wollt ihr, daß im Alphabet
es mit dem D jetzt weitergeht?
Ist es nicht besser, wenn ich ende?
Wascht nur in Unschuld eure Hände
und greift, kraft eigenen Ermessens,
zum güt’gen Handtuch des Vergessens…

Doch hilft das Waschen nicht und Reiben:
Die Flecke bleiben!

Welcher Popularität sich Heinz Erhardt noch heute erfreut, zeigen auch die vielen Beiträge in Zeitungen und im Internet und die Sendungen im Fernsehen, die in diesen Tagen verbreitet werden. Das Hamburger Abendblatt widmete ein ganzes Wochenendjournal dem Komiker, der viele Jahre in Hamburg lebte. Und so lassen sich auch die TV-Sender nicht lumpen und stellen viel Material über Heinz Erhardt ins Netz: daserste.dendr.de

Anempfehlen möchte ich auch einen kleinen Artikel aus der Welt, der gewissermaßen auch die Schattenseiten von Erhardts Schaffen beleuchtet. So sehen wir heute Heinz Erhardt in vielen Filmen, die des Anguckens nicht wert wären, würde darinnen nicht dieser unvergessene Komiker auftreten. Längst wären diese Filme der Mottenkiste anheim gefallen.

Zuletzt eine Ehrung, die ihm sicherlich gefallen hätte. Zwischen den Straßen Saseler Chaussee, Rabenhorst und Pfeilshofer Weg im Norden von Wellingsbüttel, einem Stadtteil Hamburgs, soll der Heinz-Erhardt-Park entstehen. Erhardt wohnte viele Jahre nur wenige Meter von dieser Stelle entfernt:


Heinz-Erhardt-Park in Hamburg-Wellingsbüttel

Übrigens: Im Jahr 2007 kam Heinz Erhardt bei der Wahl zum besten deutschsprachigen Komiker in der ZDF-Sendung „Unsere Besten – Komiker & Co.“ auf den zweiten Platz hinter Loriot.

Tomatis-Hörtherapie: fehlende Lobby

„Wir machen keine Musiktherapie, sondern eine akustische Reizstimulation“

In meinem Beitrag Meditationen über Mozart erwähnte ich den Besuch bei einem Arzt, bei dem mein jüngerer Sohn an einer Hörtherapie nach der Methode von Dr. Alfred Tomatis, auch Mozart-Therapie genannt, teilnahm. Grund hierfür war eine Krankheit meines Sohnes im Kleinkindalter, die bis heute ihre Nachwirkung in Form von Auffälligkeiten in der auditiven Wahrnehmung zeitigt.

Der französische HNO-Arzt Alfred Tomatis entdeckte in den 1950er Jahren, dass vor allem Mozarts frühe Werke das menschliche Gehirn auf besondere Weise anregen und dadurch eine therapeutische Wirkung hervorgerufen wird. Er entwickelte ein Hörtraining, bei dem mit Hilfe eines computergesteuerten „elektronischen Ohrs“ gefilterte Frequenzbereiche durch spezielle Kopfhörer wiedergegeben werden. Dabei werden die Vibrationen der Musik zusätzlich über die sogenannte Knochenleitung vom Körper aufgenommen.

Diese Form der Mozart-Therapie erwies sich als großer Erfolg bei Menschen mit Konzentrationsschwächen, Angstzuständen oder Sprachproblemen, sowie bei Schwangeren zur Vorbeugung von Frühgeburten und bei Wachkomapatienten.

Sogar der Schauspieler Gerard Depardieu machte dieses Hörtraining, um seine Texte besser lernen zu können. Er nannte Tomatis „Dr. Mozart“.

Tomatis-Hörtherapie

Mit Schreiben vom 9. November 2008 bat ich meine Krankenkasse um Übernahme der Kosten. Mit Schreiben vom 27.11.2008 kam (nicht gerade postwendend) die Antwort mit einer Absage. Lakonisch wurde mitgeteilt:

Die HEK kann die Kosten nur für anerkannte Therapien übernehmen. Die Tomatis-Hörtherapie ist nicht anerkannt. Insofern ist eine Kostenübernahme ausgeschlossen.

Mit Schreiben vom 3. Dezember 2008 legte ich gegen diesen Bescheid Widerspruch ein; u.a. schrieb ich:

Mir ist klar, dass Sie in Ihren Entscheidungen an vertragliche Absprachen und Richtlinien gebunden sind. So übernehmen Sie lediglich die Kosten für Therapien, die entsprechend diesen Richtlinien anerkannt sind. […]

Mir sind die Vorbehalte der Schulmedizin, insbesondere die gemeinsame Stellungnahme der Gesellschaft für Neuropädiatrie, der ADANO (Arbeitsgemeinschaft deutschsprachiger Audiologen und Neurootologen), der Deutschen Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Halschirurgie und der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie, bekannt. Im Wesentlichen beschränken sich diese Vorbehalte auf fehlende Beweise für den Erfolg der Therapie und berufen sich auf Aussagen anderer Ärzte. Eigene Belege und Untersuchungsergebnisse werden nicht vorgebracht. U.a. heißt es dort: „Es kann auch nicht nachvollzogen werden, daß stark gefilterte und damit verfremdete Klangqualitäten einen spezifischen Effekt in dem geschilderten Sinne erzielen können, selbst wenn man davon ausgeht, daß der offensichtlich noch erhaltene Rhythmus der klassischen Musik nicht ohne Wirkung auf den Probanden bleibt.“ Immerhin heißt es dort auch: „Rosenkötter (1995/96) nimmt an, daß die Therapie auf die Regelkreise des Hirnstamms und der Innenohrperzeption Einfluß nehme.“ Und „Damit wird nicht unterstellt, daß bei Kindern und Jugendlichen, die nach der Tomatis-Methode behandelt wurden, keinerlei (unspezifische) Effekte auftreten können.“.

Alternativ wäre sicherlich eine Behandlungsmaßnahme durch einen Logopäden möglich. Ob aber eine adäquate Behandlung erfolgreich wäre, hielten meine Frau und ich für fraglich, […]. So sehe ich eine Behandlung innerhalb der analytischen Hörtherapie für die erfolgversprechendere.

[…]

Die Empfehlung für die Hörtherapie nach Dr. Tomatis kam von einer Lerntherapeutin, bei der unser Sohn Nachhilfe bekommt. Sie verwies dabei auf die nachhaltigen Erfolge dieser Therapie bei anderen Schülern, die sie bisher betreute.

In der analytischen Hörtherapie werden ähnlich einem Muskel die für das Hören vorgesehenen Nerven des Gehirns gewissermaßen trainiert, indem diese in einer bestimmten Abfolge unterschiedlichen akustischen Reizen ausgesetzt werden (Töne hoher Frequenzen dienen als Stimulans, Töne tiefer Frequenzen zur Entspannung). Das ist eine für mich als Musikverständigen auch logisch durchaus nachvollziehbare Behandlungsmethode. Die Behandlung erfolgt bei einem promovierten, approbierten Mediziner.

Kontrolluntersuchungen zur Mitte und am Ende des ersten Behandlungsabschnitts von 15 Tage zeigen deutliche Verbesserungen sowohl beim Test der Luft- als auch der Knochenleitung. Das Unterscheidungsvermögen unterschiedlich hoher Frequenzen ist ebenfalls klar verbessert.

[usw.]

Wir mussten bis zum 12.02.2009 warten, bis ein Schreiben, verfasst vom Widerspruchsausschuss der Krankenkasse, eintraf, also über zwei Monate nach Eingabe des Widerspruchs, mit dem Ergebnis:

„Dem Widerspruch wird nicht stattgegeben.“

Verwiesen wird dabei (jetzt etwas ausführlicher) auf den Leistungsrahmen, der (u.a.] in dem zwischen dem Verband der Angestellten-Krankenkassen e.V. und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung geschlossenen Arzt-/Ersatzkassenvertrag geregelt ist. „Sie regelt das Spektrum der ärztlichen Leistungen abschließend.“

In den Entscheidungsgründen wird u.a. folgendes ausgeführt:

Bei der Tomatis Hörkur handelt es sich um eine Methode, die der Gemeinsame Bundesausschuss bisher noch nicht bewertet hat. […] Eine Behandlungsmethode gehört deshalb erst dann zum Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung, wenn die Erprobung abgeschlossen ist und über die Qualität und Wirksamkeit der neuen Methode nachprüfbare Aussagen gemacht werden können.

Mannschatz - Vorsitzender des HEK-Widerspruchsausschusses

Soweit hierzu (Langes Geschreibsel, kurzer Sinn): Gegen die Tomatis-Hörtherapie gibt es eine Anzahl von Einwänden. Ob diese nun begründet sind oder nicht, wurde im Widerspruchsentscheid wohlweißlich nicht erörtert (das wäre ein Thema für sich). Okay. Was mich aber wirklich wundert ist, dass die Tomatis-Hörtherapie bisher durch den „Gemeinsamen Bundesausschuss“ noch nicht bewertet wurde, so als wäre sie etwas völlig Neues und nicht schon seit Jahrzehnten bekannt (allein der Arzt, bei dem wir für unseren Sohn die Therapie durchführen ließen, behandelt seine Patienten hiernach seit über 15 Jahren). Wie mir scheint, fehlt den Verfechtern dieser Therapie die gehörige Lobby im genannten Ausschuss. Ich denke allerdings auch, dass diese eine entsprechende Erprobung nur zögerlich betreiben.

Wie auch immer: Die Pharmaindustrie ließe sich kaum auf diese Art abspeisen. Jede Verzögerung in der Erprobung führte zu Millionenverlusten. Dann betreibt man die Erprobung schon lieber selbst.

Wo gehobelt wird …

Da ist mir doch ein unwiderrufliches Missgeschick passiert:

Leider wird dieses Weblog nicht nur mit von mir erwünschten Kommentaren versehen, sondern auch mit jeder Menge Spams. Die lösche ich natürlich von Zeit zu Zeit. Nun habe ich einen Augenblick geschlafen und nicht nur die Spams, sondern auch eine Anzahl anderer, bisher zugelassener Kommentare gelöscht. Ein falsches Häkchen gesetzt und weg waren sie.

Wie meine Beiträge, so werden auch die Kommentare in einer Datenbank (MySQL) abgelegt. Dort kann ich die gelöschten Datensätze aber leider nicht mehr zurückholen (Rollback-Kommandos helfen nicht). Auch habe ich keine aktuelle Datensicherung vorliegen.

Es tut mir also wirklich Leid: All die letzten rund 20 Kommentare sind weg wie Schmidts Katze. Ich bitte um Entschuldigung und bin untröstlich!

Euer Willi

Nachtrag: Wo gehobelt wird, da fallen Späne. Manchmal bekommt man doch noch wieder (fast) alles zusammen: Da ich immer dann, wenn hier ein Kommentar abgegeben wird, eine Mail bekomme, so konnte ich den Großteil der gelöschten Kommentare aus diesen Mails wieder herstellen.