Archiv für den Monat: November 2008

Jean-Marie Gustave Le Clézio : Onitsha

Die Vergabe des Literaturpreises 2008 an den Franzosen Jean-Marie Gustave Le Clézio sorgte besonders in Deutschland für einiges Unverständnis. Ein Grund: Keiner kannte ihn bisher richtig. Als ich zwei seiner Bücher vor acht Jahren zum ersten Mal las, so war bis heute nicht viel in meinem Gedächtnis von dem Gelesenen hängen geblieben. Natürlich frage ich mich heute, was der Grund dafür sein konnte. So las ich also eines der Bücher Onitsha (1991 – dt. Ausgabe 1993 bei Kiepenhauer & Witsch, Köln) in diesen Tagen erneut.

Jean-Marie Gustave Le Clézio

Nun Le Clézio wurde der Nobelpreis als „dem Verfasser des Aufbruchs, des poetischen Abenteuers und der sinnlichen Ekstase” zuerkannt. Ich halte „Onitsha“ für ein sehr poetisches Buch. Es ist Entwicklungs- und eine Art Abenteuerroman und ein Buch über eine uns unbekannte Welt, die Welt der Schwarzafrikaner. Afrika hat mich schon immer interessiert, von der Musik bis hin zur Literatur (beginnend mit Albert Camus und das Leben in Nordafrika bis hin zu Wole Soyinka aus Nigeria). Was mich vielleicht vor Jahren beim ersten Lesen dieses Romans störte: Es fehlt mir etwas der psychologische Tiefgang. Die Personen verharren auf einer Oberfläche, die zwar immer wieder einen Blick in die Tiefe zulässt, der dann aber nur unzureichend ausgeleuchtet wird. Sicherlich sind knapp 300 Seiten zu wenig, um sich der vielen Themen, die hier angesprochen werden, ausführlicher zu widmen. So ist dieser Roman wie ein Gedicht, knapp und poetisch, aber ohne epische Breite.


Onitscha/Nigeria

Zum Inhalt: Geoffroy Allen lebt am Nigerstrom, „etwas oberhalb des Stroms, ein wenig stromaufwärts von der Stadt Onitsha, wie im Herzen einer großen Kreuzung von Wasserwegen.“ Geoffroy arbeite für eine britische Handelsfirma, die diverse Waren aus England importiert.

Als Maou, seine Frau, und der zwölfjährige Sohn Fintan im Jahre 1948 in Port Harcourt ankommen, haben sie eine vierwöchige Schiffsreise hinter sich. Maou ist voller Zuversicht und freut sich schon auf ihr Leben in Afrika: weite Grasebenen, in denen man sich verliert, der breite Strom, so breit, dass man ihn für ein Meer halten könnte, Mangobäume, rote Lehmhäuser und ihr Haus auf einem Hügel, das von Bäumen umgeben ist. Fintan wird erstmals seinen Vater sehen.

Doch die Reise führt keineswegs ins Idyll. Maou betritt afrikanischen Boden, und es dauert nicht lange, da macht sie sich bei Kolonialbeamten unbeliebt. In Onitsha trifft sie auf „eine Gesellschaft von langweiligen, pedantischen Beamten“, die in ihrem Klub Bridge spielen, währenddessen angekettete Sklaven für die englischen Herrschaften eine Grube für ein Swimmingpool ausheben.

Goeffrey dagegen träumt davon, das Land zu finden, in das der Legende nach eine schwarze ägyptische Königin einst mit ihrem Volk gezogen ist, als die Stadt Meroë im Jahre 350 nach Chr. vom König Ezana aus Aksum geplündert wurde.

Für Fintan, dem 12-jährigen tut sich dagegen eine wundervolle Welt auf. Mit seinem afrikanischen Freund Bony erlebt er Abenteuer, wobei er in das afrikanische Leben und auch in die Mythologie des schwarzen Kontinents eintaucht.

Als eine schwere Malariaerkrankung Geoffroys die Familie zwingt, Afrika zu verlassen, nimmt Fintan ein Stück von Afrika für immer mit sich nach Europa.

Wie sein Held Fintan hat Le Clézio seine Kindheit in Afrika verbracht. Er hat mit diesem Buch den Roman einer nie vergessenen Initiation geschrieben. Ihm gelingt es, die kunstvolle Verknüpfung von persönlichen Schicksalen mit den uralten Mythen des schwarzen Kontinents und den Bildern einer geheimnisvollen, archaischen Welt, die im Biafrakrieg für immer untergegangen ist, aufzuzeigen.

(Fast) unterschlagene Beiträge – Teil 13

Gates soll Chef im Pentagon bleiben

Einer soll bleiben: Robert Gates, Verteidigungsminister der Regierung Bush soll dieses Amt in der Regierung Obama behalten – mindestens noch ein weiteres Jahr. Gates ist seit zwei Jahren unter Präsident George W. Bush Verteidigungsminister. Er gilt als gemäßigter Politiker und ist seit langem den Republikanern verbunden. Mit seiner Nominierung würde Obama seine Zusage erfüllen, dass auch ein Republikaner in seinem Kabinett sein solle.

Man stelle sich das einmal bei uns vor: Eine alleinige SPD-Regierung mit einem CDU-Minister?!

SPD weint Clement kaum eine Träne nach

Alles Kinderkram. Es ist wie beim Streit zweier Kinder um ein Spielzeug. Gibt einer nach, dann interessiert das Spielzeug plötzlich auch den anderen nicht mehr. Ähnlich verhält es sich nun in der Auseinandersetzung zwischen SPD und dem frühere Bundeswirtschaftsminister und nordrhein-westfälische Ministerpräsident Wolfgang Clement. Erst kämpft Clement um seinen Verbleib in der SPD und darf dann bleiben. Jetzt tritt er von sich aus aus der Partei aus.

Wasserversorger in der Klemme

Deutsche Städte und Gemeinden in Baden-Württemberg, die ihre Wasserversorgungswerke an US-Investoren verkauft und zurückgeleast haben, haben jetzt durch die US-Finanzkrise massive Probleme. Dubiose Geschäfte also auch in anderen Wirtschaftszweigen. Am Ende dürfen die Gemeinden ihre Wasserwerke für viel Geld zurückkaufen. Die Kunden werden sich freuen.

Und spätestens mit dem neuen Jahr steigen dann auch schon wieder die Strompreise.

„Die Toten Hosen“ in der Midlife Crisis?

Kurz vor Weihnachten besucht mein großer Sohn ein Konzert der „Toten Hosen“ in Bremen. Rechtzeitig zu Weihnachten beschert uns die Gruppe ein neues Album, das erste Studio-Album nach vier Jahren: In aller Stille (Das wieder ‚was mit den „Toten Hosen“ läuft, vermeldet auch der Anstieg der Videoaufrufe bei youtube).

Dem nicht genug ist Campino, der Toten Hosen-Frontmann, seit dem 20.11. im neuen Wim Wenders-Film in der Hauptrolle zu bewundern: Palermo Shooting, dem deutschen Film-Comeback Wim Wenders’.

In „Palermo Shooting“ spielt Campino den ausgebrannten Star-Fotografen Finn, der auf skurrile Weise dem Tod begegnet. Schlaflos, hastig und oberflächlich bewegt sich der Düsseldorfer Promi-Fotograf Finn durch die Mode- und Kunstszene. Sein Handy klingelt pausenlos, ein Shooting jagt das nächste. Er leidet unter Schlaflosigkeit. Erst als er bei einer nächtlichen Heimfahrt beinahe tödlich verunglückt, merkt Finn, dass er etwas in seinem Leben ändern muss. Nach einer Übernachtung auf den Rheinwiesen bringt ihn eine seltsame Begegnung mit einem Hobby-Schafzüchter auf eine Idee: Er beschließt, wegzufahren und seinen nächsten Job – ein Fotoshooting mit Mila Jovovich – nach Palermo zu verlegen. Dort angekommen, lässt sich der Fotograf durch die Altstadt treiben und verliert sich immer mehr in bedrohlichen Träumereien, in denen er von einem geheimnisvollen Bogenschützen (Dennis Hopper) verfolgt wird. Gemeinsam mit der schönen Restaurateurin Flavia (Giovanna Mezzogiorno) ergründet Finn, was es mit seinen Visionen auf sich hat…

Warum nun Campino in einem Film von Wim Wenders? Beide stammen aus Düsseldorf und der Film beginnt ja auch in dieser Stadt. Und Wenders hat öfter schon mit Musikern zusammengearbeitet. Campino selbst war durchaus erfolgreich in einer Inszenierung von Bertolt Brechts Dreigroschenoper unter der Regie von Klaus Maria Brandauer für den Berliner Admiralspalast, das zwischenzeitliche Metropol-Theater, von August bis Oktober 2006 in der Rolle des Mackie Messer zu sehen. In die Rolle des ausgebrannten Star-Fotografen scheint er aber dann doch nicht so recht zu passen. Campino, der sich redlich müht, sich aber doch mit deutlich sichtbarem Überschuss an Bewusstheit (so wie wir ihn eben kennen) durch die ereignisarmen Szenen bewegt, wird als Figur niemals richtig lebendig. Campino in der Midlife Crisis? So recht mag ihn das keiner abkaufen.

Und der Film selbst? Wim Wenders steht für mich für Kunstfilme, eigentlich für künstliche Filme, die überfrachtet und bedeutungsschwanger daherkommen. Die teils kitschigen Dialoge auch in diesem Film tragen ihren Teil dazu bei. Wim Wenders hat ein Werk geschaffen, das unbedingt Kunst sein will und genau das dann nicht ist. Es ist ein Film, der wesentlich vom Sehen handelt, selbst aber blind für die Last der Bedeutung bleibt resp. die Last dem Zuschauer aufbürdet.

Jethro Tull live in Basel/Switzerland 2008

Die Gruppe Jethro Tull besteht dieses Jahr bereits seit 40 Jahren. Zu diesem Anlass reist die Gruppe um Ian Anderson mit ihrer 40th Anniversary-Tour kreuz und quer durch die Weltgeschichte.

Ich selbst habe mich nicht hinreißen lassen, eines der vielen Konzerte auch in Deutschland zu besuchen. Schön, dass es die Gruppe noch gibt. Aber ich schwelge da lieber in alten Erinnerungen. Zuletzt 2005 raffte ich mich noch einmal auf und besuchte ein Konzert in Bremerhaven. Das war ganz okay. Sollte es aber auch gewesen sein.

Natürlich sind bei youtube viele Konzertausschnitte von der jetzigen Tour zu sehen. Jede Menge Handys haben die Kontrollen am Eingang ungeschadet überstanden und bieten reichlich Anschauungsmaterial vom stimmlichen Verfall des Herrn Anderson. Die Wackelbilder mit mehr Nebengeräuschen als eigentlicher Konzertmusik mag ich aber nicht mehr sehen.

Da kommt mir aber ein Konzertmitschnitt vom 15. November 2008, also vor gerade 10 Tagen vom schweizerischen Fernsehsender SF2 live als Teil des ‚AVO Session‘ Festivals aus der Festsaal der Messe Basel schweizweit übertragen, gerade Recht.

Jethro Tull trat in der Besetzung mit Ian Anderson, Martin Barre, David Goodier (Bass), John O’Hara (Keyboards) und Doane Perry am Schlagzeug auf.

Hierzu die Setlist lt. Ministry-of-information.co.uk:

My Sunday Feeling
Living In The Past
Serenade To A Cuckoo
So Much Trouble
Nursie (extended version)
Rocks On The Road
A New Day Yesterday
Too Old To Rock’N’Roll…
Bourée
Nothing Is Easy
Dharma For One (w. claghorn & Count The Chickens)
Heavy Horses
Thick As A Brick
Aqualung
Locomotive Breath

Interessant ist ohne Zweifel das Stück „Dharma for One“ mit dem Schlagzeugsolo – weniger wegen des Schlagzeugsolos, sondern weil Ian Anderson hierfür sein legendäres Claghorn ausgegraben hat, jene nasal klingende Tröte, die er zuerst und zuletzt auf dem ersten Album von Jethro Tull „This Was“ gespielt hatte.

Spätestens bei „Aqualung“ geht jeder alte Tull-Fan in die Knie (eigentlich schon viel früher): Ich weiß nicht, warum sich Ian Anderson das antun muss, aber seine Stimme ist nun wirklich völlig im Eimer. Ich bekomme Bauchschmerzen, ihn so hören zu müssen. Natürlich ist instrumental alles bestens, auch Martin Barre zeigt trotz der langen Tour noch viel Spielfreude. Und auch Goodier und O’Hara sind okay, auch wenn ich beide irgendwie nicht mag.

Aber ich will hier keinen in meine Trauer um alte Zeiten einbeziehen. Wer mag, kann sich hier das gesamte Konzerte anschauen und hören, die sputnik7777 bei youtube eingestellt hat. Vielen Dank von hier an ihn.


Jethro Tull live in Basel/Switzerland 2008

Meine 10 und mehr größten Gitarristen der Rockgeschichte: Zusammenfassung

Ich denke, ich habe sie zusammen: Meine mindestens 10 besten und damit größten Gitarristen der Rockmusik. Und da ich in meiner Aufzählung nicht nur Rockgitarristen führe, sondern auch grenzüberschreitend Gitarristen des Jazz und der Klassik mit einbezogen habe, sind es am Ende eben auch mehr als zehn (ob es dann wirklich ALLE sind, möchte ich bestreiten, aber es muss genügen).

Wer nun den höchsten Thron besteigt, wer also für mich der beste Gitarrist überhaupt ist, vermag ich nicht zu sagen, weil keiner wirklich mit dem anderen vergleichbar ist. Was der eine an Spieltechnik aufzuweisen hat, macht der andere durch Ausdruck wett. Der eine mag eine Virtuosität besitzen, die ein anderer durch Einfallsreichtum ausgleicht.

Werkzeuge der Gitarrengötter

Hier nun in einer Zusammenfassung meine Gitarrenheroen in der Chronologie meiner bisherigen Beiträge. Beginne ich mit meiner Lieblingsgruppe Jethro Tull. Neben dem Kopf, dem Sänger und Flötisten Ian Anderson, ist es Martin Barre, der Gitarrist, der durch sein Spiel den Stil der Band maßgebend mitgeprägt hat. Sicherlich ist er nicht einer der ganz Großen. Er ist aber groß genug, um mit den Gitarristen anderer großer Bands mithalten zu können.

Von Harry Sacksioni dürften die wenigsten bisher etwas gehört haben. Er ist Niederländer und eigentlich nur als Gitarrist von Herman van Veen bekannt geworden. Ich habe ihn hier aufgeführt, weil er durchaus meisterlich die akustische Gitarre zu handhaben versteht. Und ich liebe die akustische Gitarre.

Die beiden nächsten werden wohl nicht nur von mir zu den ganz Großen gezählt: Jimi Hendrix und Eric Clapton. Was muss ich zu den beiden noch schreiben. Vielleicht ist es Clapton, den man nicht umsonst zum Gitarrengott erhoben hat.

Steve Winwood ist eher bekannt als Sänger und Meister der Tasteninstrumente. Aber er beherrscht auch das Gitarrenspiel im außergewöhnlichen Maße. Auch wenn ich ihn nicht ganz oben sehe, so wollte ich ihn doch nicht unterschlagen, schon deshalb, weil seine Musik mich eine längere Zeit begleitet hat.

Da ich chronologisch vorgehe, kommt David Lindley vor Ry Cooder. Beide sind Meister der Slide-Gitarre und sind sich oft genug im Leben über den Weg gelaufen. Beide schöpfen aus dem Schatz traditioneller amerikanischer Musik – sowohl des Nordens als des Südens.

In den 60-er Jahren war er einer der Großen und wurde in einem Atemzug mit Clapton und anderen Heroen der Bluesgitarre genannt: Peter Green. Leider war er sich selbst im Weg und schaffte es nicht, an der Spitze zu bleiben. Aber auch in späteren Jahren blitzte immer wieder sein Können auf, sodass er für mich hier nicht fehlen darf.

Noch ein Meister der akustischen Gitarre, ob nun klassisch oder folkrockig – zudem mit einem ausgeprägt eigenem Stil: Leo Kottke.

Und wenn wir schon bei akustischen Gitarren sind, dann kommen wir am Flamenco und damit an Paco de Lucia nicht vorbei. Mit ihm bewegen wir uns allerdings schon im Grenzgebiet jenseits der Rockmusik. Fusion lautet da wohl das Zauberwort. Und mit ihm tauchen dann schnell Namen auf wie John McLaughlin, Larry Coryell und Al di Meola, alles Gitarristen, die sich zwar dem Jazz verpflichtet sehen, immer wieder auch die Verbindung zum Rock gesucht haben. Und wenn ich Paco de Lucia nenne und damit in Spanien lande, so möchte ich, wenn es auch mit Rockmusik wenig zu tun hat, Gitarrengrößen der Klassik nicht vergessen, die ihre Heimat eben in Spanien haben: die Meister der klassischen Gitarre, Andrés Segovia, Narciso Yepes und Carlos Motoya – und nur der Vollständigkeit halber hier auch den englischen Gitarristen und Lautisten Julian Bream nennen.

Auch mit meinen beiden nächsten Favoriten bin ich noch ziemlich weit von der Rockmusik entfernt. Zuerst Django Reinhardt, der sich mit seinem Gypsy Jazz auch in Deutschland größerer Popularität erfreute. Dann nochmals Rock in der Verbindung mit Jazz – Terry Smith von der Gruppe „If“ – heute fast vergessen.

Aber komme ich zur Rockmusik zurück. Und in meiner Chronik folgt Mark Knopfler und Dire Straits. Auch er zeichnet sich durch einen eigenen, fast könnte man sagen: eigenwilligen Stil aus. So spielt er die E-Gitarre mit den Fingerkuppen in fast klassischer Manier und zupft dabei die dicke E-Saite mit dem Daumen.

Ry Cooder habe ich bereits erwähnt. Obwohl er eigentlich nie durch spektakuläre Gitarrensoli hervortritt, sein Stil auf der Slidegitarre ist eher prägnant, so ist es der Ausdruck, der besticht. Bei Cooder swingt es.

Nicht unerwähnt lassen möchte ich u.a. Chris Spedding, der immer wieder mit anderen Rockgrößen zusammengekommen ist. Das wird seinen Grund haben.

Als einzigste Frau hat es Joan Armatrading bei mir in die Gefilde der Gitarrentitanen geschafft. Sie hat von Anfang an versucht, sich auch über ihr Gitarrenspiel auszudrücken; zunächst mit der akustischen (wenn auch elektrisch verstärkt: Ovation), dann mit der elektrischen Gitarre, und hat dabei ihren eigenen Stil geschaffen.

Last not least ein Maestro besonderer Art: Frank Zappa, mit dem ich mich erst in diesen Tagen ausführlicher beschäftigt habe. Auch wenn er sich selbst nicht als Virtuosen sah, so gehörte er ungelogen zu den Gewaltigen des Gitarrenspiels. Okay, manche Soli sind auch für mich etwas zu lang geraten. Aber wie er die volle Breite (und Länge) des Griffbretts nutzt, wie er in seinen Improvisationen experimentiert, das ist ohne Gleichen.

Soll ich es am Ende doch wagen und den größten Gitarristen der Rockmusik küren? Ich denke, dann kämen Eric Clapton und Frank Zappa am ehesten für mich in Frage. Clapton, weil er neben einer hervorragenden Spieltechnik auch sehr viel Ausdruck in sein Spiel zu legen versteht; Zappa für seine musikalischen „Eskapaden“, um seine Experimentierfreudigkeit so zu nennen. Jimi Hendrix, der auch immer wieder genannt wird, wenn es darum geht, den größten Gitarristen zu nennen, war für mich zu abgedreht. John McLaughlin, der sicherlich ein Wahnsinnstechniker ist, wirkt auf mich leider zu steril. Wenn, dann käme noch Paco de Lucia für mich in Frage, aber der gehört ja nicht in den Olymp der Rockmusik.

Siehe auch meinen Beitrag. 100 größten Gitarrensolos der Rockmusik – Plätze 1 – 10

Markennamen

In einem früheren Beitrag Von Archaismen und Neologismen schrieb ich über das Wandelbare unserer Sprache: „So wie Tier- und Pflanzenarten leider für immer aussterben, so verschwinden auch Wörter mit der Zeit. Aber dank eines Darwinismus in der Linguistik entstehen immer wieder neue Arten, d.h. Wörter, die unseren Wortschatz erweitern, zumindest den Schwund der Wörter, die untergegangenen, kompensieren.“

Weiter schrieb ich: „Interessant ist auch, wie bestimmte Begriffe durch Markennamen ersetzt wurden. Klebstoff, Klebestreifen, Papiertaschentuch, Suppenwürze oder Getreideflocken kennt kein Mensch, aber Uhu, Pattex, Tesa, Tempo, Maggi oder Kellegg’s.“

„Markennamen geben dem ansonsten anonymen Produkt einen „Namen“ und erhöhen dadurch die Unterscheidungsfähigkeit zu Produkten der gleichen Kategorie.“ So steht es in einem Lexikon der Marken.

Leider ist es heute so, dass fehlender Individualismus durch ein Bevorzugen bestimmter Markenartikel kaschiert wird. Dies gilt z.B. beim Kauf von Kleidung. So wird man in einer Gruppe schnell zum Außenseiter, wenn man es wagt, sich mit „namenlosen“ Hosen, Shirts, Jacken oder Schuhen zu kleiden. Je teurer, desto besser. Qualität spielt eher eine untergeordnete Bedeutung.

Ein weiterer interessanter Aspekt ist die so genannte Markentreue. Wer sich schon als Kind mit einer Zahnpasta einer bestimmten Marke die Zähne geputzt hat, tut dies oft bis ins hohe Alter. Was für Zahnpasta gilt, gilt um so mehr auch bei Waren ‚im höheren Preissegment’, also für ‚höherpreisig positionierte’ Artikel.

Komme ich aber auf die Marken und ihre Namen zurück. Das angesprochene Lexikon gibt u.a. neben einer Übersicht der Firmenlogos und Werbesprüche (Slogans) einen interessanten Einblick in die Herkunft bestimmter Markennamen, hier nur ein Beispiel: Google.

Wer hat sich nicht längst einmal gefragt, woher der Name kommt bzw. was er bedeutet. Hierzu das Lexikon:

Der Firmenname entstand als Wortspiel auf den von Eward Kastner geprägten Begriff. Kastner, ein amerikanischer Mathematiker, hatte seinen 8-jährigen Neffen gebeten, ein Wort für eine Zahl mit einer 1 und 100 Nullen zu erfinden: Googol.

Page und Brin wählten hiervon abgeleitet den Namen „Google“ (manchen Quellen zufolge aufgrund eines Schreibfehlers), da er perfekt die Mission des Unternehmens reflektierte, die immense, unendlich erscheinende Menge verfügbarer Informationen im Internet zu organisieren.

So erfährt man also vieles von Aldi bis hin zu Zewa und darüber hinaus: Ein durchaus aufschlussreicher Rundgang durch die Entstehungsgeschichte der Markennamen.

Frühzeitiger Winterbeginn

Der Wetterbericht hatte es schon früh angekündigt: Gestern nun kippte das Wetter, die Temperaturen sanken gegen null und statt Regen, begann es zu schneien. Schnell verwandelte sich der Schnee leider in Matsch. Zum Leidwesen der Kinder. Aber inzwischen, seit gestern Abend, haben wir leichten Dauerfrost. Und es schneite auch noch etwas, sodass sich uns heute eine winterliche Landschaft auftat. Und das bei klarem Himmel mit viel Sonnenschein. Wie kann Winterwetter schöner sein. Und das soll sich auch noch einige Tage so halten.

Abendlicher Schneehimmel

Schnee auf Büschen am Abend

Abendlicher Schneehimmel

Schnee auf Büschen am Abend

Engel im Schnee bei Sonnenschein

Buddha im Schnee bei Sonnenschein

Engel im Schnee bei Sonnenschein

Buddha im Schnee bei Sonnenschein

Meine 10 größten Gitarristen der Rockgeschichte: Frank Zappa

Zappa hatten wir hier schon öfter. Und in Meine Lieblingslieder – Teil 2 hatte ich darauf hingewiesen, dass er einer der größten Gitarristen der Rockgeschichte war, womit ich wieder beim Thema bin: Meine 10 größten Gitarristen der Rockgeschichte. Inzwischen dürften es bereits mehr als zehn sein, oder?

Nun bei wikipedia findet sich folgender Eintrag zu Zappa als Gitarristen:

Neben seinen Qualitäten als Komponist, Arrangeur und Bandleader konnte Zappa auf der E-Gitarre auch als Instrumentalist überzeugen. Er selbst sah sich an „als Komponisten, dessen Hauptinstrument eben die Gitarre ist“. Andere zählten ihn zu den talentiertesten und begabtesten Gitarristen seiner Zeit, zu den „echten Gitarrenhelden der Sixties“ oder „zu den eigenwilligsten und kompetentesten Gitarristen der Szene“. Bewundert wurde seine eigenwillige Spielweise.

Typisch für seine Spielweise ist die große Experimentierfreude, mit der Zappa zu Werke ging. Ein Merkmal ist die für die Rockmusik ungewöhnliche Länge seiner Soli. Zappa unterschied sich von vielen anderen Gitarristen auch dadurch, dass er bei seinem Spiel sämtliche Lagen des Griffbrettes einbezog. Seine Spieltechnik, die sich durch mitunter atemberaubende Schnelligkeit auszeichnet, hielt er selbst nicht für herausragend: „Ich bin kein virtuoser Gitarrenspieler. Ein Virtuose kann alles spielen, ich kann das nicht.“ Allerdings sehe er sich durchaus in der Lage das zu spielen, was er kenne und habe dazu eine hinreichend schnelle manuelle Fertigkeit entwickelt. „Wenn ich einen Ton mit der rechten Hand anschlage, spiele ich mit der linken Hand fünf. Ich schlage nicht alle Noten an, die ich spiele.“

Zappa sah sich also selbst nicht als virtuosen Gitarrenspieler? So kann nur einer reden, der an sich und andere höchste musikalische Ansprüche stellt. Und die stellte er wohl …

Erst vor Kurzem habe ich eine Kopie der DVD „Frank Zappa – The Dub Room Special!“ erstanden, die u.a. Live-Aufnahmen aus den Jahren 1974 und 1982 enthält. Von dieser Scheibe habe ich mir das Stück „Cosmik Debris“ herausgefischt, das am 27. August 1974 in den KCET Studios in Los Angeles aufgenommen wurde. Neben Frank Zappa (Guitar, vocals and percussion) finden sich die folgende hervorragende Musiker:

George Duke – Keyboards and vocals
Ruth Underwood – Percussion
Chester Thompson – Drums
Tom Fowler – Bass
Napoleon Murphy Brock – Flute, saxophone and vocals

Cosmik Debris (Anfang des Textes)

The mystery man came over
An’ he said “I’m outta site”
He said for a nominal service charge
I could reach ner-vonna tonite
If I was ready, willing, and able
Topay him his regular fee
He would drop all the rest
Of his pressing affairs
And devote his attention to me
But I said

Look here, brother
Who you jivin’ with that
Cosmik debris?
Look here, brother
Don’t you waste your time
On me

[etc.]

Kosmischer Tinnef (dt. Übersetzung)

Der Mystery Man kam zu mir her
Und er sagte „Ich bin einsame Klasse“
Er sagte, gegen ne nominelle Gebühr
Könnte ich heut’ abend das Nirwana erreichen
Falls ich bereit, willens und fähig wäre
Ihm sein übliches Honorar zu zahlen
Würde er all seine anderen
Dringenden Geschäfte sausen lassen
Und mir seine ganze Aufmerksamkeit widmen
Aber ich sagte

Schau her, Bruder
Wen willst du verarschen mit diesem
Kosmischen Tinnef?
Schau her, Bruder
Bei mir brauchst du dir gar keine
Mühe geben

[etc.]

Aus: Frank Zappa: Plastic People Songbuch – Zweitausendeins 1977 – Deutsch von Carl Weissner

Hier nun endlich das Video dazu. Zappas Gitarrensolo setzt ab 4:48 und ist für seine Verhältnisse äußerst kurz. Aber es zeigt (und lässt hören), warum Zappa, neben seinen weiteren musikalischen Fähigkeiten, eines der besten Gitarristen der Rockgeschichte war (okay, das Video gibt es bei youtube schon, aber ich habe mir erlaubt, es in einer besseren Qualität erneut dort einzustellen):


Frank Zappa: Cosmik Debris (08/27/1974)

Sean O’Casey: Stücke 2

Eigentlich beginnt man ja mit dem ersten Teil. Aber mein großer Sohn, der in der Schule das Seminar „Irland“ belegt, reißt sich zz. alles unter den Nagel, was irgendwie mit Irland zu tun hat. So auch den ersten Band zu O’Caseys Stücken. So blieb mir nur der 2. Band.

Seán O’Casey (* 30. März 1880 in Dublin, Irland; † 24. September 1964 in Torquay, England) war ein irischer Freiheitskämpfer und Dramatiker. Durch die kritischen Darstellungen des irischen Freiheitskampfes in seinen Werken gilt er als einer der größten Dramatiker des 20. Jahrhunderts.

Im Suhrkamp Verlag sind O’Caseys Stücke in der edition suhrkamp (2133 und 2134) als Originalausgabe erschienen. Bei zweitausendeins.de gab es beide Bände (in 1. Auflage 1999) gewissermaßen aus der Grabbelkiste für nur wenige Euros.

Schuld daran, dass ich mir O’Caseys Stücke zugelegt habe, ist Martin Walser. Ich hatte bei zweitausendeins.de nach Werken von Walser gesucht, und bin dann bei O’Casey gelandet, weil drei kleinere Stücke von Johanna und Martin Walser gemeinsam übersetzt wurden. Johanna ist die Tochter von Martin Walser. Beide haben zusammen schon eine Menge Werke ins Deutsche übersetzt.

Sean O'Casey

Wenn irische Augen lachen,
Das ist wie der Sonnenschein,
Und das Lachen irischer Stimmen
Kann Musik von Engeln sein.

Sind irische Herzen glücklich,
Wird die Welt zum fröhlichen Ort,
Und wenn irische Herzen lachen,
Nehmen sie dir dein Herze fort.

(aus: Das Freudenfeuer für den Bischof)

In „Stücke 2“ sind wohl die weniger bekannten Bühnenaufführungen von Sean O’Casey enthalten. Aus dem Fernsehen bekannt ist mir „Der Preispokal“ (The Silver Tassie (1927), übersetzt von Tankred Dorst) in der Regie von Peter Zadek unter dem Titel „Der Pott“, Stuttgart, 1970; TV-Fassung, 1971. Es ist ein Antikriegsstück, in dem der Fußballspieler Harry Heegan, der zuvor mit seiner Mannschaft den Pokal gewonnen hat, in den Krieg nach Frankreich ziehen muss und als Invalide im Rollstuhl heimkehrt. Aus ihm ist ein Zyniker geworden, zumal sich seine Freundin Susie Taite von ihm abgewandt hat.

In „Purpurstaub” (Purple Dust (1940/ 1945)) haben sich die beiden Engländer Cyril Poges und Basil Stoke in Irland ein Haus gekauft und sind mit den irischen Frauen Souhaun, Cyrils Geliebte, und Avril, Basils Geliebte, bereits eingezogen, obwohl das Haus gerade renoviert wird, da es doch arg baufällig ist. Das Stück lebt von den snobistischen Engländern und den gelassen reagierenden Iren, allen voran den Maurervorarbeiter O’Killigain, und hat die Qualität einer shakespeare’schen Komödie.

„Das Freudenfeuer für den Bischof“ (The Bishop’s Bonfire (1955)) bringt einen ganzen Ort in Aufruhr. Im Haus des Stadtrats Reiligan werden mit Hilfe von Hochwürden Kanonikus Timothy Burren die letzten Vorbereitungen für den Empfang des neuen Bischofs getroffen, der ein Sohn der Stadt ist. Im Mittelpunkt stehen Reiligans Töchter Keelin und Foorawn, von denen die letztere am Ende sogar den Tod findet. Ansonsten treten hier viele, wie ich denke, typisch irische Charaktere auf, vom religiösen Eiferer über den Trunkenbold bis hin zum eher abgeklärten Pater Boheroe, der immer das Richtige zu sagen weiß. Gelassen-cool ist der alte Codger Sleehaun, der sich seinen Teil denkt oder in eher unverfängliche Verse zu fassen versteht.

Zuletzt drei kleine Stücke – wie erwähnt in der Übersetzung von Johanna und Martin Walser. In „Ein Pfund abheben“ (A Pound on Demand (~1930)) brauchen zwei Trunkenbolde dringend Geld, das sie von dem Postsparbuch eines der beiden abheben wollen. Die daraus resultierenden Verwicklungen haben etwas von Stan Laurel und Oliver Hardy.

„Das Ende vom Anfang” (The End of the Beginning (1937)): Auch hier musste ich an Laurel und Hardy denken: Lizzie, die Frau des Hause, tauscht ihre Hausarbeit mit der Arbeit ihres Mannes (die Weiden mähen) und behauptet im Vorfeld: „Wenn du halb soviel zu tun hättest wie ich hier, würde man dich, wenn der Tag vorbei ist, tot aus den Trümmern fischen.“

Nun tot muss sie ihren Darry Berrill nicht aus den Trümmern ziehen, aber mit Hilfe seines Kumpels Barry Derrill schafft er es, das Haus in Schutt und Asche zu legen.

Zuletzt „Gutnachtgeschichte” (Bedtime Story (1951)): Für eine Nacht verliert der religiöse Eiferer John Jo Mulligan alle Vorsätze aus den Augen und verbringt eine Nacht mit der hübschen Angela Nightingale. Am frühen Morgen heißt es nun für ihn, die gute Angela unbemerkt von der Hauswirtin und den Nachbarn hinauszubugsieren. Natürlich führt auch das zu ungeahnten Verwicklungen, deren Leidtragender am Ende John Jo Mulligan ist.

Die Entstehungsdaten verraten es: Die Stücke sind etwas antiquiert. Aber der oftmals irische Charme macht das schnell wieder wett. Ich bin gespannt auf den ersten Teil von O’Caseys Stücken, der Dubliner Trilogie. Aber dazu muss ich das Buch den Händen meines großen Sohnes entreißen (ich kann ja mit Band 2 tauschen).

Zivilcourage zeigen

Wir leben in einer Gesellschaft, in der jeder sich um sich selbst kümmert und keine Zeit für andere hat. Geraten andere sichtbar in Not, schauen wir viel zu häufig weg und lassen das Opfer allein. Es fehlt uns an Zivilcourage, an dem Mut, auch für andere einzutreten, den Mund aufzumachen, wenn offensichtlich Unrecht geschieht.

Die Frage ist, wie verhalte ich mich, wenn z.B. in der U-Bahn eine Person tätlich angegriffen wird. Zu dieser Frage und überhaupt zum Thema „Eingreifen“ gibt es im Internet einige hilfreiche Seiten, z.B. eingreífen.de.

Zivilcourage zeigen

Auch die Polizei gibt in aller Kürze Tipps und Verhaltenshinweise:

1. Ich helfe, ohne mich selbst in Gefahr zu bringen.
2. Ich fordere andere aktiv und direkt zur Mithilfe auf.
3. Ich beobachte genau und präge mir Täter-Merkmale ein.
4. Ich organisiere Hilfe unter Notruf 110.
5. Ich kümmere mich um Opfer.
6. Ich stelle mich als Zeuge zur Verfügung.

Gefordert ist nicht Heldentum. Vielmehr genügen oft schon Kleinigkeiten, um eine große Wirkung zu erzeugen. Manchmal reicht es bereits, das Handy zu benutzen und Hilfe zu holen oder weitere Passanten um Unterstützung zu bitten.

Zum Täter sollte eine räumliche und psychologische Distanz gehalten werden. Man sollte z.B. das Opfer deutlich und laut fragen, ob es Hilfe benötigt. Spricht man den Täter an, so sollte man diesen auf keinen Fall duzen, sondern möglichst ‚höflich’ ansprechen.

Leider ist es oft genug gefährlich, sich einzumischen oder man muss mit Ärger rechnen. Mancher Helfer wird in der Öffentlichkeit schnell zum Täter erklärt, speziell wenn es um politisch bedingte Übergriffe geht; siehe hierzu das Dossier: Wer eingreift, muss sich vorsehen. Zivilcourage hat so seine Tücken. Sicherlich ist das auch der Grund dafür, wegzuschauen, sich nicht einmischen zu wollen. Andererseits dekoriert man „Helden des Alltags“, die eigentlich keine sein wollen, mit Preisen und Bundesverdienstkreuzen, was natürlich durchaus angemessen ist. Im Grunde aber muss es jeder mit sich selbst ausmachen, ob er hilft oder nicht. Es ist eine Gewissensfrage. Und: Zivilcourage zu entwickeln ist eine Frage der Stärke und des Selbstbewusstseins.

siehe hierzu auch meine Beiträge: Absurdität des AlltagsTostedt ist bunt – 2008