Archiv für den Monat: Februar 2007

Martin Walser: Angstblüte

Irgendwie komme ich in den letzten Monaten kaum noch zum Lesen. Endlich habe ich es geschafft und Martin Walsers letzten Roman „Angstblüte“ (erschienen Mitte des letzten Jahres) zu Ende gelesen. Zunächst zum Inhalt:

Das Telefon klingelt. Karl von Kahn, Münchner Anlageberater, gut 70 Jahre alt, erfährt von Gundi, der Frau seines besten Freundes, dass der gelähmt im Krankenhaus liegt. Als er kurz darauf an dessen Bett steht, ist er erschüttert, ihn derart sterbensmatt zu sehen. Gundi lädt Karl zu sich nach Hause ein. Lange schon war er nicht mehr in diesem Schönheitsimperium zu Gast; Kunst und Künstlichkeit berauschen ihn. Als sie ihn bittet, einen Vertrag zu unterschreiben und so den letzten Wunsch des Freundes zu erfüllen, zögert er nicht, und eine Firma ist verkauft. Doch noch am Abend desselben Tages geht es dem Freund viel besser. Ist Karl von Kahn betrogen worden? Da klingelt sein Telefon schon wieder: Er soll helfen, eine Verfilmung des „Othello“ zu finanzieren. Den Verführungskünsten der jungen Hauptdarstellerin Joni kann er sich nicht entziehen, und ein zweiter Betrugsverdacht keimt auf.

Martin Walser: Angstblüte

Martin Walsers neuer Roman handelt von Täuschungen, vom Aufhören müssen und vom Geld – von Wahn, Scheinheiligkeit, Freundschaft, Liebe und von einem Leben, das sich von keiner Moral hemmen lassen will, nur von sich selbst.

Wie immer, wenn ein neuer Roman von Martin Walser erscheint, sorgt dieser für Aufregung in den Rezensentenbüros und damit für eine kontroverse Debatte in Deutschlands Literaturblättern. Allein das ist immer schon einen neuen Walser wert.

Mir hat Walser immer schon gefallen und mir gefällt auch „Angstblüte“, wenn ich diesen Roman auch nicht für seinen besten halte. Allein wie er die ‚hohe Gesellschaft‘ wieder aufs Korn nimmt, diese anhand des Protagonisten Karl von Kahn seziert, lohnt das Lesen. Walser zeigt uns auf, wie hier mancherlei dem Ende entgegen geht: der Held Karl von Kahn, ein Finanzjongleur ersten Ranges, der sich unsinnig in eine viel zu junge Schauspielerin verliebt, aber auch die Gesellschaft überhaupt, in der es wie erwähnt in erster Linie um Täuschen und Getäuschtwerden geht.

Durchaus mutig finde ich auch, wie Martin Walser davon schreibt, was einige für eine „schwitzige, sabbernde Altmännerfantasie“ halten, andere für „wunderbar schamlose Altherrenerotik“. Wenn man wie ich selbst in die Jahre kommt, hat man das Thema Sexualität längst noch nicht zu den Akten gelegt.

Hier eine eher unaufgeregte und daher für mich zutreffende Rezension aus Spiegel online

Zuletzt ein kurzer Ausschnitt, in dem sich der Bruder von Karl von Kahn zu Diego, Karls Freund, äußert:

.. als er dann reich geworden war, erstarrte seine Mundpartie zusehends, sie gefror. Das war, bitte, mein Eindruck. Der Mund war jetzt eine Wucht, eine pathetische Wucht. Immer begleitet und verstärkt von einem ebenso massiven Pathosblick. Insgesamt eine Dauerdrohgrimasse. Vorher war er doch öfter lustig, manchmal sogar herzlich gewesen. Sogar zu mir. Daraus schließe ich: Reich sein macht häßlich. Das ist keine moralische, sondern eine ästhetische Erfahrung. Und daß Reichsein unanständig ist, ist auch eine ästhetische Erfahrung. Unanständiges kann vielleicht schön sein. Reichsein gehört nicht zum schönen Unanständigen, sondern zum häßlichen. Reichsein platzt andauernd aus allen Nähten. Sein Zuvielhaben dringt dem Reichen andauernd aus allen Poren. Und aus jedem Wort. Als Diego reich geworden war, kam aus seinem erfrorenen Mund kein Wort so häufig wie das Wort Brüderlichkeit. Der ehedem sportlich Freche und manchmal herzlich Kühne hatte nichts dagegen, finster pastoral zu werden. Er drohte denen, die sich weigerten, in der Brüderlichkeit das globale Heil zu erkennen. Es war, es mußte sein, das ungeheuer angeschwollene Selbstgefühl, das ihn jetzt bedrängte. Er erlebte andauernd nur noch, daß er im Recht war. Mehr im Recht als jeder andere, den er kannte. Das war die Wirkung seines Reichseins. Sein Reichsein erlebte er dann nicht mehr als Reichsein, sondern als Erfolg. Und sein Erfolg kam nicht von seinem Reichsein, sondern von ihm selbst. Das heißt, sein Rechthaben war nicht mehr zurückzuführen auf seinen Erfolg oder auf sein Reichsein, sondern ganz allein auf ihn selbst. Er, er, er selbst war im Recht. Er war das ungeheure Selbst. Das Selbst aller Selbste. Er war das Selbst selbst. Und daß ihr alle um ihn herumsitzt und ihn feiert, gibt ihm recht. Das ist der Feudalismus von heute.
Seit mindestens zweitausend Jahren wird die Geisteskraft der Besten verbraucht zur Propagierung dessen, was wir nicht sind, aber sein sollen, dieses Lügengewebe soll uns uns selbst bis zur Unfühlbarkeit entfremden. Beispiel Calvin: … reich sind wir, sofern wir dienen können und andere uns brauchen … Das ist Dein Diego, der Propagandist der Brüderlichkeit.

Das älteste Lied der Welt

Es war wohl im Jahre 1972, dass Frau Anne D. Kilmer, ihres Zeichen Professorin für Assyriologie an der Uni von Kalifornien, es nach rund 15 Jahre Forschungsarbeit zu Wege brachte, eine in Keilschrift verfasste Notation in heutige Notenschrift zu übersetzen. Der hurritische Text wurde ebenso übersetzt.

Es dürfte sich dabei um das älteste uns bekannte Lied der Welt handeln und stammt etwa aus dem Jahr 1400 v. Chr.; komponiert wurde es in Ugarit im heutigen Syrien als Hymne an die Frau des Mondgottes, Nikkal, und wurde wahrscheinlich mit der Lyra begleitet. Allgemein bekannt ist das Lied als „Hurrian Hymn“ (hurritische Hymne).

Hurritische Hymne - das älteste Lied der Welt

Von dem Lied gibt es verschiedene Arrangements als MIDI-Dateien:

MIDI-Arrangement von der Transkription von Prof. Kilmer

Marcelle Duchesne-Guillemins Transkription als MIDI – hierzu: die Publikation von Marcelle Duchesne-Guillemin als PDF-Datei

M. L. West’s Transkription als MIDI-Datei

siehe hierzu: The Oldest Song In The World

Außerdem liegt mir von blog.wfmu.org ein MIDI-Arrangement vor

weitere Infos auf Englisch

Inzwischen haben wohl tschechische Archäologen in einer 4300 Jahre alten Grabkammer in Ägypten (5. Dynastie von 2504-2347 v. Chr. – dem ‚Alten Reich‘ zugehörig) auf einer Wand ein Lied entdeckt, das somit noch einmal 900 Jahre älter wäre. Das Grab liegt in der Nekropole Abu Sir in der Nähe von Kairo. Die noch nicht vollständig entzifferten Hieroglyphen sind von Sängern und Harfespielern umrahmt und preisen die Schönheit einer Frau, die wahrscheinlich die Ehegattin des Adligen war. In wieweit es sich hier auch um eine Art Notenschrift handelt, konnte ich nicht ausfindig machen.

Oscarverleihung 2007

Gestern am 25.02.2007 fand im Kodak Theatre in Los Angeles die Verleihung der 79th Annual Academy Awards, also die Oscarverleihung 2007 statt. Ausgezeichnet werden dabei Filme, die im vergangenen Jahr, also 2006, angelaufen waren.

Vier Oscars ginnen dabei an den Gangsterfilm „The Departed – Unter Feinden“ (bester FIlm, Regie, adaptiertes Drehbuch und Schnitt) von Martin Scorsese. Ich habe bisher nur Ausschnitte des Filmes gesehen, der mir durch seinen aufgesetzten Realismus ziemlich brutal erscheint.

'The Departed - Unter Feinden' von Martin Scorsese

Bemerkenswert die jeweils zwei Oscars für die Independent-Komödie „Little Miss Sunshine“ (für Alan Arkin als besten Nebendarsteller und für das beste Originaldrehbuch) und den Dokumentarfilm „Eine unbequeme Wahrheit“ über den Klimawandel mit Al Gore. Als bester ausländischer Film konnte sich der deutsche Beitrag „Das Leben der Anderen“ von Florian Henckel von Donnersmarck durchsetzen. Glückwunsch!

Leer ging dagegen wieder einmal Leonardo DiCaprio (nominiert für die Rolle in „Blood Diamond“) aus. Bis auf den Preis für die beste Filmmusik blieb auch der mitfavorisierte Film „Babel“ von Alejandro González Iñárritu hinter den Erwartungen zurück.

Live-Konzerte auf Abruf

Nichts gegen youtube.com, aber die Begrenzung auf 100 MB Dateigröße bzw. maximal 10 Minuten Länge eines Videos sorgen dafür, dass z.B. ein Live-Auftritt von Jethro Tull mit dem Stück „Budapest“ gestückelt oder gar in gekürzter Form wiederzugeben ist. Das Stück ist live gespielt nun einmal (fast) immer über 10 Minuten lang. Und ganze Konzerte geht nun gar nicht bei youtube.com …

Ab und wann kaufe ich mir doch noch eine Zeitschrift (das sind diese in der Hand wabbelnden Dinger, in denen man Bildchen und Texte findet, ähnlich den Dingern, die man Bücher nennt, nur nicht so dick), nur so zum Zeitvertreib und zum Lesen, wenn einmal kein Rechner verfügbar ist. Aber auch dort stehen z.B. Links, die man dann mit Mühe und von Hand im Browser eingeben muss und die, wenn man sich nicht vertippt hat, dann auch die richtigen Web-Seiten öffnen. Nun in einer solchen Zeitschrift, Musikexpress genannt und bereits für den März 2007 gedacht, fand ich einen Artikel, der sich mit einer Website beschäftigt, die online, also im Internet, jede Menge (um die 700) Konzerte live als Video zeigt. Alle auf Abruf (on demand) und – kostenlos!

www.fabchannel.com

Also Rechner an und den Link eingehackt: www.fabchannel.com. Okay, viele der Band- und Künstlernamen sagen mir nicht viel. Aber nach und nach findet man auch den einen oder anderen bekannten: John Cale – Simple Minds – Runnin Riot – Nightwish, um nur einige zu nennen. Alles Konzerte in meist ungewohnt guter Bild- und Klangqualität – und in wohl voller Länge (keine 10-Minuten-Schnipsel). Und woher kommt das alles? Da gibt es ein musikbegeistertes Team, das diese Konzerte in den Clubs namens Paradiso und Melkweg, beide in Amsterdam gelegen, aufzeichnet und nach Rücksprache und Genehmigung mit den Musikern und deren Label ins Netz stellt.

Auch wenn man wie ich nicht alle Musikernamen kennt (oder gerade deshalb), so ist es doch eine Fundgrube für jeden, der sich für zeitgenössische Musik interessiert.

P.S. Das soll nichts gegen youtube.com gesagt haben – eher etwas für fabchannel.com!

Robert Burns: A Man’s A Man for A’ That – Teil 2

Ich möchte noch einmal auf Robert Burns und sein Gedicht „A Man’s A Man for A’ That“ (1795) zurückkommen, das wir als Lied zu der Melodie „Lady Macintosh’s Reel“, aus Bremner’s „Reels“ (1759), kennen.

Robert Burns

Burns Werke haben selbst über 200 Jahre nach seinem Tod immer noch einen großen Stellenwert in Schottland, was unter anderem auch daran zu sehen ist, dass zur Eröffnung des schottischen Parlaments 1999 das oben genannte Lied gesungen wurde; siehe hierzu das Video (wer hört schon ein ganzes Parlament singen)

Aber es sind mindestens noch zwei weitere Gedichte von Robert Burns, die als Lieder weltweit bekannt wurden: John Barleycorn (u.a. auch von Jethro Tull live vorgetragen) und Auld lang syne.

„Then let us toast John Barleycorn,
Each man a glass in hand;
And may his great posterity
Ne’er fail in old Scotland!”

Aber zurück zu „A Man’s A Man for A’ That”: Neben einer eigenen Interpretation dieses Lieder bin ich beim Stöbern durch meine alte LP-Sammlung auch auf ein Doppel-Album schottischer Folk-Songs gestoßen, und dort natürlich auch auf eine Aufnahme des Liedes, hier von Ian Campbell.

Bemerkenswert finde ich die sparsame Instrumentalisierung – nur mit Gitarre und Konzertina. Aber erspare ich mir weiteres Geschreibe, hört einfach hinein, ein Lied, das es mir irgendwie angetan hat (und das ich nicht nur für Euch digital eingespielt habe):


Ian Campbell: Robert Burns’ A Man’s A Man For A’ That

Hierzu auch noch der Text, zunächst die 1. Strophe des schottischen Originals:

Is there for honest Poverty
That hings his head, an’ a’ that;
The coward slave-we pass him by,
We dare be poor for a’ that!

Hierzu die gesamte deutsche Übersetzung:

Ob Armut euer Los auch sei,
Hebt hoch die Stirn, trotz alledem!
Geht kühn den feigen Knecht vorbei;
Wagt’s, arm zu sein trotz alledem!
Trotz alledem und alledem,
Trotz niederm Plack und alledem,
Der Rang ist das Gepräge nur,
Der Mann das Gold trotz alledem!

Und sitzt ihr auch beim kargen Mahl
In Zwilch und Lein und alledem,
Gönnt Schurken Samt und Goldpokal –
Ein Mann ist Mann trotz alledem!
Trotz alledem und alledem,
Trotz Prunk und Pracht und alledem!
Der brave Mann, wie dürftig auch,
Ist König doch trotz alledem!

Heißt »gnäd’ger Herr« das Bürschchen dort,
Man sieht’s am Stolz und alledem;
Doch lenkt auch Hunderte sein Wort,
’s ist nur ein Tropf trotz alledem!
Trotz alledem und alledem!
Trotz Band und Stern und alledem!
Der Mann von unabhängigem Sinn
Sieht zu, und lacht zu alledem!

Ein Fürst macht Ritter, wenn er spricht,
Mit Sporn und Schild und alledem:
Den braven Mann kreiert er nicht,
Der steht zu hoch trotz alledem:
Trotz alledem und alledem!
Trotz Würdenschnack und alledem –
Des innern Wertes stolz Gefühl
Läuft doch den Rang ab alledem!

Drum jeder fleh‘, daß es gescheh‘,
Wie es geschieht trotz alledem,
Daß Wert und Kern, so nah wie fern,
Den Sieg erringt trotz alledem!
Trotz alledem und alledem,
Es kommt dazu trotz alledem,
Daß rings der Mensch die Bruderhand
Dem Menschen reicht trotz alledem!

Den deutschen Text von Ferdinand Freiligrath hierzu findet ihr u.a. bei Wikipedia

Das war ´ne heiße Märzenzeit,
Trotz Regen, Schnee und alledem!
Nun aber, da es Blüten schneit,
Nun ist es kalt, trotz alledem!

usw.

Was ist bloß mit Ian los? Teil 51: Placido Domingo singt Jethro Tull

Hallo Wilfried,

schön, dass Du wieder da bist !

Ich schließe mich Deiner Meinung an, dass Folk-Musik oft einen politischen Hintergrund hat. Per Definition ist es Musik des Volkes, und eben dieses Volk hatte jahrhundertelang unter der Obrigkeit zu leiden. Eine Auseinandersetzung mit den Missständen in einer Gesellschaft ist bereits Politik. Mir sind etliche Traditionals von den Dubliners oder den Pogues bekannt, in denen Klerus oder Adel verwünscht werden. Verglichen damit sind die Songs des Mr. Anderson in der Tat „nur“ rustikal.

Warum Mr. Anderson mehr Lieder vom Wald live darbietet als von „Heavy Horses“, kann ich nicht sagen. Vielleicht liegt es am spieltechnischen Aufwand ? Obwohl, dass hat ihn noch nie von irgendetwas abgehalten…

Welches der beiden Alben der Meister besser findet, ist für mich zweitrangig. Ich habe schon vor einiger Zeit bemerkt, dass unser Musikgeschmack nicht 100% deckungsgleich ist. Aber an dieser Stelle noch einmal deutlich: „Songs from the Wood“ ist für mich kein schlechtes Album, im Gegenteil !

Einige Texte dieses Albums sind wirklich jugendgefährdend. In „Velvet Green“ und „Hunting Girl“ bleibt der Meister nicht nur bei verdeckten Anspielungen, sondern spricht pikante Dinge unverblümt aus. Allerdings wirkt es nie anstößig oder vulgär. Das liegt entweder an seinem sprachlichen Geschick oder an meiner fortgeschrittenen Verrohung.

Sobald ich etwas mehr Zeit habe, werde ich versuchen, einige Seiten des Songbooks einzuscannen. Ist nicht so einfach, wie es sich anhört: Mein Scanner stammt aus der Frühzeit der EDV und hat einen vielpoligen Anschluss (Scart?), den ich in meinen PC nicht unterbringen kann. Ergo muss ich das Ding an den PC der Zwillinge anschließen und versuchen, ob ich noch damit umgehen kann. Der letzte Einsatz des Scanners liegt Jahre zurück.

Ich wusste nicht, dass der Beginn von „Songs from the Wood“ vom Band kommt !!!!
Hätte ich es gewusst, wäre ich darüber garantiert hergezogen !!!!!!!
Mir ist lediglich aufgefallen, wie wunderbar die Musiker diese bestimmt nicht leichte Stelle hinbekommen. In meiner Naivität habe ich das mit der Klasse der Musiker erklärt. So nach und nach kommen doch immer mehr Tricks des Meisters ans Tageslicht. Wenn wir sein Denkmal irgendwann vollkommen demontieren müssen, würde mir doch etwas fehlen.

Die aktuelle Homepage von Francis habe ich mir kurz angeschaut. Was ich dort gesehen habe, lässt mich nicht an eine Therapie glauben.

Deinen Äußerungen zur musiktheoretischen Betrachtung der Tull’schen Orchestermusik kann ich nicht mehr folgen. Ganz bestimmt ist alles korrekt, was Du dazu schreibst, aber es entzieht sich meinem Verständnis und damit meiner Beurteilung. Es ist mir einfach zu hoch, sorry !

Zu Youtube und Kate Bush:
Dein Hinweis, dass der User noch viel mehr eingestellt hat als das, was ich entdeckt habe, war wieder symptomatisch: Ich zeige Dir einen Baum und Du zeigst mir den Wald ringsherum. Die Gemeinsamkeiten zwischen Mrs. Bush und Mr. Anderson haben wir an anderer Stelle bereits herausgearbeitet; es waren einige.

Morgen steht uns der große Rosenmontagszug in A. bevor. Den kleinen Umzug heute in unserem Städtchen habe ich umgehen können, aber morgen muss ich ran. Suff, Lärm und Dreck im Übermaß. Obwohl das Ausmaß der Trunkenheit in den letzten Jahren stark abgenommen hat. Ich kann mich erinnern, dass während der Karnevalstage die Schnapsleichen zu Dutzenden in den Straßen lagen. So etwas gibt es heute fast nicht mehr.

Ist der Rosenmontag in der Heide ein normaler Arbeitstag ? Bei uns sind geöffnete Geschäfte an diesem Tag die Ausnahme. Behörden öffnen natürlich nicht.

Die Gruppe Flairck ist mir unbekannt. Die Liste ihrer Instrumentierung klingt vielversprechend. Leider gibt es bei Youtube kaum Material dazu.

Viele Grüße aus dem närrischen Rheinland
Lockwood

PS. Der Begriff Rheinland ist für unsere Region eigentlich Unsinn. Wir liegen viel näher an der Maas als am Rhein.

18.02.2007

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Hallo Lockwood,

mir war auch nicht klar, dass der A-Capella-Gesang am Anfang zu „Songs from the Wood“ vom Band kommt. Auf den mir bekannten Videos sieht es so ‚echt’ aus, wie die Jungs in ihre Mikrophone trällern. Wahrscheinlich kann Barriemore Barlow keine Flöte spielen und auch das kommt vom Band. In diesem Zusammenhang fiel mir einmal auf, dass die Stimme von John Glascock der von Ian Anderson ziemlich ähnelt (man sah ihn öfter den Meister gesanglich begleiten). Man kann mutmaßen, ob auch er die Stimme Andersons untergeschoben bekam. Und weiter könnte man jetzt natürlich spekulieren: Mag Herr Anderson keinen neben sich, der singt? Oder hatten die Jungs derart ‚belegte’ Gesangsstimmen, sodass nichts anderes übrig blieb, als zu diesem technischen Mittel zu greifen?

Die deutschen Übersetzungen von „Velvet Green“ und „Hunting Girl“ würden mich schon interessieren. Ich hatte mich selbst daran versucht, aber es bald aufgegeben. Wenn es mit den Scannen bei Dir aber nicht klappen sollte, auch nicht schlimm (der vielpolige Anschluss dürfte eine serielle Schnittstelle sein – genauer: eine RS-232-Schnittstelle). Eine sittliche Verrohung bei Dir wäre zwar möglich, halte ich aber nicht für sehr wahrscheinlich (nicht schlimmer als bei mir).

Kurz zu Francis: Seine Homepage ist natürlich schon etwas älter (sozusagen: vor der Therapie entstanden). Ich meinte seine neue Präsenz bei myvideo.de als Francis_Rock. Aber auch die hat sich bereits in Luft aufgelöst (also steckt Francis mitten in der Therapie?).

Die Gruppe Flairck kenne ich schon seit Anfang der 80-er Jahre. Lt. Wikipedia stellt die Musik der Gruppe formell Kammermusik dar. Das ist schon richtig. Viele der Stücke sind um die 20 Minuten lang und werden durchweg auf akustischen Instrumenten gespielt. Neben Gitarren sind das vor allem Flöte in den verschiedensten Arten (z.B. auch Panflöte) und Geige. Ich bin irgendwie über das Anderson’sche Flötenspiel zu dieser Gruppe gekommen. Live habe ich sie leider nie gesehen und kenne sie neben einigen LPs aus dem Fernsehen. Ich bin jetzt wieder auf Flairck aufmerksam geworden, weil die Gruppe zz. in den Niederlanden auf Reunion-Tour ist (die youtube.com-Videos stammen daher – Flairck ist aber mehr als Musik auf Teekesselchen). Im Anhang ein etwas kürzeres Stück, das aber annähernd wiedergibt, was einen mit Flairck erwartet. Ich finde die Gruppe wirklich außergewöhnlich. Das liegt an der feinen Mischung aus Klassik, Folk und auch jazzigen und rockigen Elementen. Als es noch nicht das Internet wie heute gab, hielt ich immer, wenn ich in einem Plattengeschäft war, auch Ausschau nach Veröffentlichungen von Flairck. Leider kannte man in den meisten Läden die Gruppe erst gar nicht.


Flairck: The Wooden Wedding

Nun, da ich wieder meinen Rechner zu Hause habe, habe ich auch endlich den alten Plattenspieler aus der Stereo-Anlage im Wohnzimmer gelöst (bei der vielen Kabelage gar nicht so einfach) und diesen an den PC angeschlossen. So nach und nach werde ich mir alte LPs digitalisieren. Begonnen habe ich u.a. mit dem ersten Solo-Album von Ian Anderson aus dem Jahre 1983: Walk into Light. Ich brauche Dich nicht zu fragen, ob Du das Album kennst. Es dürfte Dir nicht gerade gefallen. Ich muss gestehen, dass ich es schon lange nicht mehr gehört habe – bis auf die beiden Videos: Made in England und Fly by Night.

Es ist manchmal erstaunlich, was man so findet, wenn man ‚außerplanmäßig’ im Internet sucht. So habe ich bei amazon.de nach „Ian Anderson“ gesucht und bin dabei auf einige CDs gestoßen, die mir völlig unbekannt sind, u.a.:

Hampton Rock String Quartett – Take No Prisoners – u.a. mit Aqualung
Spring String Quartett – Train Songs – u.a. mit Locomotive Breath
Placido Domingo/Brightman/Lotti u.a. – Gala Christmas in Vienna – u.a. mit Another Christmas Song

Jethro Tull und damit Ian Anderson werden immer hoffähiger im E-Musik-Bereich, z.B. wenn ein Placido Domingo einen Tull-Song dem staunendem Publikum offeriert. Wer da nun was singt, habe ich auf die Schnelle leider nicht herausgefunden.

Und den Rosenmontag gut überstanden? Ich schließe aus Deiner Mail, dass Du am Umzug in A. teilgenommen hast (teilnehmen müsstest). In welcher Art und Weise muss ich mir das denn vorstellen? Bei uns ist der Rosenmontag ein völlig normaler Werktag.

Also gute närrische Genesung. Und nicht zuviel Asche auf Dein Haupt (ist ja morgen Aschermittwoch).

Bis bald
Wilfried

20.02.2007

English Translation for Ian Anderson

Internetabzocke! Achtung!

Unter dieser Überschrift werden in diesen Tagen Mails versandt, wie unter angezeigt:

Internetabzocke! Achtung!

Allein die Art und Weise dieser Mail verrät, dass es hier nicht mit rechten Dingen zugehen kann (z.B. der Hinweis auf einen Bekannten). Abgesendet werden diese Mails unter einer Adresse, die wohl zu freenet.de gehört.

Wie es aussieht, handelt es sich hierbei nur um eine von den Verantwortlichen der Internet-Adresse nicht veranlasste Spam-Nachricht. Ist das Ganze also harmlos?

Ich kann nur raten, solche Mails ‚ernst‘ zu nehmen und möglichst sofort zu löschen. Wer vorhandene Anhänge zu solchen Mails öffnet, darf sich nicht wundern, wenn er sich Viren usw. einfängt. Vorsicht ist auch geboten, wenn man Internet-Adressen aus solchen dubiosen Mails aufruft. Auch hier besteht die Gefahr, dass man seinen Rechner mit Viren verseucht.

Zz. grassieren auch Mails zum Thema Lebensprognose. Die aufgerufenen Seiten entpuppen sich meist als extrem kostenpflichtig.

Ian Anderson: Walk into Light (1983)

Um es gleich zu sagen: Ich bin kein Purist! Wenn ich der sicherlich stolze Eigentümer einer großen LP-Sammlung bin, so heißt das nur, dass es damals, als ich mir diese Scheiben zulegte, noch keine CDs auf dem Markt gab. CDs sind für mich einfach handlicher und lassen sich (meist) auch ohne Probleme z.B. auf einen MP3-Player kopieren. Da ich nun aber diese LP-Sammlung habe und einige dieser Scheiben als CD auf dem Markt nicht mehr ohne weiteres erhältlich sind (nur über ebay oder ähnliches für viel Geld), bin ich mehr oder weniger gezwungen, die musikalischen Perlen zu digitalisieren (wie das in etwa geht, siehe am Schluss).

Als alter Fan von Jethro Tull habe ich mir zunächst das erste Solo-Album von Ian Anderson aus dem Jahre 1983 vorgenommen: „Walk into Light“. Das Album ist also nicht mehr im Schallplattengeschäft erhältlich. Auch dürfte es nicht unbedingt jeden Tull-Fan erfreuen, denn es zeugt lediglich von der Experimentierfreude des Herrn Anderson – mit Hilfe des Keyboarders Peter-John Vettese, der auch maßgeblich am Entstehen des 1984 erschienen Tull-Albums „Under Wraps“ beteiligt war. „Walk into Light“ ist gewissermaßen der Vorbote von „Under Wraps“.

Ian Anderson: Walk into Light (1983)

Ian Anderson selbst bezeichnet sein erstes Solo-Album als „eclectic-electric“, was ich als vielschichtig (aus verschiedenen Quellen schöpfend) und elektronisch deuten möchte. Denn elektronisch ist die Scheibe bis zum Exzess: Synthesizer en masse, die Drums aus der Dose. Aber gerade die Drums finde ich hier weniger nervig als auf „Under Wraps“, wo sie mir auch den letzten Hörgenuss verleiden können.

Interessant finde ich die Scheibe aber trotzdem. Da kennen wir Ian Anderson als Verfasser und Interpret von akustischen Stücken. Und plötzlich schert sich der Mann einen feuchten Kehricht um alles und begibt sich auf völlig anderes Terrain. Okay, einiges verrät trotzdem, dass hier Ian Anderson seine Finger im Spiel hat. So völlig kann er seine Vergangenheit nicht verleugnen. Ist auch gut so. Auf jeden Fall scheiden sich die Geister an diesem Album (und damit auch an „Under Wraps“).

Hier nun als Hörprobe den Titelsong aus dem Album:


Ian Anderson: Walk into Light

Texte zu „Walk into Light“ siehe cupofwonder.com

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Zum Digitalisieren meiner alten LPs schließe ich den Plattenspieler an meinen PC über einen Eingang mit zwei Cinch-Buchsen (rot und weiß) in Frontbereich an (zusätzliche Sound- und TV-Karte). Über die Lautstärkeregelung (rechter Mausklick auf das Lautsprechersymbol) muss ich eine Zuordnung zu dieser Schnittstelle herstellen (Optionen -> Eigenschaften -> Lautstärke regeln für Aufnahme -> Auswahl bei „Front Line-In“).

Cinch-Stecker

Hat man eine solche Schnittstelle nicht, so geht es auch über den normalen Line-In-Eingang auf der Rückseite des Rechners (die blaue Buchse der Soundkarte). Hat der Plattenspieler Cinch-Stecker, dann müssen diese mit einem Klinkenstecker-3,5-mm-Adapter am PC angeschlossen werden.

Klinkensrecker 3,5 mm Klinkenstecker-Adapter

Als Aufnahmesoftware bediene ich mich beim Nero Wave-Editor aus dem Nero 7-er-Paket. Dabei nehme ich zunächst jeweils eine ganze LP-Seite als unkomprimierte WAV-Datei auf. Später schneide ich mir die einzelnen Stücke heraus, muss meistens auch die Lautstärke etwas höher stellen und konvertiere diese zu MP3 (hierfür eignet sich u.a. der Audio-Editor vom ULEAD Media-Studio oder andere entsprechende Software, z.B. GoldWave).

Nero Wave-Editor

Das ist alles bisschen aufwändig, aber hat man erst einmal alles auf- und eingestellt, dann geht das ganz gut.

Ahooga Nonsen – Frühlings Erwachen oder Dreck am Stecken – Teil 2

Hier nun die Fortsetzung und auch bereits das Ende eines Kriminalromans, über dessen Einleitung ich nicht hinaus gekommen bin. Dies Stück Weltliteratur stammt aus meiner ‚weißen Phase‘ etwa im März 1993, also vor inzwischen vielen Jahren, als ich auch noch in Hamburg hauste und mir diese Stadt als Kulisse dieses gerade zu kafkaesken Romanfrakments diente. Am Ende verliert sich dieser poetische Erguss in einigen Randnotizen, die ich gut ein Jahr später (welche Hoffnung war in mir, diesen Roman vielleicht doch noch zu Ende zu schreiben) verfasste und die vielleicht Ausfluss Aufschluss (welcher ‚Freud‘ reitet mich hier) bieten, wie alles hätte enden sollen. Genug – viel Spaß auch hier beim Lesen:

Ahooga Nonsen heißt eigentlich nicht Ahooga. Wie er zu diesem Namen kam, weiß er wohl selbst nicht mehr genau. Ahooga klingt wie ein Ausruf – von Tarzan, der von Liane zu Liane springt, könnte dieses Ahooga stammen. Aber Ahooga Nonsen weiß es besser: Tarzan schreit: Ahaha! Wie Ahooga wirklich heißt, verrät er nicht. In seinem ureigenem Personalausweis könnte man seinen tatsächlichen Vornamen finden oder in seinem Führerschein. Aber beides hat er vor einiger Zeit eingebüßt, als er als zweiter Sieger aus einer tatkräftigen Auseinandersetzung hervorging mit blutendem Maul, zerrissenen Hosen und fehlender Brieftasche, in der noch die drei Hunderter steckten, die ihn zuvor ein Klient für verauslagte Kosten gegeben hatte – und seine Papiere. Das gigantische Schlüsselbund war ihm aber erhalten geblieben. Und obwohl sich in diesen kalten Wintertagen kein neuer Auftrag auftat, saß er lieber in seinem warmen Büro, als von Behörde zu Behörde zu rennen, den Verlust seiner Papiere zu melden und neue zu beantragen. Ahooga Nonsen heißt Ahooga Nonsen, wenn er im Dienst ist, wie er es nennt, wenn er im Büro sitzt. Sobald er aber sein Büro verläßt, nimmt er andere Namen an. Als Privatdetektiv muß man Vorsorge treffen. So hat er ein Arsenal an Visitenkarten, hat sich auch beizeiten gefälschte Papiere besorgt, um bei entsprechenden Eventualitäten versorgt zu sein. Als er in die Schlägerei geriet, da war er außer Dienst, wollte sich lediglich seine Zutaten für sein Abendessen besorgen und hatte seine Originalpapiere bei sich. Manchmal ist es wie verhext. Da benimmt man sich wie ein Amateur, läßt sich die Nase polieren, strauchelt und am Ende verliert man gewissermaßen seine wahre Identität. (01.03.94)


Ahooga Nonsen für einen Privatdetektiven halten, darauf würden auf Anhieb nur die wenigsten kommen, wenn überhaupt einer. Nicht das er schmal und schmächtig, zart oder gar schwächlich gebaut ist. Eher das Gegenteil ist der Fall. Ahooga ist klein und breit. Fast quadratisch. Und wenn er durch die Straßen geht, die Kneipen der Stadt abklappert in seinem verschlissenen Mantel und der dazu ziemlich unpassenden Schottenmütze, dann wirkt sein Gang behäbig, geradezu schwerfällig. Man sollte sich aber nicht täuschen lassen. Schon mancheiner hat ihn unterschätzt und dafür Lehrgeld kassiert. Vielleicht weil er so klein ist – und in seinem Mantel mit Mütze noch kleiner wirkt -, sind seine starken Arme schneller um die Ecke dank der kürzeren Hebel. Wenn er so durch die Kneipen geht, ob auf der Suche nach einem untreu gewordenen Ehegatten oder einem lustsüchtigen Töchterlein, mit dem Foto in der Hand, dann könnte man ihn eher für einen Hamburg-Touristen halten, der irgendwo vom Lande kommt und in Hamburg nichts Eiligeres zu finden hat als die Reeperbahn, wenn auch nicht nachts um halb eins. In einigen Kneipen kennt man ihn natürlich schon, besonders in den einschlägigen, in denen sich schon einige der Gesuchten auch tatsächlich aufgabeln ließen. Aber selbst dort nimmt man es ihm immer noch nicht so recht ab, daß der ein Schnüffler ist. Und das ist ihm auch ganz genehm.


Das Büro ist nicht gerade ein Schmuckkästchen. Neben dem Fenster, das in Richtung Norden weist und kaum Licht in das ohnehin kleine Zimmer läßt, steht ein großer Aktenschrank, schon altersschwach wie man ihn heute noch höchstens in Finanzämtern, und dort auch nur noch in staubigen Kellern, findet. Dieser Schrank ist zweigeteilt und durch Rolläden, die aber an allen Ecken und Kanten haken, verschließbar. Der obere Teil enthält jede Menge Aktenordner; der untere enthält die Zutaten für sein Mittagessen, daneben eine Unmenge an leeren und vollen Bierflaschen. Neben dem Kochtopf mit dem Tauchsieder steht eine Dose mit Tee und eine Tasse, deren Inneres zu leben scheint. Und eine Flasche besten Jamaica-Rums, mit dem Ahooga seinen Tee an kalten Tagen wie diesen zu würzen trachtet. Ahooga ist ein ausgesprochener Teetrinker. Wenn er nicht gerade seine Bierchen zischt. Und mit einen Schuß Rum ist der Tee für ihn das Getränk, für das er jedes andere Getränk dieser Welt stehen läßt. Ebenfalls im unteren Teil des Aktenschranks befindet sich weiteres Geschirr, Messer, Gabel und Löffel, die ein oder andere geöffnete oder noch verschlossene Dose mit irgendeinem Fertiggericht. Um sich zu waschen oder das Geschirr zu spülen, befindet sich zur anderen, der linken Seite des Fensters ein Waschbecken. In diesem Waschbecken wäscht er oft seine Socken, denn er hat das, was man qualmende Füße nennt. Wäsche, also auch frische Socken, ein Hemd und auch eine von ihm persönlich gebügelte Hose, befinden sich im unteren Teil eines ebenfalls antiken Schreibtisches, der mitten im Raum steht. Zwischen Schreibtisch und Fenster steht der Ledersessel mit den Armlehnen, über denen er von Zeit zu Zeit seine Beine baumeln läßt, wenn er den Rücken zur Tür gekehrt aus dem Fenster blickt. Links neben der Tür dem Aktenschrank gegenüber steht der Garderobenständer mit den Spiddelfingern. Auf der anderen gibt es dann noch eine Sitzmöglichkeit für Klienten. Wie anders sollte man dieses Möbelstück nennen, daß selbst für den Sperrmüll zu schade ist. Es handelt sich dabei um eine Art von Gestell auf meist vier Beinen. Sollte es einer der Klienten einmal wagen, sich auf diesen Sitz zu setzen, so stellt es sich bestimmt als dreibeinig heraus – das vierte Bein liegt dann wie der Klient am Boden. Aber auch das hat Vorteile. Der Klient ist gezwungen zu stehen, während ihn Ahooga von unten aus seinem Sessel heraus, das Fenster im Rücken, betrachten kann. Klienten, die stehen, halten sich meist kurz und nerven nicht mit langen Vorreden.

Nonsens Büro

Eigentlich schmuddelig ist es nicht in Ahoogas Büro. Dafür ist Ahooga in seinem Sinne ordnungsliebend. Das muß allerdings näher erläutert werden. Ahooga hat nämlich seine ureigenste Auffassung von Ordnung. Diese entspricht nicht ganz dem Motto: „Wer Ordnung schafft, ist nur zu faul zum Suchen!“, kommt dieser aber sehr nahe. Sein Hirn hat Ähnlichkeit mit einem Computer. Er speichert vieles im Kopf, das dem normalen Menschen nicht einfiele zu speichern. So merkt er sich gewissermaßen seine Unordnung, was im Bezug auf seine Akten heißen kann: Die für den Normalmenschen chaotische Unordnung in seinen Aktenordnern ist für Ahooga Nonsen ein selbstgeschaffenes Ordnungssystem. Fragte man ihn, wo z.B. ein bestimmter Artikel aus einer bestimmten Zeitung eines bestimmten Datums zu finden ist, so wird er es auf Anhieb finden, während Otto Normalverbraucher, der den gesuchten Artikel mit Sicherheit nach einem allgemeingültigen System (je Zeitung ein Ordner und dort nach Datum abgeheftet oder nach Thema usw.) suchen wird, den Artikel wahrscheinlich nie finden wird. Und so ist Ahooga Nonsen in allen Dingen. Benötigen wir z.B. ein bestimmtes Paar Socken, so werden wir diese in einer Schublade suchen, in der alle Socken, die wir haben (bis auf die, die wir tragen bzw. die sich in der Wäsche befinden), befinden. Ahooga Nonsen wird die benötigten Socken allerdings – und das schneller als wir in der Sockenschublade – irgendwo in einem Haufen zwischen Hemden und Hosen finden. (02.03.94)

Antik wäre aber auch nicht das richtige Wort.

(01.03.94)

[Verhältnis zu Frauen eher gestört – er hatte eine Liebhaberin, ein eher ältliches Fräulein, das ihm aber die Liebhaberei aufgekündigt hat, weil es mit seinem Lebenswandel und seiner Arbeit „nicht klarkam“. Irgendwie schwebte ihr ein im deutschen Sinne „gemütliches“ Eheleben vor – der Mann als arbeitsamer Arbeitnehmer, der morgens sich, von der Ehefrau verköstigt, zu seinem Büro aufmacht, um abends zu gewohnter Stunde heimzukehren zu Herd und Frauchen … – Jetzt läßt er sich sein ohnehin eher sporadisch aufflammendes Liebesbedürfnis von den handgreiflichen Fesselungskünsten einer Prostituierten befriedigen.]

[Ahooga haßt Gewalt. So trägt er keine Waffe bei sich, weder Pistole, noch Messer, noch sonstiges Schlag-, Stich- oder Schießinstrumentarium. Ahooga leicht grün angehaucht …] (24.03.94) [… höchstens einen Zahnstocher, den er immer bei sich trägt, um eventuelle Reste der Imbißnahrung (Frikadellen, Currywurst u.ä.) zwischen den Zähnen hervorzuholen. Dieser diente ihm allerdings einmal als Waffe, als er – wie so oft – unversehends in eine Keilerei geriet. Viel hatte ihm der Zahnstocher aber nicht geholfen … Er brach unvermittelt ab …] 04.05.94)

[Was er haßt, Zeit zu verschwenden. Für was er sich liebensgern Zeit läßt, ist zu schlafen…] (24.03.94) [Der Schlaf als „kleiner Bruder des Todes“ … Dabei ist Ahooga nicht todessehnsüchtig – nur, so meint er wenigstens, macht ihm der Tod, d.h. der eigene Tod, nichts aus. Wie sollte er auch – wenn es tot ist, so ist er tot. Und im Leben Furcht vor dem Tode zu haben, hält er für absurd. Anders ist es mit Schmerzen! Sollte sein Tod mit großen Schmerzen verbunden sein, so wünscht er sich natürlich einen leichten Tod. Notfalls würde er auf Sterbehilfe zurückgreifen. – Solche Gedanken macht er sich, wenn er kurz vor dem Schlafen dahindöst. …] (4.5.94)

Der Hund als Widersacher -> Chiquisnaque (vergl. Cervantes – „Rinconete und Cortadillo“)

Der Typ, der Kafka liest und zitiert (aber in anderen Sprachen – z.B. Isländisch) (1.8.94)

Geheime Botschaften

Es ist nur ein Spaß, aber ich spiele gern Spion. Als Spion verstrickt man sich nicht unbedingt in James Bond’sche Abenteuer, es ist eher viel Routinearbeit. Eine wesentliche Aufgabe ist der Austausch von Nachrichten, die möglichst vom ‚Feind’ nicht entschlüsselt werden sollten. Oder noch besser: Die von Feind nicht gefunden werden.

Eine Möglichkeit wäre z.B., Nachrichten in einem digitalen Bild zu verstecken. Ein digitales Bild besteht genau wie ein digitaler Text (also den man z.B. auf einem Computer speichert) aus Bits und Bytes. Ein Byte, wer es noch nicht weiß, besteht in der Regel aus 8 Bits, das sind kleine ‚Lichtschalter’, die lediglich ein- oder ausgeschaltet sein können. Mit acht solchen Bits (also einem Byte) kann man z.B. einen Buchstaben darstellen. Für einen Farbpunkt (Pixel genannt – ein digitales Bild besteht aus vielen kleinen Bildpunkten) benötigt man meist schon drei Bytes (je einen für einen der Grundfarben – die richtige Mischung ergibt die Farbe).

Lediglich die richtige Software interpretiert nun diese Bytes als Text oder Bild. Meistens helfen die Endungen eines Dateinamens (TXT oder DOC = Text – BMP, JPG oder GIF = Bild). Mit einem Texteditor kann man aber auch eine JPG-Datei, also ein Bild, öffnen, nur wird man lediglich kryptischen Text zu lesen bekommen. Sinngemäß geht es auch anders herum.

Nun kann ich einige dieser Farbpunkte, die als Text kryptisch, also nicht ‚lesbar’ sind, so manipulieren, dass diese, öffnet man das gesamte Bild mit einem Texteditor, durchaus sinnvollen Text ergeben.

Nehme ich ein Bildchen von 100 mal 100 Bildpunkten. Da ich für jeden Bildpunkt drei Bytes benötige, so sind das 3x100x100 = 30.000 Bytes. Da Dateien noch einen so genannten Header haben, die Informationen zur entsprechenden Datei enthalten, so ist die Bild-Datei 30.054 Bytes groß.

Welcher Editor, spricht Textbearbeitungsprogramm, eignet sich nun für die Implantation von Texten? Microsofts Word kann man vergessen, da Word neben dem Header noch viele andere Informationen in die Datei schreibt. Das allzeit beliebte Notepad, von Microsoft mit Windows geliefert, geht irgendwie auch nicht. Bleibt eigentlich nur noch Wordpad, was aber auch nicht so ganz zum gewünschten Erfolg führt, zumal man gern einen bestimmten Punkt ausmachen möchte, ab dem die geheime Botschaft steht. Ich habe da einen sehr schönen Editor gefunden, den Hexadezimal-Editor XVI32, der sich überhaupt zum Manipulieren von Dateien jeder Art eignet.

Originalbild (100 x 100 Pixel groß) mit dem Hex-Editor XVI32 manipuliertes Bild mit Wordpad manipuliertes Bild
Originalbild (100 x 100 Pixel groß) mit dem Hex-Editor manipuliertes Bild mit Wordpad manipuliertes Bild

Ich öffne also z.B. mit dem Hex-Editor XVI32 die oben angezeigte Bilddatei. Von den 30.054 Bytes suche ich mir das 4117. Byte (= Zeichen) heraus. Da die Zählung immer mit null beginnt und der Editor hexadezimal rechnet, ist es das Byte 1014 (1014 hexadezimal = 4117-1 dezimal). Ab dort überschreibe ich die kryptischen Bild-Bytes mit menschenlesbaren Text-Bytes.

Textbearbeitung mit dem Hex-Editor XVI32

Originalbild (100 x 100 Pixel groß) - 2,5x vergrößert mit dem Hex-Editor XVI32 manipuliertes Bild - 2,5x vergrößert
Originalbild (100 x 100 Pixel groß) – 2,5x vergrößert mit dem Hex-Editor XVI32 manipuliertes Bild – 2,5x vergrößert

Dann speichere das Ganze und habe nun ein Bildchen, das dem ursprünglichen fast gleicht, aber eben nur fast, wie man unten im vergrößertem Ausschnitt sieht.

Auszug aus Originalbild Auszug aus manipuliertem Bild
Auszug aus Originalbild Auszug aus manipuliertem Bild

Den implantierten Text könnte ich natürlich zunächst noch chiffrieren, um das Ganze noch spannender zu machen. Aber ich will an dieser Stelle nichts übertreiben.

Buchstaben im ASCII– bzw. ANSI-Code

Großbuchstaben A – Z
Hex 41 – 5A
Dez 65 – 90

Kleinbuchstaben a – z
Hex 61 – 7A
Dez 97 – 122

Dank an www.chmaas.handshake.de für den Hex-Editor XVI32, mit dessen Hilfe ich wie beschrieben diese Bild-Text-Manipulationen vornehmen konnte (hier kann man sich das Programm auch herunterladen).